#DiezitterndeFrau
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Standing Ovations für Siri Hustvedt
Endlich! Heute ist der 9. April 2019 – Siri Hustvedt liest, im Schauspiel Frankfurt, aus ihrem neuen Roman „Damals“, den ich gerade rezensiere. Ich habe mich seit Wochen darauf gefreut. Ich bin vor einigen Monaten auf die amerikanische Autorin, mit norwegischen Wurzeln, aufmerksam geworden. „Die Illusion der Gewissheit“ hat mich beeindruckt und vor allem neugierig gemacht. Das Buch ist eine aktuelle Betrachtung des Leib-Seele- bzw. Körper-Geist-Problems.
Das Schauspiel war ausverkauft. Der Abend war eine Veranstaltung des Literaturhauses Frankfurt, des hessischen Literaturforums im Mousonturm in Kooperation mit dem Schauspiel Frankfurt.
Siri Hustvedt wurde mit großen Applaus begrüßt. Gesprächspartner und Moderator war Alf Mentzer (bekannt aus hr2-kultur), der mit Leichtigkeit zwischen der englischen und der deutschen Sprache wechselte. Alf Mentzer und die charismatische Autorin verzauberten das Publikum.
Siri Hustvedt las
Passagen aus ihrem neuen Roman „Damals“, welche dann von Ellen Schulz-Krandick auf Deutsch gelesen wurden. Ich werde Teile meiner Rezensionen zu „Damals“ und „Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen“ hier einstreuen, weil die Autorin, diesen Themen im Gespräch näher erläuterte und mir dadurch einiges klarer wurde. "Memories of the Future" „Damals“ hat im Original den Titel „Memories of the Future“ („Erinnerungen an die Zukunft“). Der Titel bereits, lässt erahnen, dass es sich bei diesem Buch nicht nur, wie in der Presse (Zeit online, Kulturradio), um einen „weiblichen Narzissmus“ handelt, sondern dass Siri Hustvedt das Konzept Zeit zusammen mit Erinnerungen, mit allen Facetten, aus kognitionswissenschaftlicher Basis betrachtet. Es geht nicht um die Ebene der Ereignisse, sondern eher, um die Spuren, die Ereignisse hinterlassen und aus welchen sich später die Erinnerungen verändern. Siri Hustvedt hat das Konzept Erinnerung analytisch klar dargestellt. Ich versuche es, mit meinen eigenen Worten zu umschreiben und wiederzugeben. Im Gegensatz zu der mittelalterlichen Vorstellung, unsere Erinnerungen werden in einem Apothekerschrank verwahrt und wir müssen nur die Erinnerung aus der Schublade holen, ist das Erinnern ein komplexer Vorgang, dessen Ergebnis variabel ist. Unsere Erinnerung wird, genau im Augenblick des Vorgangs des Erinnerns, mittels unserer Erfahrungen neu zusammengesetzt und damit auch bewertet. Dadurch ist Erinnerung nicht statisch, sondern dynamisch. „Damals“ auf narzisstisches Erzählen zu reduzieren, wird dem Buch nicht gerecht. Das Buch will in erster Linie die Frage beantworten: „Wer bin ich?“ Habe ich aus heutiger Sicht, mein zwanzigjähriges Ich verraten oder bin ich ihm treu geblieben? Wie sehe ich mein damaliges Ich aus heutiger Sicht. Das Doppelgängermotiv Siri Hustvedt hat das im Roman elegant durch das Doppelgänger Motiv gelöst. „Damals“ hat mehrere Protagonisten Minnesota, die junge Autorin, die auf der Suche nach ihrem ersten Romanhelden nach New York zieht. Dann S. H. die vierzig Jahre ältere Autorin, als Erzählerin. Auf die Frage des Moderators, ob S. H., die Initialen, für Siri Hustvedt stehen, lachte sie und meinte, es könnte ebenso für Sherlock Holmes oder Standard Hero stehen. Aber es gibt noch einen virtuellen Detektiv, der das Geschehen als übergeordnete Instanz betrachtet bzw. kommentiert. Wer gerne Freud einbinden möchte, kann es vielleicht auf diese Weise machen. Das Es, das Ich und das Über-Ich. Minnesota, die junge Autorin, würde in diesem Konstrukt das Es einnehmen, S. H. das Ich, und der fiktive Detektiv das Über-Ich. Ich glaube, das funktioniert. Narzissmus hingegen bedeutet, unkritisch sich selbst wichtiger zu nehmen, als es die Außenwelt tut. Das ist keineswegs mein Eindruck. Siri Hustvedt nimmt an sich selbst überhaupt nichts unkritisch, sondern reflektiert ihr Handeln und Sein im Spiegel der Zeit. Welchen Einfluss hatte mein jüngeres auf mein heutiges Ich. Mit zwanzig Jahren, stehen Minnesota noch alle Möglichkeiten offen, während S. H. schon durch ihr bisheriges Leben, die bislang getroffenen Entscheidungen, die noch offenen Möglichkeiten schmälern. Es geht auch um den Gedanken: Was hätte sonst noch aus mir werden können. Dazu gehört auch, dass „Wahrheit“ in einem anderen Kontext gesehen werden muss. Traumabewältigung Wie gehe ich damit um, dass ich ein Trauma mit mir herumtrage, und jetzt erst bemerke, dass ich mich diesem Trauma bislang nicht stellen konnte. Welche Weichen hat dieser Schicksalsschlag in meinem Leben gestellt? Rowohlt hat von Siri Hustvedt zeitgleich den Essayband „Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen“ herausgegeben. „Die Illusion der Gewissheit“ wurde in Amerika als Teil dieses Essaybandes veröffentlicht. In diesen Essays untersucht die Autorin, den Vorgang der Kunstbetrachtung. Was passiert da? Auch hier versuche ich es, mit meinen Worten wiederzugeben: Im Essay „Meine Louise Bourgeois“ schildert uns die Autorin, wie Kunst in der Begegnung mit dem Betrachter entsteht. Die Wahrnehmung der Kunst manifestiert sich im Betrachter. Dieser ist keineswegs nur passiver Empfänger, sondern macht Kunst, mittels eigener Vergangenheit, und den erlittenen positiven, aber auch negativen Schicksalsschlägen und der eigenen Befindlichkeit zum Zeitpunkt der Betrachtung, das Werk zur Kunst, ja zum Erlebnis. Die eigene Befindlichkeit ist der strukturierte Raum, wo dieses Erlebnis entsteht oder sich manifestiert. Gute Kunst ermuntert uns dazu, die Struktur aufzubrechen und neu zusammenzusetzen. In Siri Hustvedts Leben hatte Kunst schon immer einen hohen Stellenwert. Die 22-jährige Minnesota folgte in New York den Spuren des Dadaismus. Dabei spielt Baroness Elsa von Freytag-Loringhoven, deren Namen, wie sich bei der Lesung, vielmehr beim Gespräch in Frankfurt herausstellte, nicht nur mir völlig unbekannt war, Eine wichtige Rolle. Sie war eine deutsche Künstlerin des Dadaismus und das als Muse, Aktmodell, Malerin, Bildhauerin, Dichterin und Rezitatorin. Das berühmte Kunstwerk „The Fountain“ wird bis heute Marcel Duchamp zugeordnet, obwohl es Beweise gibt, dass die Baroness die Schöpferin des Werkes war. Nein! Siri Hustvedt hat keine neue Erkenntnistheorie aufgestellt, sondern sie mit Leben gefüllt, indem sie das eigene Leben erkenntnistheoretisch betrachtet hat. Ja, das Buch ist sehr persönlich und sehr ehrlich. Ist es exhibitionistisch? Ja, über sich selbst zu schreiben, trägt immer den Stempel des Exhibitionismus. Ich denke, beim Lesen eines Buches geschieht Ähnliches, wie bei der Betrachtung von Kunst. Bei mir ist es gelungen! Ich konnte meine Struktur aufbrechen und mich auf Siri Hustvedt und ihre Gedanken, die fast immer wissenschaftlichen Ursprungs sind, einlassen. Für mich sind Ihre Bücher, Arbeitsbücher und eine große Bereicherung. Ich lasse mich gerne darauf ein! Vor allem imponiert mir, dass Siri Hustvedt auch politisch klar Stellung bezieht. Auf die Frage des Moderators, wie sie die Ära Trump empfindet, sagte sie: „Es ist eine Erleichterung, weg von Zuhause zu sein!" In „Damals“ hat sie eine Karikatur von Trump gezeichnet mit den Worten „Can that Man be President?“ Auch heute, am 9. April 2019, hier im Schauspiel Frankfurt, sagt sie deutlich, was sie von ihm hält.
Standing Ovations für eine Künstlerin, die in den Staaten zurecht ein „Star“ ist. Ich danke dem Rowohlt Verlag, durch den ich auf die Autorin aufmerksam wurde. Heute darf ich sagen, ich bin ein großer Fan.
Aus diesem Grund ließ ich auch zwei Bücher, „Damals“ und „Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen“ signieren. Leider vergaß ich, „Die Illusion der Gewissheit“ mitzunehmen. Ein Grund die nächste Lesung der Autorin zu besuchen.
"Damals" von Siri Hustvedt
Wer noch mehr wissen möchte, in den nächsten Tagen findet ihr auf meinem Blog, die Rezension von „Damals“ und „Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen“. Hier geht es zur Rezension „Die Illusion der Gewissheit“. Am Schluss noch etwas zum Schmunzeln: In Europa trägt der Roman das Cover rechts - in Amerika das Cover links. They don’t like Pubic Hairs Abschließend kann ich nur sagen: „Der Abend war ein Highlight! Vielen Dank, Siri Hustvedt!“ Als Rollstuhlfahrerin möchte ich ein Lob und eine Empfehlung dafür aussprechen, wie gut der barrierefreie Zugang und auch die Rollstuhlplätze sind. Vielen Dank! Das Schauspiel Frankfurt und seine Mitarbeiter haben diesen Abend durch kluge Planung und Vorbereitung zu einem schönen Abend werden lassen. Sogar die relativ lange Warteschlange für die Signierstunde kam schnell ans Ziel. Weiterführende Links Siri Hustvedt die Website der Autorin Rowohlt "Manchmal ist Erinnerung ein Messer" Siri Hustvedts Bücher bei Rowohlt Schauspiel Frankfurt LESUNG VON SIRI HUSTVEDT: Damals in New York VON MICHAEL HIERHOLZER in der FAZ Rezension "Die Illusion der Gewissheit" von Siri Hustvedt Leseliste 2019 Read the full article
#Damals#DieIllusionderGewissheit#DieunsichtbareFrau#DiezitterndeFrau#eineFrauschautaufM��nner#kognitionswissenschaften#LesereiseSiriHustvedt#Norwegen#Rowohlt#SchauspielFrankfurt#siriHustvedt
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Rezension "Damals" von Siri Hustvedt
Zum Inhalt "Damals" von Siri Hustvedt
„Damals“ von Siri Hustvedt trägt im Original den Titel „Memories of the Future“ („Erinnerungen an die Zukunft“). Der Titel lässt bereits erahnen, dass es sich bei diesem Buch nicht, wie in der Presse (Zeit online, Kulturradio) erwähnt, um einen „weiblichen Narzissmus“ handelt. Nein! Die Autorin hat das Konzept der Zeit und der Erinnerungen, aus wissenschaftlicher Sicht betrachtet. Es geht dabei nicht um die Ebene der Ereignisse, sondern eher, um die Spuren, die Ereignisse hinterlassen, woraus wir später unsere Erinnerungen formen.
Der Vorgang des Erinnerns
An dieser Stelle versuche ich, mit eigenen Worten wiederzugeben, wie Siri Hustvedt am 9. April 2019 im Schauspiel Frankfurt, den Vorgang des Erinnerns kognitionswissenschaftlich beschreibt: Im Gegensatz zu der mittelalterlichen Vorstellung, unsere Erinnerungen werden in einem Apothekerschrank verwahrt und wir müssen sie nur einfach aus der Schublade holen, ist das Erinnern ein komplexer Vorgang, dessen Ergebnis variabel ist. Unsere Erinnerung wird mittels unserer Erfahrungen neu zusammengesetzt und damit auch bewertet. Dadurch ist Erinnerung nicht statisch, sondern dynamisch. Wenn unsere Erinnerungen dynamisch sind, was ist dann wahr? Wie wahr sind unsere Erinnerungen. Die Erinnerung von gestern ist unter Umständen nicht mehr die gleiche, wie die Erinnerung von heute. Siri Hustvedt versucht in „Damals“ das Geheimnis zu ergründen: Wie ist aus Minnesota Siri Hustvedt geworden? Oder stellt sich Minnesota die Frage? Wie sehr prägten die Jahre in New York das Leben Siri Hustvedts? Das Doppelgängermotiv Die Autorin fächert diese unterschiedlichen Ebenen des Ichs, in der Zeitlinie, elegant durch das Doppelgänger-Motiv auf. Die Protagonisten Minnesota, die junge Autorin, die auf der Suche nach ihrem ersten Romanhelden nach New York zieht, S. H. die vierzig Jahre ältere Autorin, die als Erzählerin auftritt. Über den beiden steht ein virtueller Detektiv, der die Sachlage „objektiv“ und ganzheitlich betrachtet und bewertet. Wofür steht S. H.? Für Siri Hustvedt? Für Sherlock Holmes? Oder Für Standard Hero? Zu Beginn unseres Lebens stehen uns noch viele Möglichkeiten offen, wir haben noch keine Entscheidung gefällt und somit keine Richtung eingeschlagen, mit jeder Entscheidung, die wir treffen, wird der Weg präziser und die weiteren Möglichkeiten beschränkter. Minnesota hat noch alle Möglichkeiten offen, während S. H. schon durch ihr bisheriges Leben, die bislang getroffenen Entscheidungen, die noch offenen Möglichkeiten schmälern. Es geht auch um den Gedanken: Was hätte sonst noch aus mir werden können. Dazu gehört auch, dass „Wahrheit“ in einem anderen Kontext gesehen werden muss. Paul Auster, (verheiratet mit Siri Hustvedt), hat genau diese Thematik in seinem letzten Roman „1, 2, 3, 4“, auch durchgespielt. Ich werde das Buch lesen. Siri Hustvedts Buch kann man fast schon interaktiv nennen. Die Autorin ist der Gamemaster im Rollenspiel und entwirft ein Konzept, an dem sich der Leser orientieren kann. Der Leser nimmt abwechselnd unterschiedliche Perspektiven ein. Minnesota, S. H. oder der Detektiv und hierbei gilt es noch zu unterscheiden, an welche Geschehnisse, die die Autorin dem Tagesjournal anvertraute, erinnert sie sich tatsächlich, und wie identisch ist das mit dem Niedergeschriebenen. 5/5 Punkten
Sprachliche Gestaltung
Siri Hustvedt malt mit Buchstaben und Wörtern ein Bild aus unterschiedlichen Farbtönen im Gerüst der Zeit. Es ist mitnichten ein Narzissmus, der unkritisch sich selbst als wichtiger betrachtet als der Rest der Welt. Nein es ähnelt geradezu einer schriftlichen Psychoanalyse, die versucht das Erlebte, und die Erwartungen an die Zukunft, zusammen mit der Gegenwart, ins Verhältnis zu setzen. Ist es exhibitionistisch! Sicherlich kann man das so sehen. Siri Hustvedt zieht sich bis auf Innerste aus und lädt den Leser oder Zuhörer dazu ein, mit ihr die Analyse vorzunehmen. Der Leser, zumindest ging es mir so, wird angeregt, seine eigene Vergangenheit, die Erinnerungen und die damaligen Erwartungen an die Zukunft (also an die eigene Gegenwart) gegenüberzustellen. Der Text der Autorin lädt zum Mitmachen ein. Aber die Autorin macht nicht zur Befriedigung des Egos, sondern ich glaube, Siri Hustvedt geht Erkenntnis im ureigensten Sinn über alles. Sie will verstehen, „Was die Erde im Innersten zu sammenhält“ und wie Bewusstsein bzw. das „Ich“ sich zusammensetzt. Ist es voyeuristisch? Ja, ich habe schon in einigen Rezensionen bemerkt, dass in jedem von uns ein kleiner Voyeur steckt. Vor allem jeder, der schreibt, beobachtet seine Umwelt sehr genau. Wir suchen immer die Story dahinter. 5/5 Punkten Cover und äußere Erscheinung Mir gefällt das Cover sehr gut! Minnesota fliegt mit dem Messer "Baroness" in der Hand der Zukunft entgegen. Keine Kleidung behindert sie oder versteckt sie. Sie ist einfach nur sie selbst. Das Cover ist ästhetisch und geschmackvoll. Auf den letzten Seiten findet man die Quellenangaben für die Zitate. 5/5 Punkten
Das Hörbuch "Damals" von Siri Hustvedt
wird von Iris Berben gesprochen. Fazit Ich habe im letzten Jahr "Die Illusion der Gewissheit" gelesen. Am 9. April war ich bei der Lesung von "Damals" im Schauspiel Frankfurt. Zeitgleich lese ich gerade den Essay Band "Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen". Die charismatische Autorin hat mich sehr beeindruckt. Ihre Art der Suche nach Erkenntnis ist auch auf eine gewisse Art, die Beantwortung der kantischen Fragen. Das finde ich sehr inspirierend. 1. Was kann ich wissen? 2. Was soll ich tun? 3. Was darf ich hoffen? 4. Was ist der Mensch? Woraus sich schließlich die eine Frage ergibt: Wer oder was bin ich? Warum bin ich genauso geworden, wie ich heute bin. Was wäre gewesen, wenn ich am 12. November 2000, diese Straße nicht überquert hätte. Was wäre anders geworden. Hätte es überhaupt einen Unterschied in meinem Leben, oder meinem Ich gegeben? Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass es sich bei „Damals“ um eine Fiktion handelt. Ich gehe davon aus, dass der Roman autobiographisch ist, Siri Hustvedt selbst lässt offen, wie viel Fiktion bzw. wie viel Wahrheit darin enthalten ist. Sehr gut hat mir „Baroness“ gefallen. Minnesota bekam von einer Freundin, ein Messer geschenkt, dem sie einen Namen gab: Baroness. Wie in meinem Artikel zur Lesung von Siri Hustvedt im Schauspiel Frankfurt schon erwähnt: In Siri Hustvedts Leben hatte Kunst schon immer einen hohen Stellenwert. Die 22-jährige Minnesota folgte in New York den Spuren des Dadaismus. Dabei spielt Baroness Elsa von Freytag-Loringhoven, deren Namen, wie sich bei der Lesung, vielmehr beim Gespräch in Frankfurt herausstellte, nicht nur mir völlig unbekannt war, eine wichtige Rolle. Sie war eine deutsche Künstlerin des Dadaismus und das als Muse, Aktmodell, Malerin, Bildhauerin, Dichterin und Rezitatorin. Das berühmte Kunstwerk „The Fountain“ wird bis heute Marcel Duchamp zugeordnet, obwohl es Beweise gibt, dass die Baroness die Schöpferin des Werkes war. Aber davon unabhängig handelt es sich um Erkenntnistheorie! Siri Hustvedt betrachtet das Individuum auf wissenschaftlicher Basis und ordnet mittels empirischer Werte (Erfahrungswerte) ein. Wie ich schon erwähnt habe, hat Paul Auster in „4 3 2 1“, die gleiche Problematik literarisch umgesetzt. Ich werde das Buch lesen. @Rowohlt Vielen Dank für das schöne Rezensionsexemplar! Und inzwischen hat es sogar eine Widmung! Ich vergebe insgesamt 5/5 Punkten. Weiterführend Links Siri Hustvedt die Website der Autorin Rowohlt „Manchmal ist Erinnerung ein Messer“ Siri Hustvedts Bücher bei Rowohlt Schauspiel Frankfurt LESUNG VON SIRI HUSTVEDT: Damals in New York VON MICHAEL HIERHOLZER in der FAZ Rezension „Die Illusion der Gewissheit“ von Siri Hustvedt Standing Ovations für Siri Hustvedt Leseliste 2019 https://www.youtube.com/watch?v=Jm8nW1BAlds&list=PL2G2jR9rOAY2txRwuFz5CdkyYLhiSYFpi Playlist zur Rezension "Damals" von Siri Hustvedt? Read the full article
#BaronessElsavonFreytag-Loringhoven#Damals#DieunsichtbareFrau#DiezitterndeFrau#Erkenntnistheorie#kognitionswissenschaften#LesereiseSiriHustvedt#PaulAuster#Roman.Rowohlt#Schreibblogg
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Zum Inhalt "Damals" von Siri Hustvedt
„Damals“ von Siri Hustvedt trägt im Original den Titel „Memories of the Future“ („Erinnerungen an die Zukunft“). Der Titel lässt bereits erahnen, dass es sich bei diesem Buch nicht, wie in der Presse (Zeit online, Kulturradio) erwähnt, um einen „weiblichen Narzissmus“ handelt. Nein! Die Autorin hat das Konzept der Zeit und der Erinnerungen, aus wissenschaftlicher Sicht betrachtet. Es geht dabei nicht um die Ebene der Ereignisse, sondern eher, um die Spuren, die Ereignisse hinterlassen, woraus wir später unsere Erinnerungen formen. Der Vorgang des Erinnerns An dieser Stelle versuche ich, mit eigenen Worten wiederzugeben, wie Siri Hustvedt am 9. April 2019 im Schauspiel Frankfurt, den Vorgang des Erinnerns kognitionswissenschaftlich beschreibt: Im Gegensatz zu der mittelalterlichen Vorstellung, unsere Erinnerungen werden in einem Apothekerschrank verwahrt und wir müssen sie nur einfach aus der Schublade holen, ist das Erinnern ein komplexer Vorgang, dessen Ergebnis variabel ist. Unsere Erinnerung wird mittels unserer Erfahrungen neu zusammengesetzt und damit auch bewertet. Dadurch ist Erinnerung nicht statisch, sondern dynamisch. Wenn unsere Erinnerungen dynamisch sind, was ist dann wahr? Wie wahr sind unsere Erinnerungen. Die Erinnerung von gestern ist unter Umständen nicht mehr die gleiche, wie die Erinnerung von heute. Siri Hustvedt versucht in „Damals“ das Geheimnis zu ergründen: Wie ist aus Minnesota Siri Hustvedt geworden? Oder stellt sich Minnesota die Frage? Wie sehr prägten die Jahre in New York das Leben Siri Hustvedts? Das Doppelgängermotiv Die Autorin fächert diese unterschiedlichen Ebenen des Ichs, in der Zeitlinie, elegant durch das Doppelgänger-Motiv auf. Die Protagonisten Minnesota, die junge Autorin, die auf der Suche nach ihrem ersten Romanhelden nach New York zieht, S. H. die vierzig Jahre ältere Autorin, die als Erzählerin auftritt. Über den beiden steht ein virtueller Detektiv, der die Sachlage „objektiv“ und ganzheitlich betrachtet und bewertet. Wofür steht S. H.? Für Siri Hustvedt? Für Sherlock Holmes? Oder Für Standard Hero? Zu Beginn unseres Lebens stehen uns noch viele Möglichkeiten offen, wir haben noch keine Entscheidung gefällt und somit keine Richtung eingeschlagen, mit jeder Entscheidung, die wir treffen, wird der Weg präziser und die weiteren Möglichkeiten beschränkter. Minnesota hat noch alle Möglichkeiten offen, während S. H. schon durch ihr bisheriges Leben, die bislang getroffenen Entscheidungen, die noch offenen Möglichkeiten schmälern. Es geht auch um den Gedanken: Was hätte sonst noch aus mir werden können. Dazu gehört auch, dass „Wahrheit“ in einem anderen Kontext gesehen werden muss. Paul Auster, (verheiratet mit Siri Hustvedt), hat genau diese Thematik in seinem letzten Roman „1, 2, 3, 4“, auch durchgespielt. Ich werde das Buch lesen. Siri Hustvedts Buch kann man fast schon interaktiv nennen. Die Autorin ist der Gamemaster im Rollenspiel und entwirft ein Konzept, an dem sich der Leser orientieren kann. Der Leser nimmt abwechselnd unterschiedliche Perspektiven ein. Minnesota, S. H. oder der Detektiv und hierbei gilt es noch zu unterscheiden, an welche Geschehnisse, die die Autorin dem Tagesjournal anvertraute, erinnert sie sich tatsächlich, und wie identisch ist das mit dem Niedergeschriebenen. 5/5 Punkten
Sprachliche Gestaltung
Siri Hustvedt malt mit Buchstaben und Wörtern ein Bild aus unterschiedlichen Farbtönen im Gerüst der Zeit. Es ist mitnichten ein Narzissmus, der unkritisch sich selbst als wichtiger betrachtet als der Rest der Welt. Nein es ähnelt geradezu einer schriftlichen Psychoanalyse, die versucht das Erlebte, und die Erwartungen an die Zukunft, zusammen mit der Gegenwart, ins Verhältnis zu setzen. Ist es exhibitionistisch! Sicherlich kann man das so sehen. Siri Hustvedt zieht sich bis auf Innerste aus und lädt den Leser oder Zuhörer dazu ein, mit ihr die Analyse vorzunehmen. Der Leser, zumindest ging es mir so, wird angeregt, seine eigene Vergangenheit, die Erinnerungen und die damaligen Erwartungen an die Zukunft (also an die eigene Gegenwart) gegenüberzustellen. Der Text der Autorin lädt zum Mitmachen ein. Aber die Autorin macht nicht zur Befriedigung des Egos, sondern ich glaube, Siri Hustvedt geht Erkenntnis im ureigensten Sinn über alles. Sie will verstehen, „Was die Erde im Innersten zu sammenhält“ und wie Bewusstsein bzw. das „Ich“ sich zusammensetzt. Ist es voyeuristisch? Ja, ich habe schon in einigen Rezensionen bemerkt, dass in jedem von uns ein kleiner Voyeur steckt. Vor allem jeder, der schreibt, beobachtet seine Umwelt sehr genau. Wir suchen immer die Story dahinter. 5/5 Punkten Cover und äußere Erscheinung Mir gefällt das Cover sehr gut! Minnesota fliegt mit dem Messer "Baroness" in der Hand der Zukunft entgegen. Keine Kleidung behindert sie oder versteckt sie. Sie ist einfach nur sie selbst. Das Cover ist ästhetisch und geschmackvoll. Auf den letzten Seiten findet man die Quellenangaben für die Zitate. 5/5 Punkten
Playlist zu Rezension "Damals" von Siri Hustvedt?
https://www.youtube.com/watch?v=Jm8nW1BAlds&list=PL2G2jR9rOAY2txRwuFz5CdkyYLhiSYFpi
Das Hörbuch "Damals" von Siri Hustvedt
wird von Iris Berben gesprochen. Fazit Ich habe im letzten Jahr "Die Illusion der Gewissheit" gelesen. Am 9. April war ich bei der Lesung von "Damals" im Schauspiel Frankfurt. Zeitgleich lese ich gerade den Essay Band "Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen". Die charismatische Autorin hat mich sehr beeindruckt. Ihre Art der Suche nach Erkenntnis ist auch auf eine gewisse Art, die Beantwortung der kantischen Fragen. Das finde ich sehr inspirierend. 1. Was kann ich wissen? 2. Was soll ich tun? 3. Was darf ich hoffen? 4. Was ist der Mensch? Woraus sich schließlich die eine Frage ergibt: Wer oder was bin ich? Warum bin ich genauso geworden, wie ich heute bin. Was wäre gewesen, wenn ich am 12. November 2000, diese Straße nicht überquert hätte. Was wäre anders geworden. Hätte es überhaupt einen Unterschied in meinem Leben, oder meinem Ich gegeben? Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass es sich bei „Damals“ um eine Fiktion handelt. Ich gehe davon aus, dass der Roman autobiographisch ist, Siri Hustvedt selbst lässt offen, wie viel Fiktion bzw. wie viel Wahrheit darin enthalten ist. Sehr gut hat mir „Baroness“ gefallen. Minnesota bekam von einer Freundin, ein Messer geschenkt, dem sie einen Namen gab: Baroness. Wie in meinem Artikel zur Lesung von Siri Hustvedt im Schauspiel Frankfurt schon erwähnt: In Siri Hustvedts Leben hatte Kunst schon immer einen hohen Stellenwert. Die 22-jährige Minnesota folgte in New York den Spuren des Dadaismus. Dabei spielt Baroness Elsa von Freytag-Loringhoven, deren Namen, wie sich bei der Lesung, vielmehr beim Gespräch in Frankfurt herausstellte, nicht nur mir völlig unbekannt war, eine wichtige Rolle. Sie war eine deutsche Künstlerin des Dadaismus und das als Muse, Aktmodell, Malerin, Bildhauerin, Dichterin und Rezitatorin. Das berühmte Kunstwerk „The Fountain“ wird bis heute Marcel Duchamp zugeordnet, obwohl es Beweise gibt, dass die Baroness die Schöpferin des Werkes war. Aber davon unabhängig handelt es sich um Erkenntnistheorie! Siri Hustvedt betrachtet das Individuum auf wissenschaftlicher Basis und ordnet mittels empirischer Werte (Erfahrungswerte) ein. Wie ich schon erwähnt habe, hat Paul Auster in „4 3 2 1“, die gleiche Problematik literarisch umgesetzt. Ich werde das Buch lesen. @Rowohlt Vielen Dank für das schöne Rezensionsexemplar! Und inzwischen hat es sogar eine Widmung! Ich vergebe insgesamt 5/5 Punkten. Weiterführend Links Siri Hustvedt die Website der Autorin Rowohlt „Manchmal ist Erinnerung ein Messer“ Siri Hustvedts Bücher bei Rowohlt Schauspiel Frankfurt LESUNG VON SIRI HUSTVEDT: Damals in New York VON MICHAEL HIERHOLZER in der FAZ Rezension „Die Illusion der Gewissheit“ von Siri Hustvedt Standing Ovations für Siri Hustvedt Leseliste 2019 Read the full article
#BaronessElsavonFreytag-Loringhoven#Damals#DieunsichtbareFrau#DiezitterndeFrau#Erkenntnistheorie#kognitionswissenschaften#LesereiseSiriHustvedt#PaulAuster#Roman.Rowohlt#Schreibblogg
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Standing Ovations für Siri Hustvedt
Endlich! Heute ist der 9. April 2019 – Siri Hustvedt liest, im Schauspiel Frankfurt, aus ihrem neuen Roman „Damals“, den ich gerade rezensiere. Ich habe mich seit Wochen darauf gefreut. Ich bin vor einigen Monaten auf die amerikanische Autorin, mit norwegischen Wurzeln, aufmerksam geworden. „Die Illusion der Gewissheit“ hat mich beeindruckt und vor allem neugierig gemacht. Das Buch ist eine aktuelle Betrachtung des Leib-Seele- bzw. Körper-Geist-Problems.
Das Schauspiel war ausverkauft. Der Abend war eine Veranstaltung des Literaturhauses Frankfurt, des hessischen Literaturforums im Mousonturm in Kooperation mit dem Schauspiel Frankfurt.
Siri Hustvedt wurde mit großen Applaus begrüßt. Gesprächspartner und Moderator war Alf Mentzer (bekannt aus hr2-kultur), der mit Leichtigkeit zwischen der englischen und der deutschen Sprache wechselte. Alf Mentzer und die charismatische Autorin verzauberten das Publikum.
Siri Hustvedt las
Passagen aus ihrem neuen Roman „Damals“, welche dann von Ellen Schulz-Krandick auf Deutsch gelesen wurden. Ich werde Teile meiner Rezensionen zu „Damals“ und „Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen“ hier einstreuen, weil die Autorin, diesen Themen im Gespräch näher erläuterte und mir dadurch einiges klarer wurde. "Memories of the Future" „Damals“ hat im Original den Titel „Memories of the Future“ („Erinnerungen an die Zukunft“). Der Titel bereits, lässt erahnen, dass es sich bei diesem Buch nicht nur, wie in der Presse (Zeit online, Kulturradio), um einen „weiblichen Narzissmus“ handelt, sondern dass Siri Hustvedt das Konzept Zeit zusammen mit Erinnerungen, mit allen Facetten, aus kognitionswissenschaftlicher Basis betrachtet. Es geht nicht um die Ebene der Ereignisse, sondern eher, um die Spuren, die Ereignisse hinterlassen und aus welchen sich später die Erinnerungen verändern. Siri Hustvedt hat das Konzept Erinnerung analytisch klar dargestellt. Ich versuche es, mit meinen eigenen Worten zu umschreiben und wiederzugeben. Im Gegensatz zu der mittelalterlichen Vorstellung, unsere Erinnerungen werden in einem Apothekerschrank verwahrt und wir müssen nur die Erinnerung aus der Schublade holen, ist das Erinnern ein komplexer Vorgang, dessen Ergebnis variabel ist. Unsere Erinnerung wird, genau im Augenblick des Vorgangs des Erinnerns, mittels unserer Erfahrungen neu zusammengesetzt und damit auch bewertet. Dadurch ist Erinnerung nicht statisch, sondern dynamisch. „Damals“ auf narzisstisches Erzählen zu reduzieren, wird dem Buch nicht gerecht. Das Buch will in erster Linie die Frage beantworten: „Wer bin ich?“ Habe ich aus heutiger Sicht, mein zwanzigjähriges Ich verraten oder bin ich ihm treu geblieben? Wie sehe ich mein damaliges Ich aus heutiger Sicht. Das Doppelgängermotiv Siri Hustvedt hat das im Roman elegant durch das Doppelgänger Motiv gelöst. „Damals“ hat mehrere Protagonisten Minnesota, die junge Autorin, die auf der Suche nach ihrem ersten Romanhelden nach New York zieht. Dann S. H. die vierzig Jahre ältere Autorin, als Erzählerin. Auf die Frage des Moderators, ob S. H., die Initialen, für Siri Hustvedt stehen, lachte sie und meinte, es könnte ebenso für Sherlock Holmes oder Standard Hero stehen. Aber es gibt noch einen virtuellen Detektiv, der das Geschehen als übergeordnete Instanz betrachtet bzw. kommentiert. Wer gerne Freud einbinden möchte, kann es vielleicht auf diese Weise machen. Das Es, das Ich und das Über-Ich. Minnesota, die junge Autorin, würde in diesem Konstrukt das Es einnehmen, S. H. das Ich, und der fiktive Detektiv das Über-Ich. Ich glaube, das funktioniert. Narzissmus hingegen bedeutet, unkritisch sich selbst wichtiger zu nehmen, als es die Außenwelt tut. Das ist keineswegs mein Eindruck. Siri Hustvedt nimmt an sich selbst überhaupt nichts unkritisch, sondern reflektiert ihr Handeln und Sein im Spiegel der Zeit. Welchen Einfluss hatte mein jüngeres auf mein heutiges Ich. Mit zwanzig Jahren, stehen Minnesota noch alle Möglichkeiten offen, während S. H. schon durch ihr bisheriges Leben, die bislang getroffenen Entscheidungen, die noch offenen Möglichkeiten schmälern. Es geht auch um den Gedanken: Was hätte sonst noch aus mir werden können. Dazu gehört auch, dass „Wahrheit“ in einem anderen Kontext gesehen werden muss. Traumabewältigung Wie gehe ich damit um, dass ich ein Trauma mit mir herumtrage, und jetzt erst bemerke, dass ich mich diesem Trauma bislang nicht stellen konnte. Welche Weichen hat dieser Schicksalsschlag in meinem Leben gestellt? Rowohlt hat von Siri Hustvedt zeitgleich den Essayband „Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen“ herausgegeben. „Die Illusion der Gewissheit“ wurde in Amerika als Teil dieses Essaybandes veröffentlicht. In diesen Essays untersucht die Autorin, den Vorgang der Kunstbetrachtung. Was passiert da? Auch hier versuche ich es, mit meinen Worten wiederzugeben: Im Essay „Meine Louise Bourgeois“ schildert uns die Autorin, wie Kunst in der Begegnung mit dem Betrachter entsteht. Die Wahrnehmung der Kunst manifestiert sich im Betrachter. Dieser ist keineswegs nur passiver Empfänger, sondern macht Kunst, mittels eigener Vergangenheit, und den erlittenen positiven, aber auch negativen Schicksalsschlägen und der eigenen Befindlichkeit zum Zeitpunkt der Betrachtung, das Werk zur Kunst, ja zum Erlebnis. Die eigene Befindlichkeit ist der strukturierte Raum, wo dieses Erlebnis entsteht oder sich manifestiert. Gute Kunst ermuntert uns dazu, die Struktur aufzubrechen und neu zusammenzusetzen. In Siri Hustvedts Leben hatte Kunst schon immer einen hohen Stellenwert. Die 22-jährige Minnesota folgte in New York den Spuren des Dadaismus. Dabei spielt Baroness Elsa von Freytag-Loringhoven, deren Namen, wie sich bei der Lesung, vielmehr beim Gespräch in Frankfurt herausstellte, nicht nur mir völlig unbekannt war, Eine wichtige Rolle. Sie war eine deutsche Künstlerin des Dadaismus und das als Muse, Aktmodell, Malerin, Bildhauerin, Dichterin und Rezitatorin. Das berühmte Kunstwerk „The Fountain“ wird bis heute Marcel Duchamp zugeordnet, obwohl es Beweise gibt, dass die Baroness die Schöpferin des Werkes war. Siehe Playlist! https://www.youtube.com/watch?v=Jm8nW1BAlds&list=PL2G2jR9rOAY2txRwuFz5CdkyYLhiSYFpi Nein! Siri Hustvedt hat keine neue Erkenntnistheorie aufgestellt, sondern sie mit Leben gefüllt, indem sie das eigene Leben erkenntnistheoretisch betrachtet hat. Ja, das Buch ist sehr persönlich und sehr ehrlich. Ist es exhibitionistisch? Ja, über sich selbst zu schreiben, trägt immer den Stempel des Exhibitionismus. Ich denke, beim Lesen eines Buches geschieht Ähnliches, wie bei der Betrachtung von Kunst. Bei mir ist es gelungen! Ich konnte meine Struktur aufbrechen und mich auf Siri Hustvedt und ihre Gedanken, die fast immer wissenschaftlichen Ursprungs sind, einlassen. Für mich sind Ihre Bücher, Arbeitsbücher und eine große Bereicherung. Ich lasse mich gerne darauf ein! Vor allem imponiert mir, dass Siri Hustvedt auch politisch klar Stellung bezieht. Auf die Frage des Moderators, wie sie die Ära Trump empfindet, sagte sie: „Es ist eine Erleichterung, weg von Zuhause zu sein!" In „Damals“ hat sie eine Karikatur von Trump gezeichnet mit den Worten „Can that Man be President?“ Auch heute, am 9. April 2019, hier im Schauspiel Frankfurt, sagt sie deutlich, was sie von ihm hält.
Standing Ovations für eine Künstlerin, die in den Staaten zurecht ein „Star“ ist. Ich danke dem Rowohlt Verlag, durch den ich auf die Autorin aufmerksam wurde. Heute darf ich sagen, ich bin ein großer Fan.
Aus diesem Grund ließ ich auch zwei Bücher, „Damals“ und „Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen“ signieren. Leider vergaß ich, „Die Illusion der Gewissheit“ mitzunehmen. Ein Grund die nächste Lesung der Autorin zu besuchen.
"Damals" von Siri Hustvedt
Wer noch mehr wissen möchte, in den nächsten Tagen findet ihr auf meinem Blog, die Rezension von „Damals“ und „Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen“. Hier geht es zur Rezension „Die Illusion der Gewissheit“. Am Schluss noch etwas zum Schmunzeln: In Europa trägt der Roman das Cover rechts - in Amerika das Cover links. They don’t like Pubic Hairs Abschließend kann ich nur sagen: „Der Abend war ein Highlight! Vielen Dank, Siri Hustvedt!“ Als Rollstuhlfahrerin möchte ich ein Lob und eine Empfehlung dafür aussprechen, wie gut der barrierefreie Zugang und auch die Rollstuhlplätze sind. Vielen Dank! Das Schauspiel Frankfurt und seine Mitarbeiter haben diesen Abend durch kluge Planung und Vorbereitung zu einem schönen Abend werden lassen. Sogar die relativ lange Warteschlange für die Signierstunde kam schnell ans Ziel. Weiterführende Links Siri Hustvedt die Website der Autorin Rowohlt "Manchmal ist Erinnerung ein Messer" Siri Hustvedts Bücher bei Rowohlt Schauspiel Frankfurt LESUNG VON SIRI HUSTVEDT: Damals in New York VON MICHAEL HIERHOLZER in der FAZ Rezension "Die Illusion der Gewissheit" von Siri Hustvedt Leseliste 2019 Lesen Sie den ganzen Artikel
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Rezension
Zum Inhalt „Damals“ von Siri Hustvedt trägt im Original den Titel „Memories of the Future“ („Erinnerungen an die Zukunft“). Der Titel lässt bereits erahnen, dass es sich bei diesem Buch nicht, wie in der Presse (Zeit online oder Kulturradio um einen „weiblichen Narzissmus“ handelt. Nein! Die Autorin hat das Konzept der Zeit und der Erinnerungen, aus wissenschaftlicher Sicht betrachtet. Es geht dabei nicht um die Ebene der Ereignisse, sondern eher, um die Spuren, die Ereignisse hinterlassen, woraus später die Erinnerungen entstehen. An dieser Stelle versuche ich, mit eigenen Worten wiederzugeben, wie Siri Hustvedt am 9. April 2019 im Schauspiel Frankfurt, den Vorgang des Erinnerns kognitionswissenschaftlich beschreibt: Im Gegensatz zu der mittelalterlichen Vorstellung, unsere Erinnerungen werden in einem Apothekerschrank verwahrt und wir müssen sie nur einfach aus der Schublade holen, ist das Erinnern ein komplexer Vorgang, dessen Ergebnis variabel ist. Unsere Erinnerung wird mittels unserer Erfahrungen neu zusammengesetzt und damit auch bewertet. Dadurch ist Erinnerung nicht statisch, sondern dynamisch. Wenn unsere Erinnerungen dynamisch sind, was ist dann wahr? Wie wahr sind unsere Erinnerungen. Die Erinnerung von gestern ist unter Umständen nicht mehr die gleiche, wie die Erinnerung von heute. Siri Hustvedt versucht in „Damals“ das Geheimnis zu ergründen: Wie ist aus Minnesota Siri Hustvedt geworden? Oder stellt sich Minnesota die Frage? Wie sehr prägten die Jahre in New York das Leben Siri Hustvedts? Das Doppelgängermotiv Die Autorin fächert diese unterschiedlichen Ebenen des Ichs, in der Zeitlinie, elegant durch das Doppelgänger-Motiv auf. Die Protagonisten Minnesota, die junge Autorin, die auf der Suche nach ihrem ersten Romanhelden nach New York zieht, S. H. die vierzig Jahre ältere Autorin, die als Erzählerin auftritt. Über den beiden steht ein virtueller Detektiv, der die Sachlage „objektiv“ und ganzheitlich betrachtet und bewertet. Wofür steht S. H.? Für Siri Hustvedt? Für Sherlock Holmes? Oder Für Standard Hero? Zu Beginn unseres Lebens stehen uns noch viele Möglichkeiten offen, wir haben noch keine Entscheidung gefällt und somit keine Richtung eingeschlagen, mit jeder Entscheidung, die wir treffen, wird der Weg präziser und die weiteren Möglichkeiten beschränkter. Unendliche Möglichkeiten waren einmal ... Minnesota hat noch alle Möglichkeiten offen, während S. H. schon durch ihr bisheriges Leben, die bislang getroffenen Entscheidungen, die noch offenen Möglichkeiten schmälern. Es geht auch um den Gedanken: Was hätte sonst noch aus mir werden können. Dazu gehört auch, dass „Wahrheit“ in einem anderen Kontext gesehen werden muss. Paul Auster, (verheiratet mit Siri Hustvedt), hat genau diese Thematik in seinem letzten Roman „1, 2, 3, 4“, auch durchgespielt. Ich werde das Buch lesen. Siri Hustvedts Buch kann man fast schon interaktiv nennen. Die Autorin ist der Gamemaster im Rollenspiel und entwirft ein Konzept, an dem sich der Leser orientieren kann. Der Leser nimmt abwechselnd unterschiedliche Perspektiven ein. Minnesota, S. H. oder der Detektiv und hierbei gilt es noch zu unterscheiden, an welche Geschehnisse, die die Autorin dem Tagesjournal anvertraute, erinnert sie sich tatsächlich, und wie identisch ist das mit dem Niedergeschriebenen. 5/5 Punkten
Sprachliche Gestaltung
Siri Hustvedt malt mit Buchstaben und Wörtern ein Bild aus unterschiedlichen Farbtönen im Gerüst der Zeit. Es ist mitnichten ein Narzissmus, der unkritisch sich selbst als wichtiger betrachtet als der Rest der Welt. Nein es ähnelt geradezu einer schriftlichen Psychoanalyse, die versucht das Erlebte, und die Erwartungen an die Zukunft, zusammen mit der Gegenwart, ins Verhältnis zu setzen. Ist es exhibitionistisch! Sicherlich kann man das so sehen. Siri Hustvedt zieht sich bis auf Innerste aus und lädt den Leser oder Zuhörer dazu ein, mit ihr die Analyse vorzunehmen. Der Leser, zumindest ging es mir so, wird angeregt, seine eigene Vergangenheit, die Erinnerungen und die damaligen Erwartungen an die Zukunft (also an die eigene Gegenwart) gegenüberzustellen. Der Text der Autorin lädt zum Mitmachen ein. Aber die Autorin macht es meines Erachtens nicht zur Befriedigung, sondern ich glaube, Siri Hustvedt geht Erkenntnis im ureigensten Sinn über alles. Sie will verstehen, „Was die Erde im Innersten zu sammenhält“ und wie Bewusstsein bzw. das „Ich“ sich zusammensetzt. Ist es voyeuristisch? Ja, ich habe schon in einigen Rezensionen bemerkt, dass in jedem von uns ein kleiner Voyeur steckt. Vor allem jeder, der schreibt, beobachtet seine Umwelt sehr genau. Wir suchen immer die Story dahinter. 5/5 Punkten Cover und äußere Erscheinung Das Cover, auf dem Minnesota nackt und mit Baroness in der Hand abgebildet ist, empfinde ich als attraktiv und ästhetisch. Mir gefällt das Cover sehr gut! Minnesota fliegt mit dem Messer "Baroness" in der Hand der Zukunft entgegen. Keine Kleidung behindert sie oder versteckt sie. Sie ist einfach nur sie selbst. Das Cover ist ästhetisch und geschmackvoll. Auf den letzten Seiten findet man die Quellenangaben für die Zitate. 5/5 Punkten Youtube Playlist zu "Damals" von Siri Husttvedt https://www.youtube.com/watch?v=Jm8nW1BAlds&list=PL2G2jR9rOAY2txRwuFz5CdkyYLhiSYFpi Das Hörbuch "Damals" von Siri Hustvedt Das Hörbuch wird von Ingrid Berben gelesen. Fazit zu "Damals" von Siri Hustvedt Ja, ich bin ein Fan von Siri Hustvedt. Ihre Art der Suche nach Erkenntnis ist auch auf eine gewisse Art, die Beantwortung der kantischen Fragen, gefällt mir sehr. 1. Was kann ich wissen? 2. Was soll ich tun? 3. Was darf ich hoffen? 4. Was ist der Mensch? Daraus ergibt sich letztendlich: Wer oder was bin ich? Warum bin ich genauso geworden, wie ich heute bin. Was wäre gewesen, wenn ich am 12. November 2000, diese Straße nicht überquert hätte. Was wäre anders geworden. Hätte es überhaupt einen Unterschied in meinem Leben oder meinem Ich gegeben? Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass es sich bei „Damals“ um eine Fiktion handelt. Ich gehe davon aus, dass der Roman autobiographisch ist, Siri Hustvedt selbst lässt offen, wie viel Fiktion bzw. wie viel Wahrheit darin enthalten ist.
Meine kleine Siri Hustvedt Ecke Sehr gut hat mir „Baroness“ gefallen. Minnesota bekam von einer Freundin, ein Messer geschenkt, dem sie einen Namen gab: Baroness. Wie in meinem Artikel zur Lesung von Siri Hustvedt im Schauspiel Frankfurt schon erwähnt: In Siri Hustvedts Leben hatte Kunst schon immer einen hohen Stellenwert. Die 22-jährige Minnesota folgte in New York den Spuren des Dadaismus. Dabei spielt Baroness Elsa von Freytag-Loringhoven, deren Namen, wie sich bei der Lesung, vielmehr beim Gespräch in Frankfurt herausstellte, nicht nur mir völlig unbekannt war, Eine wichtige Rolle. Sie war eine deutsche Künstlerin des Dadaismus und das als Muse, Aktmodell, Malerin, Bildhauerin, Dichterin und Rezitatorin. Das berühmte Kunstwerk „The Fountain“ wird bis heute Marcel Duchamp zugeordnet, obwohl es Beweise gibt, dass die Baroness die Schöpferin des Werkes war. Aber davon unabhängig, handelt es sich um Erkenntnistheorie! Siri Hustvedt betrachtet das Individuum auf wissenschaftlicher Basis und mittels empirischer Werte (Erfahrungswerte) einordnet. Wie ich schon erwähnt hat, hat Paul Auster in „4 3 2 1“, die gleiche Problematik literarisch umgesetzt. Ich werde das Buch lesen. @Rowohlt
Vielen Dank für das schöne Rezensionsexemplar! Und inzwischen hat es sogar eine Widmung! Ich vergebe insgesamt 5/5 Punkten. Weiterführende Links Siri Hustvedt die Website der Autorin Rowohlt „Manchmal ist Erinnerung ein Messer“ Siri Hustvedts Bücher bei Rowohlt Schauspiel Frankfurt LESUNG VON SIRI HUSTVEDT: Damals in New York VON MICHAEL HIERHOLZER in der FAZ Rezension „Die Illusion der Gewissheit“ von Siri Hustvedt Standing Ovations für Siri Hustvedt Leseliste 2019 Read the full article
#Damals#DieIllusionderGewissheit#DieunsichtbareFrau#DiezitterndeFrau#EineFraubeobachtetMännerdieaufFrauenschauen#Kognitionswissenschaft#PaulAuster#Rowohlt#siriHustvedt
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Standing Ovations für Siri Hustvedt
Endlich! Heute ist der 9. April 2019 – Siri Hustvedt liest, im Schauspiel Frankfurt, aus ihrem neuen Roman „Damals“, den ich gerade rezensiere. Ich habe mich seit Wochen darauf gefreut. Ich bin vor einigen Monaten auf die amerikanische Autorin, mit norwegischen Wurzeln, aufmerksam geworden. „Die Illusion der Gewißheit“ hat mich beeindruckt und vor allem neugierig gemacht. Das Buch ist eine aktuelle Betrachtung des Leib-Seele- bzw. Körper-Geist-Problems.
Das Schauspiel war ausverkauft. Der Abend war eine Veranstaltung des Literaturhauses Frankfurt, des hessischen Literaturforums im Mousonturm in Kooperation mit dem Schauspiel Frankfurt.
Siri Hustvedt wurde mit großen Applaus begrüßt. Gesprächspartner und Moderator war Alf Mentzer (bekannt aus hr2-kultur), der mit Leichtigkeit zwischen der englischen und der deutschen Sprache wechselte. Alf Mentzer und die charismatische Autorin verzauberten das Publikum.
Siri Hustvedt las
Passagen aus ihrem neuen Roman „Damals“, welche dann von Ellen Schulz-Krandick auf Deutsch gelesen wurden. Ich werde Teile meiner Rezensionen zu „Damals“ und „Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen“ hier einstreuen, weil die Autorin, diesen Themen im Gespräch näher erläuterte und mir dadurch einiges klarer wurde. "Memories of the Future" „Damals“ hat im Original den Titel „Memories of the Future“ („Erinnerungen an die Zukunft“). Der Titel bereits, lässt erahnen, dass es sich bei diesem Buch nicht nur, wie in der Presse (Zeit online, Kulturradio), um einen „weiblichen Narzissmus“ handelt, sondern dass Siri Hustvedt das Konzept Zeit zusammen mit Erinnerungen, mit allen Facetten, aus kognitionswissenschaftlicher Basis betrachtet. Es geht nicht um die Ebene der Ereignisse, sondern eher, um die Spuren, die Ereignisse hinterlassen und aus welchen sich später die Erinnerungen verändern. Siri Hustvedt hat das Konzept Erinnerung analytisch klar dargestellt. Ich versuche es, mit meinen eigenen Worten zu umschreiben und wiederzugeben. Im Gegensatz zu der mittelalterlichen Vorstellung, unsere Erinnerungen werden in einem Apothekerschrank verwahrt und wir müssen nur die Erinnerung aus der Schublade holen, ist das Erinnern ein komplexer Vorgang, dessen Ergebnis variabel ist. Unsere Erinnerung wird, genau im Augenblick des Vorgangs des Erinnerns, mittels unserer Erfahrungen neu zusammengesetzt und damit auch bewertet. Dadurch ist Erinnerung nicht statisch, sondern dynamisch. „Damals“ auf narzisstisches Erzählen zu reduzieren, wird dem Buch nicht gerecht. Das Buch will in erster Linie die Frage beantworten: „Wer bin ich?“ Habe ich aus heutiger Sicht, mein zwanzigjähriges Ich verraten oder bin ich ihm treu geblieben? Wie sehe ich mein damaliges Ich aus heutiger Sicht. Das Doppelgängermotiv Siri Hustvedt hat das im Roman elegant durch das Doppelgänger Motiv gelöst. „Damals“ hat mehrere Protagonisten Minnesota, die junge Autorin, die auf der Suche nach ihrem ersten Romanhelden nach New York zieht. Dann S. H. die vierzig Jahre ältere Autorin, als Erzählerin. Auf die Frage des Moderators, ob S. H., die Initialen, für Siri Hustvedt stehen, lachte sie und meinte, es könnte ebenso für Sherlock Holmes oder Standard Hero stehen. Aber es gibt noch einen virtuellen Detektiv, der das Geschehen als übergeordnete Instanz betrachtet bzw. kommentiert. Wer gerne Freud einbinden möchte, kann es vielleicht auf diese Weise machen. Das Es, das Ich und das Über-Ich. Minnesota, die junge Autorin, würde in diesem Konstrukt das Es einnehmen, S. H. das Ich, und der fiktive Detektiv das Über-Ich. Ich glaube, das funktioniert. Narzissmus hingegen bedeutet, unkritisch sich selbst wichtiger zu nehmen, als es die Außenwelt tut. Das ist keineswegs mein Eindruck. Siri Hustvedt nimmt an sich selbst überhaupt nichts unkritisch, sondern reflektiert ihr Handeln und Sein im Spiegel der Zeit. Welchen Einfluss hatte mein jüngeres auf mein heutiges Ich. Mit zwanzig Jahren, stehen Minnesota noch alle Möglichkeiten offen, während S. H. schon durch ihr bisheriges Leben, die bislang getroffenen Entscheidungen, die noch offenen Möglichkeiten schmälern. Es geht auch um den Gedanken: Was hätte sonst noch aus mir werden können. Dazu gehört auch, dass „Wahrheit“ in einem anderen Kontext gesehen werden muss. Traumabewältigung Wie gehe ich damit um, dass ich ein Trauma mit mir herumtrage, und jetzt erst bemerke, dass ich mich diesem Trauma bislang nicht stellen konnte. Welche Weichen dieser Schicksalsschlag in meinem Leben gestellt? Rowohlt hat von Siri Hustvedt zeitgleich den Essayband „Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen“ herausgegeben. „Die Illusion der Gewissheit“ wurde in Amerika als Teil dieses Essaybandes veröffentlicht. In diesen Essays untersucht die Autorin, den Vorgang der Kunstbetrachtung. Was passiert da? Auch hier versuche ich es, mit meinen Worten wiederzugeben: Im Essay „Meine Louise Bourgeois“ schildert uns die Autorin, wie Kunst in der Begegnung mit dem Betrachter entsteht. Die Wahrnehmung der Kunst manifestiert sich im Betrachter. Dieser ist keineswegs nur passiver Empfänger, sondern macht Kunst, mittels eigener Vergangenheit, und den erlittenen positiven, aber auch negativen Schicksalsschlägen und der eigenen Befindlichkeit zum Zeitpunkt der Betrachtung, das Werk zur Kunst, ja zum Erlebnis. Die eigene Befindlichkeit ist der strukturierte Raum, wo dieses Erlebnis entsteht oder sich manifestiert. Gute Kunst ermuntert uns dazu, die Struktur aufzubrechen und neu zusammenzusetzen. In Siri Hustvedts Leben hatte Kunst schon immer einen hohen Stellenwert. Die 22-jährige Minnesota folgte in New York den Spuren des Dadaismus. Dabei spielt Baroness Elsa von Freytag-Loringhoven, deren Namen, wie sich bei der Lesung, vielmehr beim Gespräch in Frankfurt herausstellte, nicht nur mir völlig unbekannt war, Eine wichtige Rolle. Sie war eine deutsche Künstlerin des Dadaismus und das als Muse, Aktmodell, Malerin, Bildhauerin, Dichterin und Rezitatorin. Das berühmte Kunstwerk „The Fountain“ wird bis heute Marcel Duchamp zugeordnet, obwohl es Beweise gibt, dass die Baroness die Schöpferin des Werkes war. Siehe Playlist! https://www.youtube.com/watch?v=Jm8nW1BAlds&list=PL2G2jR9rOAY2txRwuFz5CdkyYLhiSYFpi Nein! Siri Hustvedt hat keine neue Erkenntnistheorie aufgestellt, sondern sie mit Leben gefüllt, indem sie das eigene Leben erkenntnistheoretisch betrachtet hat. Ja, das Buch ist sehr persönlich und sehr ehrlich. Ist es exhibitionistisch? Ja, über sich selbst zu schreiben, trägt immer den Stempel des Exhibitionismus. Ich denke, beim Lesen eines Buches geschieht Ähnliches, wie bei der Betrachtung von Kunst. Bei mir ist es gelungen! Ich konnte meine Struktur aufbrechen und mich auf Siri Hustvedt und ihre Gedanken, die fast immer wissenschaftlichen Ursprungs sind, einlassen. Für mich sind Ihre Bücher, Arbeitsbücher und eine große Bereicherung. Ich lasse mich gerne darauf ein! Vor allem imponiert mir, dass Siri Hustvedt auch politisch klar Stellung bezieht. Auf die Frage des Moderators, wie sie die Ära Trump empfindet, sagte sie: „Es ist eine Erleichterung, weg von Zuhause zu sein!" In „Damals“ hat sie eine Karikatur von Trump gezeichnet mit den Worten „Can that Man be President?“ Auch heute, am 9. April 2019, hier im Schauspiel Frankfurt, sagt sie deutlich, was sie von ihm hält.
Standing Ovations für eine Künstlerin, die in den Staaten zurecht ein „Star“ ist. Ich danke dem Rowohlt Verlag, durch den ich auf die Autorin aufmerksam wurde. Heute darf ich sagen, ich bin ein großer Fan.
Aus diesem Grund ließ ich auch zwei Bücher, „Damals“ und „Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen“ signieren. Leider vergaß ich, „Die Illusion der Gewißheit“ mitzunehmen. Ein Grund die nächste Lesung der Autorin zu besuchen.
"Damals" von Siri Hustvedt
Wer noch mehr wissen möchte, in den nächsten Tagen findet ihr auf meinem Blog, die Rezension von „Damals“ und „Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen“. Hier geht es zur Rezension „Die Illusion der Gewissheit“. Am Schluss noch etwas zum Schmunzeln: In Europa trägt der Roman das Cover rechts - in Amerika das Cover links. They don’t like Pubic Hairs Abschließend kann ich nur sagen: „Der Abend war ein Highlight! Vielen Dank, Siri Hustvedt!“ Als Rollstuhlfahrerin möchte ich ein Lob und eine Empfehlung dafür aussprechen, wie gut der barrierefreie Zugang und auch die Rollstuhlplätze sind. Vielen Dank! Das Schauspiel Frankfurt und seine Mitarbeiter haben diesen Abend durch kluge Planung und Vorbereitung zu einem schönen Abend werden lassen. Sogar die relativ lange Warteschlange für die Signierstunde kam schnell ans Ziel. Weiterführende Links Siri Hustvedt die Website der Autorin Rowohlt "Manchmal ist Erinnerung ein Messer" Siri Hustvedts Bücher bei Rowohlt Schauspiel Frankfurt LESUNG VON SIRI HUSTVEDT: Damals in New York VON MICHAEL HIERHOLZER in der FAZ Rezension "Die Illusion der Gewissheit" von Siri Hustvedt Leseliste 2019 Read the full article
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Rezension "Damals" von Siri Hustvedt
Zum Inhalt "Damals" von Siri Hustvedt
„Damals“ von Siri Hustvedt trägt im Original den Titel „Memories of the Future“ („Erinnerungen an die Zukunft“). Der Titel lässt bereits erahnen, dass es sich bei diesem Buch nicht, wie in der Presse (Zeit online, Kulturradio) erwähnt, um einen „weiblichen Narzissmus“ handelt. Nein! Die Autorin hat das Konzept der Zeit und der Erinnerungen, aus wissenschaftlicher Sicht betrachtet. Es geht dabei nicht um die Ebene der Ereignisse, sondern eher, um die Spuren, die Ereignisse hinterlassen, woraus wir später unsere Erinnerungen formen.
Der Vorgang des Erinnerns
An dieser Stelle versuche ich, mit eigenen Worten wiederzugeben, wie Siri Hustvedt am 9. April 2019 im Schauspiel Frankfurt, den Vorgang des Erinnerns kognitionswissenschaftlich beschreibt: Im Gegensatz zu der mittelalterlichen Vorstellung, unsere Erinnerungen werden in einem Apothekerschrank verwahrt und wir müssen sie nur einfach aus der Schublade holen, ist das Erinnern ein komplexer Vorgang, dessen Ergebnis variabel ist. Unsere Erinnerung wird mittels unserer Erfahrungen neu zusammengesetzt und damit auch bewertet. Dadurch ist Erinnerung nicht statisch, sondern dynamisch. Wenn unsere Erinnerungen dynamisch sind, was ist dann wahr? Wie wahr sind unsere Erinnerungen. Die Erinnerung von gestern ist unter Umständen nicht mehr die gleiche, wie die Erinnerung von heute. Siri Hustvedt versucht in „Damals“ das Geheimnis zu ergründen: Wie ist aus Minnesota Siri Hustvedt geworden? Oder stellt sich Minnesota die Frage? Wie sehr prägten die Jahre in New York das Leben Siri Hustvedts? Das Doppelgängermotiv Die Autorin fächert diese unterschiedlichen Ebenen des Ichs, in der Zeitlinie, elegant durch das Doppelgänger-Motiv auf. Die Protagonisten Minnesota, die junge Autorin, die auf der Suche nach ihrem ersten Romanhelden nach New York zieht, S. H. die vierzig Jahre ältere Autorin, die als Erzählerin auftritt. Über den beiden steht ein virtueller Detektiv, der die Sachlage „objektiv“ und ganzheitlich betrachtet und bewertet. Wofür steht S. H.? Für Siri Hustvedt? Für Sherlock Holmes? Oder Für Standard Hero? Zu Beginn unseres Lebens stehen uns noch viele Möglichkeiten offen, wir haben noch keine Entscheidung gefällt und somit keine Richtung eingeschlagen, mit jeder Entscheidung, die wir treffen, wird der Weg präziser und die weiteren Möglichkeiten beschränkter. Minnesota hat noch alle Möglichkeiten offen, während S. H. schon durch ihr bisheriges Leben, die bislang getroffenen Entscheidungen, die noch offenen Möglichkeiten schmälern. Es geht auch um den Gedanken: Was hätte sonst noch aus mir werden können. Dazu gehört auch, dass „Wahrheit“ in einem anderen Kontext gesehen werden muss. Paul Auster, (verheiratet mit Siri Hustvedt), hat genau diese Thematik in seinem letzten Roman „1, 2, 3, 4“, auch durchgespielt. Ich werde das Buch lesen. Siri Hustvedts Buch kann man fast schon interaktiv nennen. Die Autorin ist der Gamemaster im Rollenspiel und entwirft ein Konzept, an dem sich der Leser orientieren kann. Der Leser nimmt abwechselnd unterschiedliche Perspektiven ein. Minnesota, S. H. oder der Detektiv und hierbei gilt es noch zu unterscheiden, an welche Geschehnisse, die die Autorin dem Tagesjournal anvertraute, erinnert sie sich tatsächlich, und wie identisch ist das mit dem Niedergeschriebenen. 5/5 Punkten
Sprachliche Gestaltung
Siri Hustvedt malt mit Buchstaben und Wörtern ein Bild aus unterschiedlichen Farbtönen im Gerüst der Zeit. Es ist mitnichten ein Narzissmus, der unkritisch sich selbst als wichtiger betrachtet als der Rest der Welt. Nein es ähnelt geradezu einer schriftlichen Psychoanalyse, die versucht das Erlebte, und die Erwartungen an die Zukunft, zusammen mit der Gegenwart, ins Verhältnis zu setzen. Ist es exhibitionistisch! Sicherlich kann man das so sehen. Siri Hustvedt zieht sich bis auf Innerste aus und lädt den Leser oder Zuhörer dazu ein, mit ihr die Analyse vorzunehmen. Der Leser, zumindest ging es mir so, wird angeregt, seine eigene Vergangenheit, die Erinnerungen und die damaligen Erwartungen an die Zukunft (also an die eigene Gegenwart) gegenüberzustellen. Der Text der Autorin lädt zum Mitmachen ein. Aber die Autorin macht nicht zur Befriedigung des Egos, sondern ich glaube, Siri Hustvedt geht Erkenntnis im ureigensten Sinn über alles. Sie will verstehen, „Was die Erde im Innersten zu sammenhält“ und wie Bewusstsein bzw. das „Ich“ sich zusammensetzt. Ist es voyeuristisch? Ja, ich habe schon in einigen Rezensionen bemerkt, dass in jedem von uns ein kleiner Voyeur steckt. Vor allem jeder, der schreibt, beobachtet seine Umwelt sehr genau. Wir suchen immer die Story dahinter. 5/5 Punkten Cover und äußere Erscheinung Mir gefällt das Cover sehr gut! Minnesota fliegt mit dem Messer "Baroness" in der Hand der Zukunft entgegen. Keine Kleidung behindert sie oder versteckt sie. Sie ist einfach nur sie selbst. Das Cover ist ästhetisch und geschmackvoll. Auf den letzten Seiten findet man die Quellenangaben für die Zitate. 5/5 Punkten
Das Hörbuch "Damals" von Siri Hustvedt
wird von Iris Berben gesprochen. Fazit Ich habe im letzten Jahr "Die Illusion der Gewissheit" gelesen. Am 9. April war ich bei der Lesung von "Damals" im Schauspiel Frankfurt. Zeitgleich lese ich gerade den Essay Band "Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen". Die charismatische Autorin hat mich sehr beeindruckt. Ihre Art der Suche nach Erkenntnis ist auch auf eine gewisse Art, die Beantwortung der kantischen Fragen. Das finde ich sehr inspirierend. 1. Was kann ich wissen? 2. Was soll ich tun? 3. Was darf ich hoffen? 4. Was ist der Mensch? Woraus sich schließlich die eine Frage ergibt: Wer oder was bin ich? Warum bin ich genauso geworden, wie ich heute bin. Was wäre gewesen, wenn ich am 12. November 2000, diese Straße nicht überquert hätte. Was wäre anders geworden. Hätte es überhaupt einen Unterschied in meinem Leben, oder meinem Ich gegeben? Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass es sich bei „Damals“ um eine Fiktion handelt. Ich gehe davon aus, dass der Roman autobiographisch ist, Siri Hustvedt selbst lässt offen, wie viel Fiktion bzw. wie viel Wahrheit darin enthalten ist. Sehr gut hat mir „Baroness“ gefallen. Minnesota bekam von einer Freundin, ein Messer geschenkt, dem sie einen Namen gab: Baroness. Wie in meinem Artikel zur Lesung von Siri Hustvedt im Schauspiel Frankfurt schon erwähnt: In Siri Hustvedts Leben hatte Kunst schon immer einen hohen Stellenwert. Die 22-jährige Minnesota folgte in New York den Spuren des Dadaismus. Dabei spielt Baroness Elsa von Freytag-Loringhoven, deren Namen, wie sich bei der Lesung, vielmehr beim Gespräch in Frankfurt herausstellte, nicht nur mir völlig unbekannt war, eine wichtige Rolle. Sie war eine deutsche Künstlerin des Dadaismus und das als Muse, Aktmodell, Malerin, Bildhauerin, Dichterin und Rezitatorin. Das berühmte Kunstwerk „The Fountain“ wird bis heute Marcel Duchamp zugeordnet, obwohl es Beweise gibt, dass die Baroness die Schöpferin des Werkes war. Aber davon unabhängig handelt es sich um Erkenntnistheorie! Siri Hustvedt betrachtet das Individuum auf wissenschaftlicher Basis und ordnet mittels empirischer Werte (Erfahrungswerte) ein. Wie ich schon erwähnt habe, hat Paul Auster in „4 3 2 1“, die gleiche Problematik literarisch umgesetzt. Ich werde das Buch lesen. @Rowohlt Vielen Dank für das schöne Rezensionsexemplar! Und inzwischen hat es sogar eine Widmung! Ich vergebe insgesamt 5/5 Punkten. Weiterführend Links Siri Hustvedt die Website der Autorin Rowohlt „Manchmal ist Erinnerung ein Messer“ Siri Hustvedts Bücher bei Rowohlt Schauspiel Frankfurt LESUNG VON SIRI HUSTVEDT: Damals in New York VON MICHAEL HIERHOLZER in der FAZ Rezension „Die Illusion der Gewissheit“ von Siri Hustvedt Standing Ovations für Siri Hustvedt Leseliste 2019 https://www.youtube.com/watch?v=Jm8nW1BAlds&list=PL2G2jR9rOAY2txRwuFz5CdkyYLhiSYFpi Playlist zur Rezension "Damals" von Siri Hustvedt? Read the full article
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