#Anton Pawlowitsch Tschechow :Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen 1886
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... Und auch die Persönlichkeit Tschechows, dieses „menschlichsten aller Schriftsteller“, wie ihn der amerikanische Romancier Richard Ford genannt hat, erregt zunehmend Neugier und Sympathie und ist für viele seiner Leser zu einer Leitfigur geworden. Im Jahr seines hundertsten Todestages sind nicht nur Tschechows Werke in zahlreichen Ausgaben und alten und neuen Übersetzungen auf den Markt gekommen, sondern auch einige neue Bücher zu seiner Biographie. Schreiben Sie doch mal eine Erzählung darüber, wie ein junger Mensch, Sohn eines Leibeigenen, seinerzeit Ladenschwengel, Kirchensänger, Gymnasiast und Student, erzogen zur Ehrfurcht vor Ranghöheren, zum Küssen von Popenhänden, zur Verbeugung vor fremden Gedanken, zur Dankbarkeit für jedes Stückchen Brot, oft verprügelt, ohne Galoschen zum Unterricht gegangen, der sich geprügelt hat, Tiere gequält hat, gern bei reichen Verwandten gegessen hat, ohne Notwendigkeit geheuchelt hat vor Gott und den Menschen, nur aus dem Bewußtsein seiner Minderwertigkeit – schreiben Sie, wie dieser junge Mensch tropfenweise den Sklaven aus sich herauspreßt und wie er eines schönen Morgens aufwacht und spürt, in seinen Adern fließt kein Sklavenblut mehr, sondern echtes, menschliches ... So hat Tschechow selbst in einem berühmten Brief an den Freund Suworin seine Biographie als literarisches Sujet zusammengefasst. Sein Lebensweg zeigt die Entwicklung eines Nachkommen von Leibeigenen aus bedrückenden Verhältnissen zu einem unabhängigen Geist. Mit seiner absoluten inneren Freiheit, seiner melancholischen Skepsis und seinem von persönlicher Verantwortung getragenen Individualismus war er seiner Zeit weit voraus. Tschechow ist ein Mensch der Moderne, der, obwohl streng orthodox-religiös erzogen, nicht mehr glauben kann, der als agnostischer Naturwissenschaftler und Arzt allen geschlossenen ideologischen Gedankengebäuden mißtraut, der – im Gegensatz zu seinen zeitgenössischen Schriftstellerkollegen – nicht den Anspruch erhebt, die ewigen Fragen nach dem Sinn des Lebens beantworten zu können und sich von allen politischen Richtungskämpfen fern hält. Angst habe ich vor denen, die zwischen den Zeilen eine Tendenz suchen und die mich unbedingt als einen Liberalen oder Konservativen sehen wollen. Ich bin kein Liberaler, kein Konservativer, kein Reformanhänger, kein Mönch, kein Indifferenter. Ich möchte ein freier Künstler sein und nichts weiter (...) Ich hasse Lüge und Gewalt in all ihren Erscheinungsformen... Firma und Etikett halte ich für ein Vorurteil. Mein Allerheiligstes sind – der menschliche Körper, Gesundheit, Geist, Talent, Begeisterung, Liebe und absolute Freiheit, Freiheit von Lüge und Gewalt, worin sich die beiden letzteren auch äußern mögen. Tschechow ist uns nah in seiner illusionslosen Einsicht in die Unverständlichkeit und Bruchstückhaftigkeit der Welt, in seinem schmerzlich erlebten, aber offensiv verteidigten Verzicht auf eine feste „Weltanschauung“. Vor allem aber ist er uns nah in seinem – trotz dieser nüchternen Erkenntnis – nie aufgegebenen Streben nach Transzendenz. Die Erfahrung des fehlenden Sinnzusammenhangs der Weltordnung hat ihn nicht in Resignation oder Wehleidigkeit getrieben und erst recht nicht zum kaltschneuzigen Zyniker gemacht. Neben seiner schriftstellerischen Arbeit war er sein Leben lang an konkreten Hilfsprojekten für andere tätig. Und er tat das in aller Bescheidenheit, ohne Aufheben davon zu machen. Er reist auf die Gefangeneninsel Sachalin, sammelt Geld für die Hungerhilfe, organisiert als Arzt in Melichowo den Kampf gegen die Choleraepidemie, läßt drei Schulen bauen, ist Sprecher der Semstwo-Verwaltung, sammelt Bücher für die Bibliothek seiner Heimatstadt Taganrog, und noch als selbst schon Todkranker kümmert er sich in Jalta um mittellose Tuberkulosepatienten. Wenn ich wählen sollte zwischen einem von beiden: den „Idealen“ der vielgerühmten Sechziger Jahre und dem schlechtesten Semstwokrankenhaus von heute, ich würde mich ohne zu überlegen für das Zweite entscheiden...
#Anton Pawlowitsch Tschechow :Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen 1886#Anton Pawlowitsch Tschechow
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Lachmatov, ein ehemaliger Beamter saß daheim am Tisch beim sechsten Glas Vodka und dachte an die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Als hinter der Lampe ein Teufel hervorschaute, begann Lachmatov denselben übers moderne Leben und Wirken der Teufel zu befragen. Der Teufel gab alle Geheimnisse der Hölle zum besten, schüttete sein Herz aus, weinte und gefiel Lachmatov so gut, dass er ihn bei sich übernachten ließ. Der Teufel schlief im Ofen und phantasierte die ganze Nacht. Am Morgen war er verschwunden.
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