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Lexikon der Demontage - A
Autofahren
Nur kurz die Augen schließen, kurz die Arme ausbreiten und das Schicksal umarmen… 1… 2… Dann flutet wieder das bohrende Licht des Sonnenuntergangs meine Augen.
Das erste Mal, als ich mit diesem Tick vor vielen Jahren anfing, die Augen beim Autofahren zu schließen und die Hände vom Steuer zu nehmen, war ich einem inneren Impuls gefolgt: Keine Kontrolle. So, wie ich mich die meiste Zeit meines Lebens fühle; nicht die Zügel in der Hand zu halten, nicht die Richtung angeben zu können, nicht das Ruder rumreißen zu können, auch wenn man die Stürme schon vor sich aufziehen sieht. Ich fuhr gerade zurück von einem Date und wusste, dass ich diese Frau nicht mehr wieder sehen würde. Nicht, weil es unfassbar schlecht gelaufen war oder ich mich noch schlechter angestellt hatte, als ich es normalerweise tat, sondern weil ich es nicht geschafft hatte, sie zu erreichen. Als wir uns verabschiedeten, klaffte unsere Distanz in jedem Blick, jedem Lächeln, jedem nicht ausgesprochenen Satz. Und auf dem Heimweg wollte ich nur noch Stille; wollte das Rauschen der strömenden Luft, das Schnaufen des Gebläses einfach verstummen lassen. Und ich wollte mich als Herr des Momentes fühlen – kontrollierter Kontrollverlust.
Während ich die Augen wieder öffnete, wurde mir speiübel. Nicht, weil ich nah an einer Leitplanke gelandet war; nicht, weil vor mir ein anderes Auto aufgetaucht war; einfach, weil da noch Leben in mir war. Ein Funken Überlebenswillen, der stoisch, hartnäckig an diesem Leben festhalten wollte und versuchte mir einzutrichtern: „Alter, lass diesen Scheiß.“
Seit diesem ersten Mal wurde die Zeit länger, die ich das Schicksal herausfordere… und die Übelkeit ist langsam verflogen.
Die Verzweiflung fördert die merkwürdigsten Impulse: Kopflos Gas geben; das Lenkrad herumreißen; endlich anhalten, rechts ranfahren und einfach die Einsamkeit aufsaugen. Doch nur selten gehen wir diesen nach – aus Alltagsrhythmik, Pflichtbewusstsein, Angst vor dem Unbekannten.
Mittlerweile ist ein festes Ritual geworden; eine Neurose der Machtlosigkeit; eine Antwort auf dieses bohrende Gefühl blinder Verzweiflung: Sie wird mich verlassen. Das ist nun manifestierte Gewissheit, die meinen Schwindel befeuert. Vielleicht in einem Jahr, vielleicht in einem Monat, vielleicht schon morgen. Aber sie wird es. Und diese Erkenntnis ballt sich gallig in meiner Kehle, lässt Nebel aufsteigen in meinen fiebrigen Gedanken und hüllt mich in dieser klaffenden Vision aus Einsamkeit und trockener Erde, süßlichem Rauch und Schweigen.
Die Hände gleiten schlaff in den Schoß und die Augenlider beugen sich unterwürfig vor dem höhnenden, schwarz-triumphierenden König, der laut schlürfend aus dem Kelch der Schmerzen säuft. Gütig breitet er seine Arme aus, schwingt sein Szepter und macht Platz für mich auf seinem Thron aus Zweifeln und Sorgen. Dunkelheit zerrt mich in ihr Reich: 1… 2… 3… 4…
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Blau-Gelb
Und hier, im spärlichen Licht des abendlichen Parks, das sich auf der befriedeten Membran des Teichs verwirklichte, wirkte sie irreal, träumerisch; so als hätte ich sie zu stark herbeigesehnt, -gemisst - sie wirkte wie ein Kunstwerk: Ihre großen, eisig-blauen Augen, die gütig in mich sahen, ihr tosend-feuriges Haar, die feinschattierten Grübchen, welche ihr wärmendes Lächeln umrahmten, die Alabaster-Firnis ihrer zarten Haut, die das Licht des Mondes fing und es in gleißendes Strahlen verquerte - eine Hommage an die Hoffnung.
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Brachland
Die Stadt und ihre Zinnsoldaten wälzen sich in einer trägen Spur aus Magma und Staub an mir vorbei; Leere thront feist-grinsend in den brachen Weiten meiner ausgebrannten Seele, einer Insel, einsamen Bastion der Zweifel.
Du wirst nicht zurückkommen, sagt die Zeit, sagt die Chance und sagt auch die Hoffnung. Sie rattern es gebetsmühlenartig runter - Tag für Tag. Und Tag für Tag breiten sich die ausgefegten Steppen, demontieren meine Umwelt zu einem Hort der Stille.
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Medusa II - Die Fremde im Gym
Dein Blick ist scheu, Medusa. Du flüchtest; Flüchtest vor dir, vor mir, Flüchtest vor dem Ballen der Gestirne. Deine Erscheinung ist Sternenstaub in flüchtiges Licht gebannt; Deine filligranen Grenzen haben sich in meinem Traum verrant. Du schnappst nach Luft und säuselst weiches Bangen. Das Licht der bleichen Leuchten ebbt an deinen vollen Wangen. Deine Augen, diese kalten Feuer, die Ozeane sickernd bannen; Sie brennen. Und ich - verstumme. Gebannt in deinen gleißenden Taumel. Alles bringt mich zurück zu dem Augenblick in dem in uns sah; im Licht der taumelnden Gestade, auf einem gemeinsamen Pfade, der uns führt ins pulsierende Licht, ins wogende Dann. Deine Eisaugen verbannen mich, Medusa. Deine Nähe ist Morgenreif: Klar und kalt - läutet eine neue Epoche, lässt meine Träume perlen. Meine Hoffnung nebelt in deinem Schweif. Ein kurzes Glimmen Zukunft, dann erlischt der Docht. Dein Blick ist Bangen, Medusa. Bangen, das mich frisst.
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Fiebrig und ungebändigt brach sie über mich herein. Ihre Augen erzählten die Geschichte ihres rasenden Lebens - in einer Sprache, die kein Mensch sprechen konnte.
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Großstadtfresko I
Der Geruch des Urins, der den gesamten Bahnhofstunnel brandmarkte, setze sich träg in meine Nase - und auch fünf Minuten später, als ich schon auf der Brücke den Rhein unter mir wüten hörte, spielten die plumpen Schwefelnuancen noch mit meinem Geruchssinn.
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Quote
Love is all right for those who can handle the psychic overload. It's like trying to carry a full garbage can on your back over a rushing river of piss.
Charles Bukowski
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All-In
Viel zu lange in der Liebe gepasst und dann mit dem beschissensten Blatt All-In gegangen.
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Glück auf
Aus Staub und Schmutz emporgestürzt, nachdem die Qual das Licht beerbte. Dein Kohlen-Nimbus - längst begraben, im Meer taumelnder Dunkelheit; Noch sickert Ruß von der Fassade, die dein Geheimnis überschattet, bis Bilder deine Haut verlassen, die deine Sonne zu Alabaster gerbte.
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“Ich möchte nicht mehr” - Das Mantra der Hoffnungslosigkeit; ich stammle es wie ein Besessener vor mich hin, während auf dem Bildschirm Netflix-Serien mechanisch an mir vorbeirauschen.
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Du machst, dass es sich nach Regen anfühlt, dass es nach nassen Blättern riecht, die Luft übersäuert ist vom satten Klang deiner Stimme, sich Zweifel vor die Sonne schieben und diese zu einem Hort der Unterwelt verqueren.
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Das Prinzip Hoffnung
Es geht nicht um sie, oder um irgendeine andere Frau davor; es geht nicht um einen scheiß Job, oder irgendeinen anderen Ausbildungs-/Arbeitsabschnitt davor; es geht nicht um meine kleine scheiß Wohnung oder darum, dass ich bis vor nem halben Jahr bei Mutti gewohnt habe. Es geht einzig und allein um die Hoffnung. Und die stirbt nun mal langsam ab... Mit jeder neuen Niederlage, ob jetzt verschuldet oder nicht; mit jedem Tag, den ich in das Büro fahre und weiß, dass es noch Jahre dauern wird, bis ich mal ein bisschen Geld mache oder meine Büchern ansatzweise beenden kann; mit jedem Tag, den kein Familienmitglied von mir im Lotto gewinnt. Und irgendwann – an diesem Punkt bin ich jetzt, in dieser Stunde meines Lebens, wo jede Scheiße wieder sinnflutartig auf mich einbricht – muss man sich fragen, ob die Hoffnung noch existiert. Wenn man zu dem Entschluss „Ja“ kommt, heißt es Mund abputzen und weiter. Wenn man aber zu dem Entschluss „Nein“ kommt, dann gibt es nur eine Möglichkeit... Nur eine einzige Möglichkeit in unserem sonst so komplizierten Leben.
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Medusa
Dein Blick entflösste mich, versetzte mich in Trance.
Natürlich, ich sprach, wir unterhielten uns, lachten; aber ich befürchte, es war nicht das rhetorische Feuerwerk, das es benötigen würde, dich zu halten.
„Besser hätte ich es nicht hinbekommen.“, sagte ich mir schon im Auto und dieses Gefühl bleibt; Ich bin nunmal kein Wortakrobat, kein Blender und auch kein edler Ritter in glänzender Rüstung - nur ein verlorener Junge, der vor langer Zeit von einem herbstlichen Trampelpfad abkam und seitdem verzweifelt versucht, auf diesen zurückzufinden. Sorry.
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Helau
Eigentlich
“Eigentlich” , sagte sie mit einer ordentlichen Portion Ghetto-Attitüde “müsstest DU MIR hinterherlaufen, Fremder.”. Eigentlich. .. Ja, eigentlich wäre ich auch gar nicht hier, würde zu Hause sitzen mit der Frau meiner Träume im Arm, würde ‘ne scheiß Serie schaun und Tortillachips mit Käsedip fressen. Eigentlich wäre ich schon längst ein gefeierter Schriftsteller und eigentlich müsste ich in der Blüte meines Lebens stehen, die Welt müsste meine verschwitzten Füße küssen und jeder müsste meinen Namen kennen; Eigentlich. “Eigentlich - is’ halt aber nich so…” sagte ich und ließ sie stehen.
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Kontrolle
Kontrolle siebt durch taube Hände, in hohle Stücke, die sich mit fremden Fehlern schmücken. Mein Geist tastet mit schwirrenden Fühlern; das Herz hastet, das Hirn fastet, alles rast in abstrakten Schlieren, beseelt mit Furcht & fahler Emotion, mit Ziellosigkeit und starrem Blick an mir, dem vereisten Beobachter, vorbei.
Kontrolle rinnt entlang der Scheiben, die wie Stäbe eine Welt vergraben, perlt ab meiner verkohlten Haut; der Sinn versteckt sich hinter fiebrigen Träumen, verbarrikadiert in einsamer Permanenz.
Isolation bricht sich im Licht der milchigen Lampe, verewigt sich in Tinte auf dem staubigen Blatt und sickert langsam aus der Vase der Kreation. Leben tönt einsam, vergessen durch die Straßen der sinkenden Stadt. Augen suchen, sinken, flauen, trinken, beben rasend - anstatt Kontrolle zu säen.
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Kryptonit
Nur dein Miniaturbild in meiner Facebook-Chat-Leiste lässt mich in einer Lawine aus melancholischen Beben zurück. Wieder diese Visionen, die, von der Zeit verwaschen, ein Fresko des Scheiterns der Hoffnung an die Wand dieses brachen Zimmers werfen. Du fehlst.
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My ge-ge-generation
Gerade wurde mein Bruder nach 3,5 Jahren Beziehung verlassen - was sagt man da, als Mensch der vielleicht nicht komplett den Glauben an die Liebe aufgegeben hat? Wie soll man ihm Trost spenden, wenn man selbst nicht denkt, dass es in unserer kaputten Generation noch zu so etwas wie langfristigen Gefühlen kommen kann, ohne, dass einer der beiden Zweifel bekommt, dass einer von beiden noch etwas erleben will, dass einer von beiden aus Angst vor Bindung reißaus nimmt?
Wir sind die verlorene Generation; zu verletzt, um blind zu lieben - zu allererst uns selbst - , und so taumeln wir durch diesen Weltenabend mit der verzweifelten Sucht nach etwas, das uns entrissen wurde und von dem wir uns mit jeder verlorenen Schlacht mehr abwenden.
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