Modenschau auf stählernen Achsen
Eine Schar Tauben begleitet spielend eine U-Bahn, die im blendenden Licht der Morgensonne mühsam von Süden auf die Oberbaumbrücke rollt. Während der Zug langsam voranschreitet, blitzt der dottergelbe Lack an den Ecken und Rundungen der Waggons immer wieder hell auf. Es gibt dunkelgelbe und zitronengelbe U-Bahnen in Berlin, stöhnende und summende, kantige und kurvige, Glastüren tragende und aus beuligem Blech geschweißte, manche haben Scheinwerfer wie Kulleraugen und wieder andere, moderne, blicken durch große Frontscheiben wie Agenten durch ihre Sonnenbrillen. Alle zeigen sie kurz ihr Gesicht, während sie in der ziegelgedeckten Station Schlesisches Tor ihren Fahrgästen freien Lauf lassen. Durch eine Baumschlucht hindurch, unter das Haltestellendach geduckt, nehmen sie für einen Moment Ausguck über die sich quer vor ihnen ausbreitende sanft strömende Spree und auf die spiegelnden Hochhäuser drüben an der Warschauer Straße. Die Türen schließen. Hinaus geht es auf den stahlgenieteten Laufsteg. Die Waggonkette verschwindet hinter graffitiverzierten Hausfassaden wie hinter einem Vorhang, dann präsentiert sich der ungewöhnliche Aufzug in dem weiten Gleisbogen vor der Brücke in seiner ganzen gelben Schönheit. Und jetzt, nach einer weiteren Biegung, diesmal nach links, stolzieren die Waggons in einer eleganten Reihe auf die Oberbaumbrücke, spielen mit den rot-schwarz geklinkerten Zinnen, bereiten die Spitzbögen, ordnen sich unter die keck salutierenden Türme, passieren mutig das kurzweilig geschwungene eiserne Mittelstück, vollziehen von Fußgängern, Autos und Radfahrerinnen beachtet oder auch nicht beachtet den Höhepunkt der Schau. Sie rollen behutsam weiter, ihre Flanken liegen im Schatten, gleiten klingend von der schmuckvoll gemauerten Wasserbühne. Beinahe im Minutentakt werden hier Kunststücke aufgeführt, surrend wie die ganze große Stadt.
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Montagmorgen
Kopfende Schritte bringen einen Pulk Fahrgäste in den S-Bahnwaggon. Zwischen den Sitzreihen, im Gang und in dem großen Raum an der Tür bleibt es still, als sich die Menschen wie vom Bahnsteig her behutsam angestoßen in der langen grauen Fensterröhre verteilen. Sie sehen müde aus. Viele tragen dicke dunkle Jacken. Montagmorgen.
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Morgenfrische in der Stadt
Ein blauer PKW glänzt auf dem pfützenbefleckten Kopfsteinpflaster. Der Himmel ist noch dunkel, sodass Straßenlaternenschein für Stimmung sorgt. Die Wärme, die das Wolkenzelt für die Nacht der Stadt geschenkt hatte, ist einer feuchten Frische gewichen.
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Sturmsterne
Die Sterne funkeln am zerfransten Himmel . Einer von ihnen ist klein und funkelt gelblich warm. Der Wind braust um das Dach, er brummt und heult und summt. Die Wolken leuchten frisch im klaren Licht des Mondes. Ich mag es, wenn es stürmt.
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Flussfarben
Leuchtend hell steht ein türkiser Schiffsbug über den blaugrauen schaumgekrönten Elbwellen. Er ragt steil auf und stellt seine kräftige Farbe einem Regentropfenschleier entgegen. Die schneeweißen Aufbauten am Heck des Frachters absorbieren währendessen gleißend das ebenfalls anwesende Sonnenlicht.
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Störche im Kieswerk
Zwei Störche stehen an einer Bahnstrecke
zwischen grauen Sandhaufen. Vielleicht ein
Kies- oder Betonwerk, ergänzen
beigefarbene Silos mit ihren Rundungen.
Die Störche halten ihre schwarzen und
weißen Federn und ihre dunkelroten Beine
und Schnäbel tapfer gegen die trockene
Leblosigkeit des Ortes.
Sie verschwinden fast in den riesigen
schroffen Hügeln der Fabrik und blicken
voller Ausgeglichenheit zu Boden.
Am Horizont erzählen die Berge des
Schwarzwaldes vor Hitze flimmernd vom
Sommer.
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Der Himmel schimmert am Horizont mit einem rosa Stich wie altes Porzellan. Die Vögel stampfen dazu laut wie Baumaschinen ihre Botschaften über den Hinterhof. Als ich Brötchen hole, sagt der Supermarktbesitzer in seinen breiten Bart "Auf Wiedersehen" und lächelt ein wenig. Das macht er sonst nicht. Ich freue mich und bin verdutzt.
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ICE 514 an einem heißen Sommertag
Eine schwarz-weiße Balkenlinie mit roten Punkten dazwischen zeigt an, wolängs die Fahrt des Intercity-Express 514 geht. Frankfurt-Flughafen, Köln, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund, Münster Westf., Osnabrück, Bremen, Hamburg-Harburg, Hamburg Hbf., Hamburg-Dammtor, Hamburg-Altona, sagt der Bildschirm klar.
Die Sonne brennt durch das Fenster, das die Frau in der Reihe hinter mir mit einem lichtgrauen Rollo halb zugezogen hat.
Ein Mann hat einen orangenen Geigenkasten dabei. Ob eine Stradivari drin ist, will eine andere Passagierin wissen. Möchte jemand einen Keks? Danke nein. Danke nein. Danke nein.
Wie in einem Filmstreifen zischen hunderte Schatten durchs Fenster über meine Hände und an die Waggonwand gegenüber.
Wir erreichen in Kürze Frankfurt Flughafen.
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Wippende Bierflasche
Eine Bierflasche wippt in der Spree wie
eine Boje. Links, rechts, links, rechts, links,
rechts, im schwingenden Takt der Musik,
die aus dem blechern tönenden
Lautsprecher der Hotelrezeption
schrummert. Das Wasser duftet nach
frischen Algen.
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Amrum 3
Das Meer ist heute dunkelgrau, blaustichig,
aufgeraut und schaumgekrönt. Die
Neunuhrfünfzehn-Fähre ist nach dem
Anlegen gleich wieder zurück gen Föhr und
Festland in die Wellen gestoßen.
Blitzschnell wurde klarschiff gemacht.
Jetzt haucht die Sonne etwas Licht durch
den Dunstschleier. Sie schenkt der weiten
trutzigen Insellandschaft und dem urbanen
Dorf am Anleger Milde.
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