von einem neuen Jahr in Frankfurt, Dublin und sonstigen Abzweigungen
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Auch woanders
Eine Sonntagsgeschichte von Mitte Jänner, nach langem Warten Ich spüre an wenigen, zusammenwirkenden Anzeichen, nun wirklich weit weg zu sein. Woanders zu sein. Denn in Costa Rica und Panama - da waren wir noch hier. Wir tranken Leitungswasser und erkundigten auf Asphalt den Jungle, Vulkane in Liberia. Am Abend von C.’s Geburtstag, der R. und mich ja wohl zusammengeführt hat, zu dem “Mehr”, das die allermeisten suchen, gingen wir essen. Wir freuten uns über die Eindrücke des Vulkans Rincon de la Vieja, mit müden Beinen und erleichtert. Das Café Liberia hätte auch ein spanisches Restaurant in Nijmegen sein können. Engel trugen in Fresken hoch über unseren Köpfen Instrumente hinfort, wie im Kreis, der dann in den dunkel getäfelten Kubus des Plafonds überging. Die Kellnerin meinte, ein holländischer Kunde hätte ihr Bilder von Tulpenfeldern gezeigt. Es muss schön sein da. In mir blitzen die heutigen Bilder des azurblauen Wasserfalls und der vulkanischen Kraterlandschaft auf - es war auch schön hier. Woanders ist man, wenn plötzlich alles nicht mehr so einfach geht. Woanders ist Nicaragua. In San Juan del Sur denkt man im Paradies angekommen zu sein - der lange Sandstrand geht in blaues Wasser, mit einigen Booten gespickt, und dann fließend in den Sonnenuntergang über. Am Hügel wacht Jesus mit ausgebreiteten Armen über die Stadt. Nur bei bestimmtem Lichteinfall merkt man, dass er der Stadt nicht ab- sondern zugewandt steht. Bars und Restaurants sind einladend und billig, genau darauf haben wir uns gefreut. Wir freuen uns. Bis wir uns nächtens mit Klogängen abwechseln. Die mitunter unerotischste aller Erfahrungen. Wir halten einander die Bäuche und schmunzeln über Statusaktualisierungen. Hashtag Nicaragua. Hashtag ice cubes. Hashtag they said water is filtered. Hashtag life is shitty. R., der davor aß wie fünf Firmlinge, freut sich seitdem über Zwieback. Ich weiß auch, ich bin woanders, wenn ich beginne meine gewohnte Umgebung aus der Ferne zu analysieren. Ganz so, als wäre ich jemand anders, mit Vorgängen zu Hause zwar eng verbunden, aber die notwendige Distanziertheit besitzend, um in Zusammenhängen den oft verschwommenen Sinn zu erkennen. Ich erzähle R. davon. Er meint, er reise nicht zur Selbstfindung. Er reise und konzentriere sich ganz auf diese ungewohnte Umgebung. Im Übrigen geschehe ohnehin viel ungeplant, Analysen tätige er nur wenn sich eine Entscheidung unmittelbar aufdrängt. Was mich denn an Zuhause erinnert? Es sind Kleinigkeiten. Es ist dieser Taxifahrer, der Jahre in Kalifornien gelebt hat und nun nach San Juan zurückgekehrt ist. “Seht ihr das Haus hier? Ich werde es kaufen und mit meinem Vater renovieren. Ja, es ist schön hier, man sieht so viele Tiere...” Seine Familie ist ihm wichtig, seine Eltern werden alt. Ich denke darüber nach, wo ich sein möchte. Ich überlege, was Familie für mich bedeutet und ob sich deren Bedeutung im Laufe des Lebens ändert, wie mein Vater stets behauptet, weswegen er nun ein Haus auf Familiengrund baut, von dem er doch in jungen Jahren stets Abstand gesucht hat. Der Fahrer weiß: Menschen sind der Grund, sich dort oder da anzusiedeln. In den vergangenen Jahren hat mich mein Nomadenleben von Wien aus sternförmig in verschiedene Richtungen getrieben. Langsam kann ich mir vorstellen, Glück an einem bestimmten Ort zu finden. Bei bestimmten Menschen - im Zentrum dieses Sterns oder einem seiner erforschten Zacken. Trotz all dieser Überlegungen schlafe ich gut und lange. Tatsächlich wie jemand anders, seinem eigenen sozialen Netzwerk auf kurze Zeit unzugehörig. Frei von befangenen, kreisförmigen Überlegungen. Es gibt hier nur R., mich und Landschaften und Menschen, die so schnell an uns vorbeiziehen, dass sie mein Leben höchstens bereichern können. Zwischen R. und mir sind die Verhältnisse geklärt: Wir mögen einander einfach. Woanders bin ich auch dann, wenn ich mich von Zivilisation abgeschieden fühle. Wir sind auf einer Insel, auf welcher sich zwei Vulkane befinden, einer links, einer rechts. Wohnen tun wir in einer Finca auf dem Verbindungsgrat zwischen beiden Vulkanen. Wenn ich darüber nachdenke, wird mir ein wenig schwindelig - ständig sieht es aus, als würde Rauch aus einem der Krater dringen, dann ist es aber doch wieder eine Wolke. Abends färben sich die Wolken orange, was ein wenig an Feuer erinnert. Wenn wir auf Fahrrädern durch kleine Dörfer fahren, werden Bananen für nichts verkauft, einige waschen Kleidung im Fluss. Menschen und Tiere wohnen eng an einander. Mit einer gewissen Beiläufigkeit vögelt ein Ferkel mit einem Fels. Einige Häuser machen Eco-Tourismus gekonnt zum Konzept. In der Wandmalerei eines derartigen Cafés geht der Tag entlang eines ornamentbeladenen Baumes kunstvoll in Nacht über. Nicaragua ist ganz woanders. Und das beruhigt und reizt mich auf eben die Weise, die mich zum Nachdenken bringt.
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San José und Monteverde
Eine weitere Sonntagsgeschichte von Mitte Jänner Es geht mir tendenziell um die Menschen. Wie sie leben, interagieren, und das anders als ich es würde. “San José? Ach, so ein Chaos, nicht schön dort. Ein Nachmittag, paar Stunden bis zum Anschlussbus genügen”, meint Rolf, Biologe und Hotelier der Cabinas Tropical. Wäre ich nur wegen Fauna und Flora hier, hätte es auch nochmal Asien sein können, denke ich. Wir bleiben länger in San José. Und es ist chaotisch. Menschentrauben in zu engen Straßen und das ständige Gefühl jemandem gefällt R.’s schwarzer Rucksack zu gut. R., für den ich in diesen Tagen versuche mitzudenken. Das Wissen darüber, einen geliebten Menschen zu Hause verloren zu haben und sich in Costa Rica zu verabschieden, beschert ihm das Heimweh, das Hand in Hand mit Ohnmachtsgefühl geht. Er taumelt durch San José, Hand in Hand mit mir. Besser ablenken. In der Post. Während ich die Schlangen in Bawag PSK Filialen vermeide, ist das Postgebäude spanischen Stils menschenleer und bezaubernd. Das Theater ebenso: Das einzige repräsentative Gebäude wird nicht nur für kulturelle Ereignisse sondern auch alle Staatsbesuche genutzt. Die Aristokratie von damals errichtete es nach europäischem Vorbild und tatsächlich finde ich mich in einer Miniaturvariante der Staatsoper wieder. Wie verwöhnt sind wir Wiener mit Prunkbauten, wie leicht wir es vergessen! Wie wir in der Schwere der Entscheidung zwischen Akademie- und Burgtheater dann doch zu Hause Zeitung lesen. Wie ich in ähnlichen, größeren Sälen in langen Roben schwebe... Aufgrund der europäischen Inspiration sind jedenfalls nicht einmal die Wandfresken authentisch: Ein Mailänder Künstler malte die Damen als junge Römerinnen und Bauern tragen die Bananenernte auf physikalisch unmögliche Weise. Da tröstet nur Costa Rican Craft Beer. Bars und Galerien gehen in einander über, wir überlegen, welche Kunst unser Wohnzimmer zieren dürfte. Durch einen Bildband Van Goghs blätternd beschließe ich allerdings, dass mir die Sonnenblumen einfach besser gefallen. Trotz Spanischunkenntnissen finden wir eine Kerze und gedenken derer, die nicht vergessen werden. Die Tage sind ein Balanceakt des Ablenkens und gemeinsamen Erinnerns. Wir manövrieren uns aus dem Chaos. In den öffentlichen Bussen sogar preiswert. Lateinamerika frisst sich in verblüffender Geschwindigkeit durch die Geldbörsen, eine Gefahr für das studentische Bankkonto. Gut, dass ich zu diesem ohnehin keinen Zugriff mehr habe, da kein Bankomat die Karte akzeptiert. Überweisungen auf ein anderes Konto erfordern TANs, für die man wiederum ein funktionierendes Handy benötigt. Und mein Netzbetreiber ignoriert gekonnt Mittelamerikas Existenz. Alles schlecht für R., der mich subventioniert. In jedem Fall bin ich von dem Preisniveau enttäuscht und vermisse die Zeiten des europäischen Hochgefühls in Asien. Ankunft in Monteverde, und es umgibt uns sattes Regenwaldgrün. Auf Brücken, neben Lianen, durch tropfendes Nass. R. freut sich über Makroaufnahmen, ich über die Kraft des Gesamteindrucks. An manchen Stellen kommen uns aber so viele Touristen in blauem Plastiksack als Regenschutz entgegen, dass ich die Augen schließe. R. ist einer von ihnen und wundert sich, kein exotisches Getier zu erspähen. Später entfährt ihm ein Schrei, als er in einen Schmetterlingsschwarm gerät.
In Monteverde findet man weiters den besten Cheesecake unserer beider Leben - und wir haben jahrelange Erfahrung. Außerdem Sonnenuntergänge, von der Terrasse unserer Bleibe aus beobachtet in den fernen Meeresspiegel, die Halbinsel und kleinere Inseln, Hügelketten in tiefes Orange tauchend. Die Palmen heben sich dunkel ab, wir staunen. Ich staune darüber, dass ich in einem der schönsten Länder der Welt innerlich mit meinem Kontostand kämpfe und schiebe alle Gedanken fort - pura vida.
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Ab in die Karibik
Eine Sonntagsgeschichte am Montag, von damals, Anfang Jänner “I never really got the concept of being at the beach... I just always got so sun burnt that I couldn’t sleep for a couple of nights after. And also it’s boring.” “You probs didn’t build enough sand castles there.” “Oh, I did. The biggest.” “I wouldn’t make them big but pretty. We wouldn’t have made a good team as kids - big castles are difficult to make pretty.” “I would have told you that all these towers are just there to protect your pretty towers.” Es ist wichtig alle Erwartung an Küstenlandschaft auszutauschen bevor man dort ankommt. Schon in David, einer Stadt, die hübscher klingt als sie aussieht. Eigentlich kommt man hier nur an, wenn man sich am Vortag darüber geärgert hat, keinen direkten Weg an das karibische Meer zu finden. David’s Fischlokal entschädigt uns für verlorene Zeit. Ich esse Meeresfrüchte bis mir der Bauch platzt und kriege meinen krebsroten Holländer nicht mehr aus dem Kopf. Letztlich kommen wir doch immer dorthin, wo wir annehmen ankommen zu wollen. Durch tiefen Jungle, entlang der Bergdörfer, die touristenlos hinter uns bleiben. Wo Mädchen, selbst noch Kinder, ihre Babies an die Brust halten. Nach Almirante, einem Fischerdorf, in dem Achtjährige ein Motorboot verantworten. Der Bub lächelt keine Spur, als er mich anweist die Schwimmweste anzulegen bevor sein großer Bruder mit Vollgas über die Wellen hinfort schießt. An allen folgenden Tagen, und vor allem bei Überquerung der Grenze nach Costa Rica, brechen Regenschwalle über uns herein, die salzigen Wellen rauschen in das kleine Boot. Auf uns, die Rucksäcke, die Pässe, dann wieder auf die Rucksäcke, die in allem Nass am Dach eines Shuttlebusses transportiert werden. Es gibt dann nur eine Brücke zwischen zwei Staaten, den Regen und uns. Uns im Regen. Ankommen um zu Verweilen fühlt sich jedes Mal erklärbar wundervoll an. Während unserer panamesischen Inselabenteuer leben wir auf dem Wasser. Das Stelzenhaus ragt weit in die See, um Bastimentos sind die anderen Inseln sichtbar. Wir trinken in Hängematten und träumen. Von unserer kleinen Wanderung zu einem Café mitten im Jungle, wo Café mit Kokosmilch dann gar nicht nach den dunklen Bohnen schmeckt. Oder von Puerto Viejo, weil man Costa Rica einfach entgegen träumen sollte. Weil uns dort die Regengüsse nicht stören, weil es so schön klingt, wenn es um uns tropft. Weil mich dort “Cocles” beach und seine Wellen so amüsieren (”cockless!”), dass ich im Kindischsein ganz und gar aufgehe. Und ich in einem Frühstückslokal mit book exchange kilometerweit außerhalb Österreichs ganz herzlich über Glattauers Portrait unserer Kultur lachen kann. Alle Kalorien der täglichen Steinofenpizza joggend am Strand los werde... Ankommen und träumen, das gelingt uns nach dem Großstadtgeflüster. Mit anderen Reisenden haben wir kaum Kontakt. R. mag das weniger gewohnt sein - ansonsten versprühen seine Freunde immer dermaßen politisch inkorrekten Charme, dass sich zwangsläufig alle Hostelbewohner dazu äußern. Und man einander dann trotzdem verdammt gern hat. Unser Umgang damit, vor allem einander zu haben, unterscheidet sich: R. bucht die Hostels mit höchstem Partypotenzial, ich ruhige Cabinas Tropicales oder Bergzimmer mit Weitblick, wo ich mit Emmigrantendeutschen unsere Muttersprache austausche. Während R. nach Hause schreibt, das längste Date seines Lebens wäre “challenging but cute”, reduziere ich den Kontakt zur Außenwelt auf ein Minimum, beispielsweise Selfies mit Baumtelefon. R. erzählt von einem CIA Report zur Manipulation der US Wahl. Mir war selten irgendetwas ferner. Zur Kontaktaufnahme in optimistischen zwei Wochen schreiben wir dann doch Karten an Freunde und Familie. Ein Preis für literarische Höchstleistungen geht dabei an R.: “Hey, M., we are in Latin America now, as you know. So I thought I’d write you a card. So. There it is. A card. Doei!”
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Panama City
Eine Sonntagsgeschichte von Anfang Jaenner Im lauten Hoehenflug der Sektkorken mitternachts, am ersten Tag des neuen Jahres, stehen zwei Rucksaecke bereit. Gruen und rot. R. schmunzelt, ich haette meinen Partner entsprechend des Backpacks gewaehlt, so gut passen die zusammen. Mochilleros, backpacker sind wir jetzt. Doch zuerst noch ein wenig Schneegestoeber zwischen den Niederlanden und Duesseldorf, Bauchweh bezueglich des Anschlussflugs und des Gepaeckstransfers. Doch Winter, die mochilleros lassen dich hinter sich! Zwei angekommene Rucksaecke, ene bereits verlorene Jacke und einen heruntergehandelten Taxifahrer spaeter entsteht vor unseren Augen Panamas naechtliche Skyline. Manchmal denke ich, R. verliert sein Hab und Gut, Teil der muetterlichen Fuersorge vor Abreise, aus Praktikabilitaet: Es ist verdammt heiss hier. Wir schauen uns tagsueber auf der Promenade nach Taschendieben um. Aber selbst denen ist zu heiss. Die Skyline flimmert, Wohnbloecke warten in Gelbschattierungen dem Ende des Tages entgegen. Auf einigen der Bloecke stehen weitere kleine Haeuschen, wie man sie sonst in der Ebene faende. In allem hier scheinen Momente des Aufbruchs inne zu wohnen. Ich gehe auf die zahlreichen Rasensprengler zu. Wir verstehen die Menschen hier nicht vollkommen, aber man versteht sich. Taxifahrer sind uns prinzipiell freundlich gesinnt, dank meines Verhandlungsgeschicks. Widerspruechlich? Amuesiert ueber die Hartnaeckigkeit der wortkargen Blondine geben sie mir letztlich oft was ich will. R. ist der good cop wenn die Taxler hollaendische Fussballspieler aufzaehlen und er die Liste verlaengert. Auf der Rueckbank summen wir zu spanischem Hiphop, bis wir singen, und kommen auf diese Weise weit. Casco Viejo, Weltkulturerbe zu Recht, ist charmant spanisch. Nur eine Mutter mit Kleinkind im Arm laeuft anklagend einem Dieb nach. Die Polizisten mit dunklen Schlagstoecken zwei Bloecke weiter laufen nicht. Im Contemporary Art Museum nehmen uns Kuenstler zum ersten Mal mit in den zentralamerikanischen Regenwald. Und die Schiffe warten am Horizont auf die Einfahrt in den Panamakanal, geschleust werden Tonnen asiatischer Importgueter. Wir koennten es dem Guinness Rekordhalter gleich tun und hindurch schwimmen, rein um die Preissteigerung seit seiner Zeit 0.35$ nachzuvollziehen. Tun wir dann doch nicht. Auf den Fischmarkt freue ich mich doch eigentlich am meisten, heisst Panama doch woertlich “Reichtum an Fisch”. Als wir den dann roh serviert bekommen, lachen wir ueber unsere Aengstlichkeit. Das entfernte, von Piraten zerstoerte Panama Viejo liegt steinern in weiten Feldern, Wir verstehen uns also mit den Panamesen, manchmal. Mittelamerikanische Gemuetlichkeit prallt bei Zeiten auf das Information Negotiation Monster, wie R. mich liebevoll nennt. Ich sage mir, er meint es liebevoll. Im Hostel, voll Haengematten, Panama Lager und Banana Pancakes sieht man unsere Reiseplaene gechillt: “Well, you just go to the bus terminal when you wanna go. Dunno when buses go… Might work during the day too I guess.” Das sind fake news. Sehr fake. Und sie fuehren dann dazu, dass ich am besagten Terminal huepfe, im Zorn, ganz wie Rumelstielzchen. Niemand interveniert in meine zentraleuropaeische Zielstrebigkeit. Ausser Panamesen. R. haelt mich: “That’s life, things don’t always go according to plan.” Dann schlaeft er. Ich liege wach. Natuerlich brauche ich Plaene in einem Land, dessen Sprache ich ungenuegend spreche und das nicht fuer hoechste Sicherheitsstandards bekannt ist. Wenn meine Plaene durchkreuzt werden, spinnt mein Kopf Alternativszenarien, numerisch unendlich. Ich erinnere mich an M.’s Rat zu Weihnachten: “Ueberlege dir Strategien, wenn Situationen einen gewissen Grad an Konkretheit erreicht haben.” Ich drehe mich um und schlafe. Dann zieht die Landschaft in tiefem Gruen an mir vorbei. Im Bus fahren wir schliesslich nach David, die Haeuser am Strassenrand sind bunt und haben zur Zier niedrige Mauern, manchmal schwingt eine Haengematte vor der Haustuer. Die Weihnachtsbeleuchtung ist hier fast ueberall noch angebracht, in der heissen Luft braet das Plastik in seiner Unwirklichkeit. R. verfolgt eine spanische Hollywood Romcom am Bildschirm des Busses, versteht wenig bis nichts. Soeben hat eine Vogelspinne einen Schauspieler in die Weichteile gestochen, Jennifer Aniston ist entsetzt. Ich schaue aus dem Fenster und freue mich, wie R. meine oft in Hysterie umschlagende Launigkeit vertraegt. Ich erzaehle ihm von dem Tag in Australien, als F. meinte: “Und ich dachte du waerst ein unkompliziertes Maedchen…” “But I knew”, meint R.
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Tschau, 2016
Eine Samstagsgeschichte, weil Neujahr Fazit ermoeglicht ... Mein Eisvogel befand sich im Sinkflug in ein “winterly Frankfurt” wie der Pilot meinte. Neues Jahr, neues Glueck, meinte ich. Beinahe auf den Tag genau ein Jahr spaeter liegt R. neben mir. “How would you rate this year?” fluestert er. Die Nacharin spielt gute Musik, Baesse droehnen durch die duennen Mauern. Im Sommer haben wir sie kennengelernt, sie hat uns zu sich zum Indonesischessen eingeladen. Ist letztlich nicht passiert, wie so viel einfach nicht passiert. Erstens kommt es anders. Ich denke. Es war eines der extremeren Jahre, Erlebnisse waren entweder wunderschoen oder verdammt beschissen. In Frankfurt fand ich heraus was ich nicht will, diesen Job. Erkenntnisse fuehlen sich oft weniger gut an als man meinen wuerde. Ich fand auch heraus, dass ich R. will und kontrollierte die Schmetterlinge keine Sekunde. Volltrunken in Nijmegens dunklen Strassen haetten sich weder R., noch ich, geschweige denn unsere Freunde gedacht, dass ich ein Jahr spaeter noch immer einen Schlafplatz in dieser Stadt habe. Es war ein Jahr in dem die Natur unendliche Schoenheit in sich barg. In den verschneiten Hochalpen Frankreichs und dem weiten, windigen, ueberraschend abfallenden Gruen Irlands. Ich kam aus dem Staunen nie heraus. Auch wurde gearbeitet, pausenlos. Selbst im Sommer, dem Inbegriff es Seelebaumelns. Irgendwie ging wenig so richtig leicht. Vielleicht war ich auch deswegen nie wirklich gesund. Irgendwas war immer. Zuletzt moechte ich mich eigentlich vor Gelbfieber und anderen Grausamkeiten schuetzen. “Zwei Impfungen links, eine rechts, mach ma’s so?”, fragt die Tropenmedizinerin und ich verkneife mir sogar das uebliche Nadelgezetere. Ich bekomme sogar einen Luftballon. Zu Weihnachten zetern die Lymphknoten, links, und wie. “Jedes Mal wenn du zu Haus bist, ist’s hier wie im Lazarett”, feuert M. im tiefen Glauben an Psychosomatik. Wir fliegen trotzdem bald. P. laeuft telefonierend in die Buchhandlung. “Und Nicaragua, ist das sicher? ... Ja gut, aber L. fliegt dort hin mit einem hollaendischen Pazifisten!” Er umarmt mich als waere ich im Generalstab eines Himmelfahrtskommandos. Ich telefoniere mit R. In einigem sind wir kontraer. Waehrend sich mein Rucksack seit geraumer Zeit im Planungsendstadium befindet, beginnt er nun sich Gedanken zu machen. Dann steht C. in der Buchhandlung und hat sich nicht erwaehnenswert veraendert seit wir vor einem Jahr gemeinsam Frankfurt erleben wollten. Gespreache sind unerwartet ehrlich. Ueber die Verschiedenartigkeit der Menschen, mit denen ich mich umgebe, muss ich schmunzeln: C. half mir mit der Struktur, die er jeder Lebenslage zuschrieb, um sie zu meistern, R. bereichert mein Leben mit Leichtigkeit, die als Antwort auf meine Gereiztheit in erster Linie Kitzelattacken auf sein Radar rufen. Wir fliegen also bald. Wir fliegen nach Mittelamerika. Weil Janoschs Tigerente immer schon wusste: So schoen ist Panama. Wir fahren nach Costa Rica weil wir in den tiefen Jungle, nach Nicaragua weil wir auf eine Insel mit Vulkan wollen. Nach Cuba, weil keiner weiss wie lange dort noch alte Autos fahren. Vor allem wollen wir. Viel sehen, weg, was erleben. Ich wollte nie 100% vom Leben, aber doch so viel, dass ich es als ganzes erfasse. R. und spaeter M. werden Teil der Expedition. Selbst wenn Reisen nicht immer reibungslos verlaufen bin ich euphorisch. Im Wissen darueber, dass meine Erwartungen an andere haeufig unerfuellbar sind koennte ich doch gleich weniger erwarten. Ich habe auf ein Notizbuch von McK, stoffueberzogen und dunkelblau, ein weiteres Stoffband geklebt. Das Logo wird dadurch verdeckt, denn wer moechte am Strand schon an Consulting denken. Die gruenen Ornamente erscheinen als verschlungener Ausdruck des kommenden Abenteuers. Was erlebt wird, wird geschrieben. Weil Eindruecke ansonsten an Verarbeitung traeumend vorbeitaumeln. Weil ich sonst in einigen Jahren vielleicht nur noch verschwommene Erinnerungen habe. Und weil nach computerloser Reise ab Maerz keine Basis fuer die Sonntagsgeschichten bestuende. “I rate it 8. No, 7.5.” Menschen tendieren zu uebersteigerter Bewertung der Vergangenheit. “That’s still quite high.” “7. Make it 7.” 7 heisst nicht, ich waere nicht dankbar. 7 drueckt die Hoffnung aus, in 2017 weniger fuer Traeume kaempfen zu muessen. Endlich ein paar Erdbeeren aller Muehen ernten zu koennen. Oder Bananen, in Mittelamerika. Neues Jahr, neues Glueck.
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Eine Weihnachtsgeschichte
Am Christtag Ganz Wien feiert. Es gibt keine Stadt, in der man epochaler, imperialistischer, verwegener auf den Tischen tanzt. Man muss ihren Menschen nur beliebige Gründe zu geben, die während des Feierns an sich dann ohnehin vergessen werden - wir feiern die Feste wie sie fallen, was denn noch amal? Weihnachten war’s, ach, Weihnachten! Hoch die Gläser! Wenn ich mich in den zuckrigen hohen Räumen alter Konditoreien unter Lustern drehe, zur Musik heutiger Zeiten, indes Kronprinz Rudolf die Lage von der Wand aus beobachtet, M. lauthals “I can get no!” singt und wir alle nicht an Sonntag denken weiß ich, ich bin wieder in Wien. Es wirkt in der Vorweihnachtszeit nur richtig und wichtig, dass es in der Wiener Innenstadt schneit wie es angeblich in den 50′ern geschneit hat. Damals. Der gesamte Graben wird in Festlichkeit ausgeleuchtet - ein wenig wie damals auf Grafton Street und doch vollkommen anders. In der Buchhandlung verzweifeln die Wiener und geben dem Schnee die Schuld an ihrer Phantasielosigkeit: “Ich bräucht ein Buch für eine Freundin, sie mag Katzen... Dieser Tag, dieser Schnee! Nix geht weiter!” Man erzählt mir von baldigen Geburtsterminen, anstehender Pensionierung, Nachbarschaftskonflikten. Ich habe zu alldem immer irgendwas zu sagen. Wir finden Bücher, ich verstecke sie hinter rosa-goldenem Papier und fühle mich dabei wie das Christkind höchstpersönlich. Einer nach dem anderen verschwinden alle wieder in das brausende Weiß. Und ich denke, ganz bei mir, dass es vor Weihnachten kaum einen schöneren Ort gibt als die Buchhandlung. Sie macht einen jeden ein wenig glücklicher in dem Wissen, andere glücklich zu machen. Ich bezweifle, dass Amazon den Austausch über das Schenken ermöglicht: Der Akt wird entpersonalisiert, sodass der Schenkende bei Erhalt des mobile TANs vergisst, dass er soeben geschenkt und nicht nur gekauft hat. Jedes Wiederkommen nach Hause erfreut es mich, dass meine Freunde nicht minder schräg sind als zuvor. Bei L.’s Punschfest kriecht einem der Gäste eine Schnecke mit Haus in Größe einer männlichen Faust über den Handrücken. “Sie braucht mehr Salat!”, ruft L. “Ist sie nicht toll? I. hat sie mir samt Terrarium zum Geburtstag geschenkt!” Mit J. mische ich die offizielle Weihnachtsfeier des Studienganges auf. Im Vorjahr war ich darum bemüht mich mit Alkohol über meine Trennung desselben Tages hinwegzutrösten, bis 4 vergaßen wir die Welt bei verdammt schlechter Musik eines bezahlten DJs. Nun trinken wir auf’s Wiedersehen und aus Tradition. Tradition ist vor Weihnachten besonders wesentlich und deswegen bereue ich alles am nächsten Morgen nur mäßig. Ich lerne neue Liebschaften kennen und iniziiere die obligatorische Sylvesterdiskussion. Flanierend durch die surrealistische Technoumgebung des Museumsquartiers freue ich mich darüber, dass S. roten Humus noch immer genüsslicher nascht als irgendjemand sonst. Dass sich manche Dinge eben nie ändern. Und doch hat A. nun Zwillinge, die sich auf Weihnachten freuen, falls man sich mit dieser Körpergröße schon auf etwas freut. Schräg, aber verdammt schön. Wie jedes Jahr hole ich den Baum mit P. aus Niederösterreich. Die Kundenweihnachtsfeier ist mit seinen Feuerkörben, der Christbaumauswahl, der Kapelle, eisernem See und Buffet vom nahen Haubenlokal eine meiner großen Freuden vor Weihnachten. Am Heimweg fragt P. wann ich aus Zentralamerika käme und ob ich dann bliebe. Ich weiß es nicht und freue mich auf das Schmücken des Baumes. Später skype ich mit R.: “You look a lot happier. Must be Vienna.” M. trägt den Weihnachtsbaum vom Balkon in die Wohnung, er ist in seinem Wasserkübel fest gefroren. Das Eis um den Tannenbaumstumpf schmilzt nur langsam. Ich lehne mich an die Heizung, aus Tivoli trällert Norah Jones. Der Weihnachtsabend selbst ist selten repräsentativ für das Wilde, welches jeder Vorfreude inne wohnt. Weihnachten ist still. Die Wohnung durchflutet mit Kerzenlicht, wie Zuflucht nach Wochen zelebrierter Hektik. Ich hoffe ihr hattet besinnliche Weihnachten, wo auch immer ihr seid.
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Danke, Dublin.
Eine Sonntagsgeschichte vom Erinnern
Die Grafton Street ist hell – für kleine Straßen genügen kleine Lichterketten um Passanten, Touristen und Bewohnern ein Gefühl von Weihnachten zu geben. Kleine Straßen, das kleine Dublin, das noch kleinere Blackrock… Erinnerungen sind größer als Orte. Jeder Ort, den ich verlasse um am Graben die noch größeren Weihnachtslichter zu bewundern – jedes Jahr erstaunter – all diese Orte lösen etwas in mir aus. Orte und deren Menschen, wie auch Besucher, sie machen uns aus. An diesem Samstag Abend packe ich all die Erinnerungen in meinen Koffer. Sie sind schwerelos. Im November vergeht kein Wochenende ohne Menschen, die Reiselust mit Tatendrang planen. Im Oktober werde ich der Whatsapp Gruppe „Mit L. erleben“ hinzugefügt: „Liebe L., C. und G. wollen auf Besuch kommen.“ Und dann will auch noch C.2 auf Besuch kommen, gleiches Wochenende, anderer Abflughafen. Rowanbyrn wird zur WG meiner Träume. Obwohl C.2 „Blackrock rocks“ tendenziell nur sarkastisch meint: Zu wenig Glamour, zu wenige harte Parties. Jedoch instagramt sie wie immer verblüffende Schönheit in jeden Ausschnitt des Lebens. Und solange es in der Nähe einen Urban Outfitters gibt ist alles andere nebensächlich. Alle drei vollkommen unterschiedlich in Träumen, Werten und Anschauungen machen sie Dublin an diesem Wochenende komplett für mich. Freunde sind wohl die Menschen, die mir nahe bleiben auch wenn wir fern sind. Bei Pints sind wir uns noch näher. Oder wenn gemeinsames Risotto in Rowanbyrn das Haus zum Zuhause machen ��� selbst als Gruppenarbeit mit Mitbewohnerinnen mich schwören lässt Privat- und Unileben nie wieder zu verknüpfen. G. und C. zeigen was wirklich wichtig ist im Leben: Gutes Bier und der European Songcontest. Ich habe gepackt, es ist 1.30 nachts, in zwei Stunden sollte ich auf dem Weg zum Flughafen sein. Der Koffer wirkt leichter als er sein sollte. Ich suche in meinem leeren Zimmer nach Dingen, die ich vergessen haben könnte, aber alles bleibt seltsam leer. In einer Flasche Drumlin Irish Pale Ale verliert die letzte Lilie von ehemals vier ihre Blütenblätter. R. bringt die Lilien als er Dublin verlässt. Zuvor erkunden wir noch mehr Dublin – bis ich stolz behaupten kann diese Stadt zu kennen. Ihre Geschichte lasse ich mir bei Free Walking Tours erzählen, das Jail vermittelt die Brutalität vergangener Zeiten, ein altes Hospital die Kunst der Moderne. Wir lernen sogar Hirsche kennen. Wir mögen einander. An diesen Tagen haben sich die Lilien noch nicht geöffnet und sie blühen auch nicht als E. aus Rotterdam norditaliensche Gemütlichkeit nach Dublin bringt. An den Tagen, an denen er sich nicht auf besitzlose Roadtrips begibt, schauen wir Gilmore Girls exzessiv. Kochen kann E. auch, auch er dürfte hier einziehen. Als ich nach Nijmegen fliege weil ich Sinter Klaas treffen möchte stelle ich meine IPA Bierflaschen mit Lilien in die Küche. Ich sehe das als Sieg über meinen eigenen Stolz. Schönes mit Menschen teilen, die Gruppenarbeiten eskalieren lassen? E. ist dagegen, ich bewundere meine innere Größe mit Amusement. Der holländische Nikolo sieht das wohl ähnlich und belohnt mich mit wunderbaren Gedichten. Schokoladebuchstaben, die so dick sind, dass man sie kaum essen kann. Pfefferkuchen und glitzernde Prachtstücke. Als ich bei R.‘s Sinter Klaas Familienessen in die Runde blicke frage ich mich, wie man eine Familie mit so vielen Burschen aus finanzieller Sicht ernähren konnte. Ich stelle mir vor, wie es gewesen wäre einen Bruder zu haben. Den männlichen Mops bräuchte ich weniger. Endlich, als ich nach Dublin zurückkomme, blühen meine Lillies in voller Pracht für mich und verschönern meine Prüfungsvorbereitung. Entlang der Grafton Street wirken all diese Erinnerungen so vage – war das Gras hier wirklich so grün im September? An der Dingle Halbinsel, hat mich der Wind beinahe verweht? Ist Konfliktmanagement tatsächlich schier unmöglich wenn man selbst involviert ist? Habe ich begonnen dieses dunkle Bier zu mögen? Im TTT, Universitätsstammpub, umarme ich einen jeden. Wir sehen einander. Ich koche Spaghetti um 2.07, kann vor lauter Erinnern nicht schlafen und mache mich in einer Stunde auf den Weg, wo ein Passant mir und meinem Koffer „Happy holidays“ wünschen wird. Danke, Dublin.
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Nijminburgh
Eine Sonntagsgeschichte am Morgen Ich hebe ab, ich fliege, und da alle Sitzplätze neben mir unbesetzt geblieben sind, kann ich meine Nase an die Fensterscheibe drücken. Die Ehrenrunde über das nächtliche Edinburgh ist ein Geschenk des Piloten. Ich staune, wie klein die rot beleuchtete Burg nun wirkt, wie der Hügel Arthur’s Seat als dunkler Fleck im Lichtermeer liegt und wie schnell wir über die Britannia hinweg all das hinter uns lassen. Ich fliege nun oft - zurück nach Nijmegen, hinüber nach Edinburgh. Im Flugzeug steht dann die Zeit jeweils still. In Nijmegen bleibt alles beim Alten und es ist gut so. Die besten Freunde gehen weiterhin regelmäßig metaphorische Pferde stehlen, immer noch machen Essenseinkäufe nirgends mehr Spaß als am Samstagsmarkt. Der Türke erkennnt mich über Cashews und getrocknete Feigen hinweg nicht mehr, worüber ich mich mit Bier hinweg tröste. Und mit Monchou Tart, niederländische Geilheit in Kuchenform. Nach einigen Monaten Ruhephase bin ich durch meinen Besuch auch wieder zu meinen Laufschuhen zurückgekehrt, die Achillessehne rebelliert nun nicht mehr. Nach 2 Tagen Nebelsuppe folgen 3 Tage mit 20 Grad und Sonnenschein, an denen R. und ich den Neubrückenbau ausforschen und uns als Teil eines industrial design Gesamtkunstwerkes fühlen. Abends freuen wir uns bei “Motorcycle Diaries“, der spanischen Teil-Biographie von Che Guevara, auf Zentralamerika. Ja, im Jänner geht es über den Ozean. Die Bildung von Ideologie während Reisen ist im Film authentisch dokumentiert. Am liebsten würden auch wir Motorrad fahren. Wiedersehen mit C. macht Freude. Für sie ist Familienzeit, gemeinsam mit mir werden Restaurants erkundet. Ich erkläre, dass Österreich, anders als Frankreich, potenziellen Weinexport selbst säuft. In “Flores”, benannt nach der einzigen Liebe des Besitzers, tragischerweise vor kurzem entschwunden, findet Vater M. Riesling. Dass Südtirol nicht Teil meines Landes ist, erzähle ich nicht. Er freut sich viel zu sehr mir ein Gefühl von Zuhause zu geben. Und das schafft er ohnehin. Später treffen wir den gesamten Freundeskreis. Es kommt, wie es manchmal kommt: D., eher anstrengend, presst mir sein Bierglas an die Lippen. Der Kohlensäuregehalt wird zu viel, ich entscheide mich für Gegenangriff und pruste. Während D.’s Gesicht das Ziel meines Angriffs ist, entleert sich das Rotweinglas in meiner Hand über C.’s weißem Shirt. Zeitnah verbringe ich aber auch textile Wunder. M.’s Geburtstag kommt näher und von Concept Store zu Concept Store laufend, R. im Schlepptau, finde ich schließlich die ultimative Kombination aus Petrol und Flausch. Ab in’s Packerl und nach Wien! Auch wenn Halloween in Holland, anders als in Irland, nicht traditionsreich zelebriert wird, dieses Jahr war besonders. Zur Vorbereitung auf Edinburgh am 5. November beschließen R. und ich V for Vendetta anzusehen - die Geschichte vom Anschlagsversuch auf das UK Parlament, relevant für unsere Zeit. Hauptakteur: Die symbolträchtige “Idee” als Mann hinter einer Maske. Der Film gruselt mich. Als ich später Zähne putzend in’s Zimmer spaziere, steht da plötzlich Mann mit Vendetta Maske. Ich kann nicht mehr zu schreien aufhören. In R.’s Whatsapp Housechat wird klar, dass nun alle wach sind. Als ich zum Schreckweinen aufhöre, kann ich nicht mehr aufhören zu lachen. Der 5. November geht in Edinburgh’s monarchischen Zügen unter. Ein kleines Feuerwerk hier und da, die sind es nicht wert sich am Hügel nahe der Burg Frostbeulen zu holen. Entlang der beleuchteten hohen Fassaden des Imperialismus schlendern wir in unser Hotel, das an sich schon royal ist. Die dunklen Holzmöbel, die Ornamente der hellblauen Tapete... Herzkönig und ich schwelgen im Glück. Und trinken Prosecco auf Guy Fauwkes, der geht sogar auf’s Hotel. Am Vortag in die Suite geführt, deren viele Zimmer wir kaum zu nutzen gewusst hätten, denkt das aufsperrende Ehepaar zuerst, wir hätten uns eingeschlichen. Das Missverständnis wird mit Sprudel beglichen. Cheers, Fauwkes! Es ist kalt geworden. Am Arthur’s Seat bläst es Eiseswind entgegen. Unter uns liegt Edinburgh wie ein nordisches Lissabon oder pompöseres Salzburg. Zwischen Palast- und Burgbesuchen wärmen wir uns regelmäßig bei Tee und Kuchen in der Fruitmarket Gallery auf. Ja, innerhalb von 2 Tagen haben wir bereits unser Stammcafé gefunden. Kurzurlaube wirken wie eine Ewigkeit. Während Nijmegen’s Gemütlichkeit mir ein Gefühl der Zeitlosigkeit gibt, sind die Impressionen in Edinburgh so vielschichtig, dass ich nicht ausmachen kann, ob ich eine Woche hier war oder wenige Stunden. Ist aber auch nicht wichtig: Es war eine wunderschöne Zeit.
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Es geht hier mit linken Dingen zu.
Eine Sonntagsgeschichte bei Cappuchino Wolken scheinen am Morgen nirgends derartig rosa zu sein wie nahe dem Meer. Manchmal verirren sich Möwen den Hügel hinauf, die meiste Zeit muss ich ihnen aber selbst am Weg hinunter nach Blackrock einen Besuch abstatten. Ebenso wie dickflüssiger heißer Schoki beim Blackrock Market, die mit echten Italienern am besten schmeckt. Oder niederländischen Sugarknights, denen für den nächsten Zuckerschock kein Weg zu weit ist. In der Nacht, im Dart von Dublin nach Hause, spiegeln sich Voll- und Halbmonde in den Wellen und bewegen in Wolkenformationen mein Verständnis für Vergänglichkeit. Während sich einige hier nach Großstadtgeflüster sehnen, das ihnen im kommenden Jahr Londoner Investmentbanken versprechen, sind für mich die 20 Minuten Bahnfahrt entlang des Meeres und hinaus aus der Stadt bereits Zuhause. Ich habe, entdeckerisch wie ich bin, nun eben doch schon manchmal die Großstadt besucht. Die ist nicht groß. Nicht einmal die Google European Headquarters scheinen richtig groß, einfach weil es ihnen an Höhe fehlt. In ihrer Weitläufigkeit sind sie ein Spielplatz für Erwachsene - ich schaukle auf einem der Flachdächer und nasche free Cashews. Das ultimative Paradies für Verwirklichung der einen erscheint anderen als Gefängnis. Ich fühle mich erstaunlich unbetroffen - aus HR Perspektive sind in den Wohlfühlfaktoren allerdings viele strukturelle Vorteile verborgen. Persönlich bin ich mir sicher, dass es einzigartig wäre, mit dermaßen vielen Gleichgesinnten zu arbeiten. Der Altersschnitt und die Offenherzigkeit der Googler erinnert an Uni. Und wenn schon im Ausland arbeiten, warum dann nicht wo Freunde mit in die Compensations gepackt werden? Über all das und mehr diskutieren wir in Pubs, die bis 31. Oktober ihren Gruselfaktor kollektiv erhöhen. Zwischen all den Spinnweben laufe ich bald mal in Wiener Unikollegen, die nun eben quasi in Google wohnen. Diese Stadt gibt nur vor eine Großstadt zu sein. Auch Uni stellt keinen Großaufwand dar. Deswegen wagen wir uns in den Linksverkehr. Links legen wir unglaubliche Strecken quer durch Nordirland zurück. Belohnt wird das mit strahlendem Sonnenschein am Giant’s Causeway, mehr kann man den irischen Wettergöttern kaum abverlangen. Links geht es weiter zur Rope Bridge, zu fortgeschrittener Uhrzeit bereits geschlossen, da Iren mit jedem Teil Natur Geld machen. Aber eben nur innerhalb der Öffnungszeiten. Man sieht die Hängebrücke im Abendlicht, Kliffs und Inseln umgeben sie, es ist einfach schön. Links gelangen wir auch zu den Dark Hedges. An dieser Stelle sein angemerkt, dass die Dark Hedges, zu Ruhm durch “Game of Thrones” gelangt, der einzige Ort sind, für den A. sich tatsächlich begeistert. Ansonsten ist nämlich alle Auto Insassen erstaunlich wunschlos. Aber die Dark Hedges, die müssen sein. A. ist also voll Vorfreude als die Dämmerung die Stimmung perfektioniert, pirscht los. Auf eine Dame mit nordirischem Starkakzent zu. Wir verstehen, es wird “Transformers” gedreht. Ich habe selten eine derartige Mischung aus Wut und Traurigkeit, im Versuch die Enttäuschung auf die leichte Schulter zu nehmen, erlebt. Und weiß bereits jetzt, wer eine Social Media Kampagne gegen den Film zu seiner Zuständigkeit zählen wird. Links kommen wir nach Belfast und rechts im Bett schläft R. dann wie ein Stein. Links im Auto geht mein Temperament erstaunlich hoch, wenn man bedenkt, dass meine eigene Fahrtauglichkeit in Frage gestellt werden könnte. Mein aufgeschürftes Kinn durch Fahrradfall (links) zwischen Pub und Heimat ist noch immer minimal sichtbar. In Belfast glätten sich jedenfalls die Fahrstil-generierten Wogen. Ausgerechnet in Belfast, repräsentativ für unbegreifbaren Tumult und “troubles”. Weniger industriell und charmanter als erwartet verbringen wir Stunden bei Live Musik im George’s Food Market. Sind eins mit dem Gitarrenspiel, der Welt und einander. Vor lauter selbstverschuldeter Romantik habe ich es nicht in’s Titanic Museum geschafft. Und obwohl sich Dartfahren stark nach Heimkommen anfühlt, sind Flüge in die Niederlande noch einmal mehr “Zuhauser”. Ich nippe in diesem Moment an meinem Cappuchino am Nijmeegse Marktplatz und freue mich gleichzeitig auf kommende Inselexpiditionen. Es gibt noch so viel zu erkunden und die Zeit wird immer knapper bevor es am 11. Dezember in’s vorweihnachtliche Wien zurückgeht, das zu dieser Jahreszeit wohl selbst für Fremde wie Heimat wirken mag.
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Irische Impressionen in Textform
Sonntagsgeschichte am Montag Es liegt eine Form von Gewaltigkeit in diesem Land, welche die Bewohner in ihrer Art auf ein Minimum zu reduzieren verstehen. Wer sucht denn auch nach hübsch. Hübsch ist das nett von damals, wer hübsch will soll nach Sardinien. In Irland gibt es aufbrausend, faszinierend, bewegend. Das Schöne erkennt man dann, wenn man vom Pier in Dún Laoghaire zurück zu Hause die Fotos sieht, die geschossen wurden, während der Wind an der Kleidung zog. Dún Laoghaire sollte jedem seit “PS. I love you” ein Begriff sein und liegt eine halbe Fahrradstunde weit von Blackrock entfernt, wo sich unser Haus und der Campus befinden. Im Vorgarten blüht Verschiedenes, im hinteren Teil des Gartens ranken sich Rosen entlang Metall und bilden ein Tor. Die Küche ist so groß, dass sie sich durch ihre Nähe zu den Kühlschränken als Wohnzimmer anbietet. Billy, verwirrter, liebenswerter Pensionist hätte sich vor einigen Jahrzehnten nicht träumen lassen, dass die Immobilienpreise in Dublin den Wert des linken Doppelhaus Bereichs und damit seine Rente derartig aufbessern würden. Er meint es jedoch vergleichsweise gut mit uns, jedem sein Fahrrad, für ihn selbst eine Zigarre und die Sonntagszeitung. Schweigend und glücklich genießen wir die Oktobersonne im Garten. Die Nachbarn sind solche, die man sich wünscht, in der gesamten Straße. Ich habe einen Freund gefunden, dem ich regelmäßig Bälle zuwerfe. Als wir Roadtrip 1 starteten, hat er sich kaum vom Beifahrersitz bewegt. Die Besitzer dieses Freundes erzählen, ihr Sohn würde auch in Wien wohnen. Nebenbei erwähnen sie, der Sohn führt das Charlie P’s. Es freut mich, wie klein diese schöne Welt ist. Seit der einwöchige Einführungskurs sein Ende fand und ich gewissermaßen Windelexpertin wurde, ist auch im Unikreis mehr als genug geschehen. Das musste nämlich erst mal verdaut werden: Wir entwerfen hier smart connected Windeln, die Eltern über Sensoren betreffend der Ausscheidungen Gesundheitsinformationen zukommen lassen. Wenn ich an die Zukunft denke, graust mir ein wenig. Am Abend der Präsentation zu besagten Windeln werfen sich die Stereotype selbst über Bord. Classy während Abendessen auf einem Boot. Beispielsweise weil Pakistanis wider Erwarten Getränke ausgeben. Smalltalk schweigt manchmal - wir sprechen über die Reinterpretation von Religion. Ein anderer begann in Korea eine Karriere als professioneller Computerspieler und setzt heute auf den Wert von Jugendfußballspielern. Da viele anderswo aufwuchsen als die Staatsbürgerschaft verrät, verläuft das meiste klischeelos. Am nächsten Tag gibt es bei einer Brauereitour in Kilkenny Smithwick’s zum Frühstück. Falls ich davor daran gezweifelt habe - ich bin in Irland angekommen. Erstaunlich ist, wie unkompliziert sich Irland zeigt. Einerseits liegt es am wiederholt ähnlichen Ablauf des Einlebens. Man braucht eine Simkarte und einen Öffi Ausweis. Essig und Öl. Eine Pflanze steht bereits im Zimmer. Die alternative Erklärung ist das Glück, dieses Haus gefunden zu haben, nahe allem, was hier wichtig ist und mit den genau richtigen Mitbewohnerinnen. Da ist I., hart aber herzlich, wie unsere Deutschen Nachbarn sind. Ich bewundere sie für die unkomplizierte Art, über das Leben zu denken. A., deren oberösterreichischer Akzent sich nach zu Hause anfühlt und die mit ihren ständigen Trips zwei Semester in eines packt. Und M., die jedem Moment einen französisch südländischen Charme einhaucht und Herzen höher schlagen lässt. Man halte fest: Ich fühle mich wohl. Inzwischen waren auch bereits Besucher zugegen: Auf meiner durchhängenden Matratze schlafen R. und M., zeitversetzt. Wir bewandern Klippen, trinken heiße Schoki mit Marshmallows. Fahren links, drehen uns im Wind. Die Route, welche ich mit M. zurücklege, kann sich sehen lassen: Von Dublin geht es nach Galway. Es liegt verschlafen am Ozean. Die Cliffs of Moher gleich am nächsten Tag. Der Sonnenspaziergang entlang der Klippen bleibt Teil meiner Phantasie. Der Regen peitscht uns entgegen, bis uns selbst durch die dicksten Wolken einige Sonnenstrahlen erreichen. Am längsten Strand Irlands kann ich mich gegen den Wind lehnen, ohne zu fallen. Kilkee begrüßt uns wie eine Geisterstadt am Meer und die untergehende Sonne lässt die bunten, verlassenen Häuser leuchten. Der Ring of Kerry meint es gut mit uns. Der Morgen weckt uns zwar mit Regenströmen und M. meint, das sind ja alles Hügel, das ist ja kein Wandern. Gegen Abend freut sie sich dermaßen an den Eindrücken der regenlosen Seenlandschaft, dass sie nach Irish Stew und Rotwein alle Songs im Pub mitsingt. Ein Beispiel gelungener Integration. So kommt es, dass ich viele Klippen, aber kaum etwas von der Hauptstadt gesehen habe. Nun ja, das Integrationsprojekt läuft ja noch bis Weihnachten. Und bis dahin schwebt in jedem Tag ein Hauch Gewaltigkeit - wer es nicht glaubt komme um zu erleben.
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Juni- und Augustmorgen
Erste Sonntagsgeschichte aus Dublin
Als ich an einem Morgen Ende Juni die Augen aufschlage, habe ich Kopfweh. Nein, am Vorabend war weder ein WM Spiel, noch einer jeder Abende, an denen ich in der Dorfbar Club 119 mit Drinks versorgt werde. Dieser Morgen beginnt mit gestern, dem Semesterende.
Dass ein wirklich schlimmer Morgen mit Semesterende beginnt war schon immer so. Denn ab dann habe ich das Gefühl zu fliegen. Am höchsten bin ich geflogen als die Matura geschafft war. Ich wurde zur passionierten Abenteurerin und erklomm noch in der Nacht nach der mündlichen Prüfung die Maria Theresia Statue zwischen natur- und kunsthistorischem Museum. In Bachelorzeiten war es dann nie so, als hätte man nicht dauernd etwas zu lernen gehabt. Und trotzdem waren die Parties Ende Juni die befreiendsten. So ist es noch heute. Ganz gleich, ob meine Thesis nun Aufwind hat oder sich im freien Fall befindet. Warum nun plötzlich Hypothesen gelten, die sich nicht aufstellen lassen, soll mir erst mal jemand erklären. Das schöne ist aber: An diesem Juni Morgen ist mir das egal.
Es liegt an gestern. Wir haben nicht nur auf einem Boot an der Donau bis zum Morgengrauen getanzt, nein, als die Sonne aufging wurde geschwommen weil es nichts zu verlieren gibt außer die Unterwäsche. Ende Juni hat man nichts zu verlieren außer Höschen, Schlaf, ein wenig Kontrolle, flüchtige Blicke auf Glühwürmchen und den Erdbeermond.
In Wahrheit wünsche ich mir an diesem Morgen, dass die Zeit still steht.
Als ich an einem Morgen Ende August die Augen aufschlage ist es sieben. Neun Stunden Schlaf für die Schönheit, denke ich und kuschle mich ein. Ich erinnere mich von Sex geträumt zu haben und lasse meine Gedanken kreisen. Als ich später die steilen Treppen hinunter steige, dringt sanftes Licht durch die Vorhänge, hinter ihnen schreibt der Wind Wellen ins graue Wasser. Das Schilf rauscht, die Cafémaschine funktioniert.
Bis Mittwoch ist noch viel zu tun. Ich frage mich, was ich eigentlich den Sommer über getan habe. Auslandsaufenthalte, die in drei Tagen beginnen, schaffen es doch immer als Überraschungen aufzutreten.
Da war meine Thesis. Anstatt mit literarischer Kreativität bearbeite ich sie die längste Zeit mit einem Perfektionismus, der in den Niederlanden herrschende Normalität ist. Jedoch werden dort StudentInnen im Schreibprozess insofern unterstützt, als dass nicht nur aufkommende Fragen beantwortet, sondern die bearbeiteten Kapitel in regelmäßigen Abständen korrekturgelesen werden. Dem personenübergreifenden Verständnis zu Liebe. Fehlende Abstimmung macht den Schreibprozess zu allem, nur nicht Zuckerschlecken. Zumindest gibt es Signifikantes. Wenn in Mission Statements der Deutschen Bank wenige Stakeholder Gruppen erwähnt werden, sitzen mehr Investment Banker im Vorstand und die sind internationaler. Heureka!
Von dieser Signifikanz nehme ich regelmäßig Abstand. In Berlin, wo Freundschaften auf verlassenen Flughäfen gelebt werden. Wo man mit dem Fahrrad durch Stadtviertel flitzt, die das Berlin aus den Filmen von Schwaighöfer wiederspiegeln: Weitab vom Checkpoint und hin zu russischen Dankmälern, Techno am Nachmittag und allem was Hipster meinen gerne zu essen.
Während meiner zehnstündigen Fahrt vom Home an der Spree nach Nijmegen verschaffe ich mir Kurzweiligkeit durch Juli Zeh. „Unterleuten“ spielt wo ich gerade war, und das gefällt mir. In der Brutalität des scheinbaren Berliner Vorortidylls vergiftet gegen Ende der Bürgermeister sein Dorf, indem er sich in dessen Trinkwasserbrunnen hinrichtet, was Monate unbemerkt bleibt. Ich bebe.
In Nijmegen umarmen mich lange Nächte und laute Musik. Es ist die Zeit der Vierdaagse. Aus einem jeden schleierhaften Gründen marschieren Militär und Freiwillige vier Tage um die Stadt. Der Rest trägt zur Unterstützung zeitweise pink und macht vor allem Party. Ich mache also Party. Als beim Van Hondt Konzert die orange Nation mit Baumästen aller Art erscheint weiß ich, ich bin im richtigen Film. Ein Staubsaugerschlauch rotiert durch die heiße Luft.
Im August erkennt R., dass Österreichische Seen auch blau sein können. Es geht vom Neusiedler- an den Attersee. Er erfreut sich an der Tatsache und Dirndln. P. gibt sich erstaunlich viel Mühe in der familiären Interaktion. Dass dessen Freundin nach R.‘s Schuhgröße fragt um ihm Socken zu stricken ist vermutlich auch als Kompliment zu verstehen. Die schönsten Komplimente gibt es aber von Seiten der Berge, aus denen jede Nacht ein beinahe voller Mond dringt und welche tagsüber gleißend bestrahlt werden.
Als Kind konnte ich nie verstehen, weswegen alle so viel zu tun haben. Heute vermisse ich meine eigene Langeweile. Alles geht ein wenig zu schnell und gäbe man mir ein Monat mehr an Sommer, wüsste ich mir viele Arten die Zeit zu vertreiben. Stattdessen holen mich meine Entscheidungen oft ein. Das ist aber auch gut so, ich habe sie nämlich getroffen. Dublin holt mich ein, und ist der Ort, an dem ich am Morgen des elften September aus dem Fenster schaue und mich frage, was heute wohl erlebt wird.
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Gebraucht
Eine Sonntagsgeschichte am Samstag
Gestern Nachmittag, 2. Geschoß der Bahn an den Neusiedersee, Flecken von Mohn-Kornfeld, in saftiges Grün getaucht, ziehen an den Scheiben vorbei, ich stelle mir vor darin zu versinken. Und mir brennen die Finger – es möchte verarbeitet werden, was erlebt wurde. Doch nachdem mein Fokus auf das Erreichen des Zuges gesetzt wurde fließt im Wiesel immer noch alles Blut in meinen Muskeln. Vor allem seit ich weiß, dass ein publizierter Artikel auf neuerleben von 40 LeserInnen aufgerufen wird steigt gewissermaßen der Druck keinen Schrott zu produzieren. Ist allerdings auch auf diese Weise nicht einschätzbar, viele Menschen stehen bekanntlich auf Schrott. Allein diejenigen, welche Nachrichten schreiben um sich für schöne bis amüsante Texte zu bedanken, verschaffen Klarheit und verzücken mich. Analytics auch, das Internet weiß eben doch alles – ich zeitweise auch. Tatsächlich interessieren würde mich aber, warum ich 5 Leser aus einem kleinen englischen Dorf beglücke. Sprecht ihr meine Sprache?
Analytics trackt also fleißig, gemeinsam mit R. glaube ich manchmal an Quantitatives. Währenddessen ist allerdings Österreich bei Wahl des wichtigsten politischen Amtes länger denn je in der Luft gehangen, keiner wusste was tun mit den Quoten. Ich bin als Gewinnerin aus dem Wahlmontag ausgestiegen – in der Hofburg ein großartiger Repräsentant (VAN DER weckt Hoffnung auf Speedtrains nach Nijmegen) und für mich ein gratis Cocktail. Die Gemüter waren erhitzt genug, dass gewettet wurde. Und nicht einmal dann hat mein Wettpartner seine Chancen auf White Russian erhöht. In meiner direkten Umgebung herrschte dann manchmal trotzdem dicke Luft, nein, wir teilen uns mit Blau-WählerInnen nicht den Blick auf den See. Ich brauche überzeugende, weitsichtige Statements um meine Stimme zu geben, Verständnis für Weltgeschehen. Doch was brauchen 50% meines Landes?
Gerade diese Thematik, welche mir in ihrer Schwere zu gewissem Grad zum Hals hinaus hängt, wird dann zur gleichen Zeit in einem Theaterstück von Playground unterbreitet. Auf dermaßen gelungene Weise, dass Erfolg die Schwere erträglich macht. Die leer stehende Fabrik im Süden Wiens will gefunden werden. Es ist noch hell, gleißendes Abendlicht durchflutet die Leere, wir betreten eine andere Welt. Leerstehendes wirkt immer einsamer, als wäre dort nie etwas entstanden. Es liegt etwas in der Luft, meint einer, es war einmal eine Sargfabrik, ein anderer. Die Inszenierung selbst schaukelt mir Sorgen bezüglich Zuwanderung und Rechtsradikalismus entgegen. Als ich später auf einer der Schaukeln in die verrauchten Lüfte des Gebäudes fliege hält einer der Schauspieler meinen Spritzer. Selbst Flüchtling – während des Stücks war ich mir unsicher. Ich fliege über ihn und seine hübsche Freundin hinweg, während sie ihn innig küsst. In diesem Moment denke ich, dass es wohl manchmal am schwierigsten sein muss, sich selbst zu spielen.
Anders vor einer Woche, als ich mich als Billaverkäuferin ausgebe. Die JuristInnen um mich, welche soeben die letzte Prüfung ihres Lebens hinter sich gebracht haben, ändern ihren Umgang mir gegenüber merklich: Juristische Fragen, die ich im Zusammenhang mit ihren Gesprächen auch sonst gestellt hätte, wurden mal mit größerer Fürsorge, mal beinahe abwinkend beantwortet. Mein eigentliches Ziel, weniger von Recht zu sprechen, sondern rechtmäßig eine Hammerparty zu feiern, erreichte ich aber auch trotz geänderter Berufung nicht. Der Erfolg meiner Schauspielerei hält sich in engen Grenzen. Ich werde es mal mit Rollenspiel versuchen und mich ansonsten den schönen Künsten einfach als Zuseherin widmen.
Zum Beispiel in einem Atelier am Friedrichshof, in welchem die Farben und Naturereignisse des Sees faszinierend auf Leinwänden eingefangen werden. Auf Gartenmessen zwischen Elfenbeintableaus vergangener Zeiten und fremder Länder sprechen wir über wenig Gott und viel Welt. Über R., nach dem man sich in meinem Freundeskreis erkundigt, seitdem gemeinsam Tiramisu gelöffelt wurde. Es ist das Wunderbarste, wenn jemand, der Verständnis bei jedem Augenaufschlag vermittelt, dann auch den Humor deiner Freunde teilt – selbst wenn er meistens weit weg ist. 2016 hat man das Gefühl angekommen zu sein, wenn man mehr Zeit auf Whatsapp chattet als sich deswegen einsam zu fühlen. Zuneigung wird aber eine Gratwanderung, wenn plötzlich Rivalinnen auftauchen, die eine Gehminute zu Fu�� wohnhaft sind, ich jedoch eine Flugstunde entfernt. Meine derzeitigen Kämpfe finden also derzeit vorrangig mental statt und bleiben in Chatfenstern immer zu einem Grad irreal. In derselben Minute, eine neue Nachricht, anderer Kontakt. Es geht um Treffen, die ich im Winter vereinbart habe, im Glauben, wir könnten Freunde sein. Die Betroffenheit auf der anderen Seite wird dann spürbar, wenn man schon viel gemeinsam erlebt hat. Zwischen jeder Zeile steht geschrieben: Schönes Leben, bitch. Im Kampf mit mir selbst schlucke ich, zu verlieren gibt es schon länger nichts mehr. Im wiederum ersten Chat wird ein Flug nach Wien gebucht. Das Selbstvertrauen schießt in die Venen und der Juni wird selbst durch die Sonnenbrille rosa. Genau das habe ich gebraucht. Bis morgen, Lovely.
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Spaßhaben
Sonntagsgeschichte nach der Prüfung
Und dann stehe ich diesem fremden Mädchen in der U-Bahn gegenüber, noch immer im Gefühl schwelgend, das man nach Prüfungen eben so hat. Freiheit, in gewissem Sinn. Irgendwann starre ich wohl. „Wir kennen uns nicht“, sagt sie und lächelt. „Aber von Bildern…“ Dann lachen wir. Ich habe dann wohl das erste Mal in meinem Leben die Ex-Freundin eines Verflossenen kennengelernt. Und dann, vergangenen Freitag, ist es dieser Korken, der jemandem bei einer Homeparty einfach in’s Gesicht ploppt. Und als dann auch J. plötzlich am gesamten Hemd Paradeiser hatte, armes Ding... Es fühlt sich so an, als hätte sich in letzter Zeit so viel getan, mit dem niemand rechnet. Nicht mal Faymann ist mit reinem Hemd davon gekommen.
Es kommt nämlich anscheinend wirklich meistens ganz anders und ich bin nicht ganz daran gewohnt. Vor allem mein Bauchgefühl muss sich mit Planlosigkeit erst anfreunden. Denn es fühlt sich eben verdammt gut an zu wissen, was als nächstes geschieht. Genau diese Sicherheit scheint sich aber aufzulösen, schon alleine deshalb, weil sich die Phasen bis zur nächsten Entscheidung verkürzen. Welche Ausbildung? Boom – Stabilität auf 4 Jahre. „Beinahe hast du dann wohl 5-Jahrespläne, hm?“, meinte man unlängst. Naja, nicht ganz so negativ. Doch auch die Menschen in meinem Umfeld treffen ihre Entscheidungen rascher und sie betreffen mich geschwinder. Korken und Paradeiser (wie auch Ex-Freundinnen) fliegen ebenso schneller durch die Luft.
M. nennt es meinen Selbstfindungstrip. Ist ja auch ein wiederkehrendes Phänomen. Im vergangenen Jahr, unterstes Geschoß im Studentenheim Galgenveld. Da war ich ja auch schon drauf und dran mich selbst zu finden. Auf Jobboards aller möglichen Websites. Mit Weinbegleitung. „Wanna go out? You won’t be inspired tonight anymore anyways.“ Beim Gedanken an C. als meine Mitbewohnerin empfinde ich tiefe Verbundenheit.
Die momentane Phase unterscheidet sich insofern gewaltig, als dass nicht notwendigerweise etwas gefunden werden muss. Insofern ist M. mit Selbstfindungstrip gar nicht so falsch, denn der Jobfindungstrip würde ja erst später starten. Es geht also vermutlich um mehr als eine Aufgabe.
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass wir in lauen Sommernächten länger plaudern, der Sommer ist angeblich im Anmarsch. Das spürt man nur selten, aber darüber muss man sich hinweg trösten. Und wenn wir einander dann mit Cocktails durch kalte Abende bringen, höre ich jenen, die vor der Erderwärmung schon kühlere Sommer erlebt haben, mit spitzen Ohren zu. Bin fasziniert darüber, dass 5-Jahrespläne nicht mehr zu funktionieren scheinen. Nein, ich meine auch nicht im ökonomischen Sinn. Über 50 scheint niemand getan zu haben, was mit 20 geplant wurde. Nicht einmal mit 30. Und diejenigen Dinge, welche heute am ehesten als bereichernd empfunden werden, wurden nicht geplant. An dieser Stelle darf meine Person erleichtert durchatmen.
Letzten Endes scheinen meine Interviewees bei Kerzenlicht und Mango-Rum-Mischungen eines gemein zu haben: Wofür sie sich auf ihrem Weg auch immer entschieden, es hat ihnen immer Spaß gemacht.
Mir ist Spaß als Ziel lange nicht genug erschienen. Mir gehen aber alle anderen Ideen aus. Und währenddessen sollte man niemals Gabeln in Paradeiser stecken. Niemals.
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Stadtfische
Eine Sonntagsgeschichte
Sonntage sind leise, das Zimmer schon hell. Der Rotwein von gestern macht den Morgen von heute nochmal gedämpfter. Auch kein blauer Himmel, der mich beim ersten Augenaufschlag mitten in diese Welt reißt. Auf Samtpfoten tapse ich zum Kühlschrank, du schläfst noch. Mit dem Shirt auf deinem Gesicht bestimmt noch länger. Das Erdbeertiramisu. Eines ist misslungen, behaupte ich halt mal so. Der Löffel gräbt sich in abenteuerliche Tiefen durch Biskottenschichten. Nie war ich glücklicher irgendetwas ansatzweise verhaut zu haben.
Wien hat in den vergangenen Wochen ganz besonders herzensliebe Besucher angezogen. Zumindest kann ich das in zwei Fällen schreiben, der Rest hat augenscheinlich wenig Gefühl für Raum und seinen eigenen Körper. In Großstädten bewegt man sich wie ein Fisch im Schwarm und Strom. Die meisten hier wachsen mit einem immanenten Fluss auf. Nur Touristen stehen immer im Weg. Deshalb manövriere ich die Herzenslieben ein wenig oder mehr. Zwischen Kokos Teespezialitäten, meinem Lieblingseisgeschäft und für mich neue Gassen meiner eigenen Stadt mit Stopps hindurch. In dem Wissen, dass ich an keinen anderen Ort besser passe trifft es mich wie ein Paukenschlag in’s Gesicht, wenn ich dann für eine Touristin gehalten werde.
Alles geschah am Stephansplatz. Ich wartete auf C., die sich neben akademischen Verpflichtungen in den Sommer 2011 zurückzuversetzen sehnt. Es war der Sommer gewesen, als meine belgischen Schulfreunde Wien mehr als unschuldig unsicher gemacht hatten. Nun hat sich das Leben wohl sehr verändert, wir nicht mehr bis 5 am Tanzen sondern sie um 8 im Konferenzsaal. C. kam jedenfalls nicht oder eben spät. Beinahe drohte mich der Wind zu verwehen als ich meinen Blick gemächlich über den Platz schweifen ließ, C. in Begleitung eines alten Professors, der immer wieder anzügliche Witze zu machen scheint. Was für… „Concert Tickets, Madame?“ Der Quasi-Mozart kam aus dem Nichts. Ich war entsetzt. Und demonstrierte mein Entsetzen in einer 10-minütigen Diskussion. Ich würde von Verkäufern, die mir in imperialistischer Manier Konzerte an Orten andrehen wollen, von denen ich noch nie gehört habe, nicht einmal Gratistickets annehmen. Und überhaupt habe ich im Musikverein und in der Oper schon Walzer getanzt. Ihre Perücke ist verrutscht, Sie Gockel.
Wirklich erstaunlich ist aber, dass du meinst, die Kellner wären freundlich. „Like everyone you speak to. I mean, maybe it’s you.“ Von freundlichem Wiener Servicepersonal höre ich erstmals. Während meines Praktikums meint sogar ein Kollege er meide Österreich als Urlaubsdestination seit er in einem Postbus in den Bergen offensichtlich mehr für ein Ticket zahlen musste als die anwesenden Einheimischen. Ich kann mir die Szenerie mit eben diesem hochrot wütenden Deutschen leider sogar bildlich gut vorstellen. Es stimmt in den vergangenen Tagen jedoch: Im Café K. lässt der charmante Kellner wartende Russen links liegen während wir sofort einen Tisch bekommen. Im Café S., nächste Liga, ist es einfach der schönste Tisch. „Alles für hübsche Damen“, meint das Café-Urgestein und trabt mit Sacher- und Esterhazy Torten an. An den hohen Fenstern beobachten wir Schneeflocken im freien Fall. Ende April.
Zwischen all den Tortenstücken habe ich nicht nur Schlagobers sondern auch etwas über mich (heraus) gefunden. Nämlich, dass es ganz wunderbar sein kann sich treiben zu lassen. Gemeinsam, ganz wie die Stadtfischchen, und ganz frei. Oft bin ich wahrscheinlich die einzige, die von sich selbst verlangt den perfekten Tourguide zu machen. Meine Umgebung ist schon mit geteilter Zeit zufrieden. Geteilte Zeit, geteilter Raum, in dieser Wohnung, vollkommen bewusst und glücklich nebeneinander leben. Wo jeder zeitweise macht wonach ihm der Sinn und Raum eben gerade steht. Weißt du, vor einigen Monaten habe ich genau das vermisst. Nun muss ich mich aber beinahe darauf konzentrieren ein solches Nebeneinander geschehen zu lassen. Und weißt du wie schön es sein kann mit dir zu schweigen?
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Herzblut
Eine Sonntagsgeschichte
Es ist die Zeit der Kurzärmligkeit. Ich habe mich auf Eiche Massiv, eindeutig P.’s Geschmack da beinahe in Form eines Throns gekuschelt, die Daunendecke macht sich gut darauf. Am Balkon gegenüber lächelt der Nachbar amüsiert. Es ist heute einfach ein Tag, an dem ich in Pyjamas bis 5 bestimmt bleibe. Die Avokado bewegt in Freude darüber ihre Blätter zittrig im Wind, eine Biene summt. Nackig würde Nachbarn wohl noch mehr freuen, aber so weit im Jahr sind wir noch nicht. Ruhig Blut. Das und viel mehr ist Wien Mitte April. Aus meinem Reisetagebuch fällt eine der Postkarten von Alt Frankfurt, schwarz-weiß Photographie, von welchen ich einige an meinen Wochenenden über der Grenze Richtung Niederlande oder Belgien als Dankeschön schrieb. Zuletzt an C., noch aus Schulzeiten die Belgierin, die mich immer willkommen hieß und heißt. Ich nehme diese letzte Karte der Sammlung und bedanke mich darauf bei Frankfurt – für alles, was es für mich war. Die Stadt war so viel mehr als Bankfurt, so viel mehr als ich mir erwartet hätte, so viel kürzer als ich geplant habe und so viel intensiver als ich es mir vorab von Praktika erhoffe. In jede Richtung. Ein klein wenig blutet mir auch das Herz.
Danke also, Frankfurt, danke allen, die dabei waren als ich mich vor Lachen kaum halten konnte und diejenigen, die mich gehalten haben, als ich nicht mehr aus noch ein wusste und man aus Bluttests auch nicht viel schlauer wurde. Es ist wunderbar, dass ihr mich, euch und das Leben nie allzu ernst nehmt. Vor allem dann nicht, wenn ihr mir Suppe kocht, die ich sofort über den Küchenboden schütte oder ich fiebrig „I love you“ murmle. Ernstnehmen hebt ihr euch für später bis nie auf. Und damit werdet ihr anstatt mir auf geniale Weise ansteckend. K., Ex-Wohnungsgeberin, nahm mich wohl doch ernst. Oder mein Putzverhalten bei Auszug während Krankheit. Dass mein Dachgeschoß unter gegebenen Umständen nicht blitzblank wurde weiß nun die gesamte airbnb Gemeinde. Dabei entrichtet man sogar eine Reinigungsgebühr, nicht wahr, K.? Es war wirklich das Gegenteil von verwüstet. Damit wäre das doch eigentlich geregelt. Wenn ich mal wieder in der DACH Region einen Schlafplatz brauche, übernachte ich dann wohl am Bahnhof. Life Goals. Aber eine andere Sache finde ich doch eigentlich bewegender. Mag der Gedanke auch irrational für die Zerdenker mit geringer Emotionalität sein: Welche Rolle spielt denn nun Psychosomatik? Inwiefern hat eine belastende Situation, auch wenn wir sie vordergründig nicht als solche begreifen, unterbewusst die Möglichkeit uns einfach mal samt unserer Leistung flach zu legen? Wenn ich mich umsehe, bin ich nicht die einzige, welche um solche Gedanken kaum herumkommt. In meiner Umgebung findet man gerade Lymphknoten in Größe von Pingpong Bällen und solche Menschen, die einen Umstand wie einen Schlag versetzt bekommen. Und dann gleich mal hospitalisiert werden. Inzwischen schlürft P. seit einer Woche Suppe. „Is halt scheiße manchmal“, und auch der ganze Rest lächelt über den eigenen Zustand. Natürlich mit Sorgen, aber die haben sie verdammt gut im Griff. Vielleicht, weil sie sich eben nicht immer alles zu Herzen nehmen. Es sei jedenfalls auch hier an dieser Stelle mit Herzblut geschrieben, dass ich diese Lebenseinstellungen bewundere und integrieren möchte. Mit wachsender Leichtigkeit, die ohnehin auch der Spätfrühling mit sich bringt. Während man sich in einer Ruster Jugendherberge vollkommen dessen bewusst ist, welch phantastische Truppe das Masterstudium mit sich gebracht hat. Oder während man amüsiert liest, dass ein Teil eben dieser sich samt Managern einer pumpenproduzierenden Gesellschaft mittwochs hier bei mir zum Abendessen einfinden wird. Während man dann einsieht, aufgeräumt gehört eh wieder mal (mit freundlichen Gedanken an Wohnungsgeberin K.). Während Aperolspritzer über Wiens Dächern geschlürft wird, bis die letzte Bim fährt. Und während ich Flachländler in die österreichische Bergwelt einführe, ganz bald. Wäre jedenfalls auch mit Herzblut. Und so.
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Me Time
Eine Sonntagsgeschichte, weil sich der heutige Tag nach Sonntag anfühlt Und hier sind wir nun angelangt, in Offenbach am Sofa, wo mich mein Körper zu Stillstand zwingt. Ein paar Mal täglich gibt mein Kopf simple Anweisungen: Durst/ Klo/ bissi Hunger. Dann sammle ich all meine mentalen Kräfte und richte meinen Muskelfasern die besten Wünsche meines Kopfes aus - und ach, es wäre freundlich, würdet ihr mich ein Stück weit tragen. Der Prozess zieht sich zeitweise ein wenig, gelingt tendenziell dann aber doch. Gerade bei Mitteilung n° 2 von Kopf an Muskeln ist das bedeutsam. Alles andere bleibt derweilen auf der Strecke: Das Dachgeschoß sieht nach Bombeneinschlag aus. Danke an dieser Stelle an A. aus dem sonntäglichen Blablacar von Belgien nach Frankfurt, der unverhohlen seinen grippalen Infekt mit all den Beifahrern teilte. Aber manchmal braucht eben dieser Körper Zeit für sich und seichte Berieselung aus meinem deutschen Standfernseher. Er ist perfekt. Immerzu finde ich einen anderen Kanal, welcher noch dümmere Sendungen wiedergeben würde. Ich entwickle mich zu einem großen Fan von Germany’s next Topmodel – zuerst noch am Stepper im Fitnesscenter, nun am Sofa mit einer Packung Kinderschoki. (Entschuldigung an dieser Stelle an M., welche mir schon in Kindertagen versuchte beizubringen, dass Übersäuerung des Körpers bei Krankheit schlicht deppat ist. Entschuldige auch, Körper, insofern als dass die empfundene Dissonanz beim Anblick von Modelfiguren und Mampfen von Schoko wohl einigermaßen beachtlich ist.) Um diesen Absatz abzuschließen: So dumm dreinblickenden Gesichtern sollte ich vermutlich nicht noch mehr Aufmerksamkeit schenken, als ihnen ohnehin schon in der gesamten DACH Region über Prosieben zukommt. Ab und zu schreit der Körper also nach me time. Und vor allem bei Krankheit fällt einem auf, dass man sich zum Zeitpunkt dieser aufgezwungenen me time in der Fremde befindet. Es fehlen Menschen, die einen ein wenig umsorgen, oder auch einfach nur umarmen. Das konnte ich dann meinen Kollegen nicht auch noch abverlangen, als sie meinten, zum Arzt mit Ihnen, sonst fallen Sie noch vom Sessel (oops, Stuhl). Es ist hinzuzufügen, dass in HR Abteilungen aufgrund der Vielzahl an Müttern hochqualifizierte Blicke Bakterien und Viren mit Lichtgeschwindigkeit identifizieren. Sehr verständnisvolle Mütter sind das, ebenso wie der Doktor. Ich war selten dankbarer über Pragmatismus: „Wissen Sie, durch die Admin der österreichischen Krankenversicherung kämpfe ich mich ungerne. Zehn Euro bar ist in Ordnung für Sie?“ In den letzten zwei Monaten in Frankfurt fragte ich mich aber auch immer häufiger, wieviel Zeit ich mir (und nur mir) in meinem sonstigen Alltag so schenke. Hier habe ich viel Zeit für mich: So viel, dass ich im ersten Monat alle Cafés von innen kennenlernte und im zweiten beschloss, noch mehr zu reisen und noch mehr Besuche zu empfangen. Insgesamt mache ich oft aber auch nichts, Druck verspüre ich beinahe nie. In Wien gibt es um einiges mehr an Verpflichtung und weniger me time. Irgendwas ist immer. Dessen wurde ich mir bewusst, als einige Fragen zu meinem Wiener Leben auf mich einprasselten: How would you spend your free time? With who? And where would you go, in summer, in winter? Where is going out best? And what’s the best pizza place with Greek music where they sell cake to you, two dogs and a friend? Als ich darüber sinnierte wusste ich, es würde wichtig werden, mir im Sommer wieder viel Zeit zu schenken. Für den See, das Hineinleben in den Tag und in die lauen Nächte, für Cocktails barfuß. Natürlich könntest du versuchen, dich auch dann beruflich wieder anders aufzustellen, aber kann das nicht vertagt werden? Warum sollst du immer funktionieren? Warum nicht wieder öfter darauf besinnen, tief durchzuatmen um die frei werdenden Kräfte in schwachen Momenten nutzen zu können? Damit es weniger oft der Körper ist, der dir sagt, jetzt mach mal halblang, Kleines.
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Jungwildfrei
Sonntagsgeschichte am Valentinstag Mit meinen Praktika verhält es sich folgendermaßen: Habe ich eines, sei es noch so spannend, überlege ich mir wieder neue, abweichende aber ergänzende Schritte. Dies geschieht nicht danach, sondern währenddessen und auch dann, wenn mir hervorragend gefällt, was sich mein Aufgabenbereich nennt. Wenn die Kollegen kaum netter sein könnten und die Stadt, abgesehen vom häufigen Regen, mir sehr zusagt. Auch in dem Moment trommelt er wild an die schrägen Fenster. Ich würde es nicht Angst nennen. Angst geht einher mit Beklemmung, einem gewissen Schmerz in der Brust oder im Bauchbereich. Eher würde ich sagen, ich empfinde Zurückhaltung. Immer dann, wenn das Leben sich konkretisiert. Du kennst nun den Job, kennst die entsprechende Verantwortung – willst du ihn lange? Herrje, alles nur keine Langfristigkeit! Ähnlich ist es tatsächlich auch mit Städten. Wien ist von allen die schönste und wird es auch bleiben. Weil kaum ein anderer Ort dermaßen zum Wohlfühlen einlädt. Nicht nur, weil es meine Heimat ist. Sondern wegen der Leichtigkeit, Gemütlichkeit und Gewohnheit, die bestimmt auch Ortsunkundige empfinden. Alles erzählt Geschichte, aber nichts ist herunter gekommen. Doch wenn ich länger als ein Jahr bleibe packt mich Ungeduld und hält mich wach, bis ich nicht einschlafen kann, weil das nächste Abenteuer wartet. Zu diesen Gedanken kommt noch etwas, das sich zwar nicht wichtiger, aber bedeutender anfühlt als Karriere oder Ortswechsel. Das Wir, das nach Definition fragt. Nach Definition fragt Wir auch wirklich nicht für jeden. Für mich jedenfalls nie. Teile ich mehr und mehr Zeit, so ist das interpretierbar, genauso wie ich anschaue, berühre. Wenn Blick nicht mehr, oder überhaupt niemals interpretiert werden konnte, herrscht dann doch nur verwässertes Verständnis, kaum Verständnis für mich. Und doch gibt es Situationen, in denen jemand verdeutlichen möchte, was gelebt wird. Was Wir ist. Dann versprüre ich schon eigentlich echt irgendwie bissi Angst. Im Bauch. Hab ich schon immer. Als mir in der Unterstufe M. ausrichtete, L. würde bei den Spinden auf mich warten weil er reden wolle, war ich zuerst geschmeichelt. Und hatte dann Angst und nein, „gehen will ich an dieser Stelle nicht mit dir“. Es wäre anders gewesen, hätten wir nach der Schule immer öfter und regelmäßiger dieselbe Richtung eingeschlagen, hätten wir zufällig nach einer Hand gegriffen, gelächelt und nie darüber gesprochen. Das konnte dann aber gar nicht mehr geschehen, als einmal Beziehung zu einander thematisiert wurde. Heute ist alles natürlich ganz anders. Wenn wir schmusen sind wir oft weiter weg von fix, als wenn nicht geschmust worden wäre. Wir spielen pragmatisch. Was sich allerdings nicht verändert hat, ist, dass sich mein Zugang zu Miteinander schlagartig verändert, wenn man es thematisieren muss. Es raubt mich meines kindlichen Verständnisses von Romantik, dem Verstehen, ohne Worte zu tauschen. Weil es mich unfrei fühlen lässt, auf der Basis von Wort und nicht Gefühl: Bedeutungsverlust geschieht im Moment der Aussprache. Eigentlich ist Zweisamkeit also beinahe unaussprechbar, vor allem aber nicht planbar. Genauso, wie eigentlich jedes Kompliment schon mal zuvor gemacht wurde - traurig, nicht? Folgendes beruhigt mich aber auf einfühlsame Weise: “Really, you are amazing. You shouldn’t be nervous about a thing.” Lesend weiß ich, dass irgendwann, viel später, die Jungwildfrei-Philosophie noch gilt. In Beziehungen, die Ausdruck durch Leben erfahren. Dass ich mich zu Jobs bekenne, wenn ich darin aufgehe, nicht wegen der mitgebrachten Kuchen zu Firmenjubiläen. Dass Städte zum Verweilen einladen, irgendwann, irgendwelche.
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