Hier gibt's mehr und mehr gut recherchierte Artikel über klassische US-Cars.
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Muscle Car Fieber!
Teil 1 – Pontiac
Von H.O. Meyer-Spelbrink
Nur eine kurze Epoche lang regierten heiße Reifen und brüllende Motoren Amerikas Straßen! Wir gehen zurück in die Zeit der legendären Muscle Cars, als ausnahmslos alle US-Autokonzerne regelrechte Billig-Rennwagen ab Werk verkauften!
Mit amerikanischen Autos verbindet man gemeinhin Chromschlitten, kitschig-luxuriöse Sofas, aber auch Hot Rods und wilde Customs. Und die meisten wissen, dass es unter den Corvetten, Camaros, Firebirds und Mustangs auch mal schnelle Kameraden gibt, die mit typischem V8-Gebrabbel ab und an gern schwarze Streifen auf dem Asphalt hinterlassen. Bisweilen taucht in diesem Zusammenhang der Begriff ”Muscle Cars“ auf, aber wie wir wissen, ist das meistens falsch! Denn die Muscle Cars waren etwas ganz Spezielles und Besonderes. Sie beherrschten Amerikas Straßen nur acht kurze Jahre lang, und sie verschwanden genauso schnell wieder, wie sie gekommen waren. Gut, in amerikanischen Büchern, die sich dem Thema Muscle Cars widmen, werden heute speziell motorisierte Firebird, Camaro, Mustang & Co. ebenso als solche behandelt und sogar recht seltene Power-Full Sizes. Das alles ist legitim und schafft einen guten Gesamt-Überblick. Wir aber wollen uns hier zunächst ausschließlich mit den sogenannten ”Original Muscle Cars“ beschäftigen. Ihr dürft gespannt sein!
Stock Car Tradition!
Anfang der 60er Jahre hatte sich die amerikanische Automobilindustrie tief im Super Stock Car Rennen und Dragracing engagiert. In Europa undenkbar, bevölkerten in den USA jedes Wochenende Zigtausende Menschen die Raceways, um auf den riesigen Stock Car Ovalen mit Coke, Beer und Chips in der Hand ihre Favoriten siegen (oder verlieren) zu sehen. Was auf den Rundkursen in stundenlanger Materialschlacht entschieden wurde, dauerte auf dem Dragstrip nur wenige Sekunden: die berühmten Beschleunigungs-Rennen, in den 30ern von den Kids illegal außerhalb der Städte begonnen, waren (und sind!) eine nicht wegzudenkende Sportveranstaltung, verziert mit brennendem Gummi und ohrenbetäubendem Lärm. Ob Stock Car Rennen oder die ”zahme“ Public Race Klasse auf dem Strip: bei den Fahrzeugen handelte es sich damals mitunter um lediglich technisch modifizierte Serien-Fahrzeuge. Hier wurden Legenden geboren wie die vom Chevy 409 oder vom Chrysler 413. Es war das erste Mal, dass man auf Detroits Fließbändern komplette Wettbewerbs-Fahrzeuge baute, auch wenn die Produktion mit Stückzahlen zwischen 10 und 40 Stück pro Jahr nicht sehr üppig ausfiel. In erster Linie reduzierte man gegenüber den Serienmodellen nur das Gewicht. Fast alle Firmen verwendeten Aluminium oder Kunststoff für Vorderkotflügel und Hauben. Darunter montierte man die wildesten Motoren mit mechanischen Nockenwellen und doppelten Vierfach-Vergasern. Mit ihren Wettbewerbs-Programmen machten die Firmen riesige Umsätze, und man tat alles, um diese Motoren auch der konventionellen Käuferschicht zugänglich zu machen. Doch erstens blieb die erwartete Leistung in den normalen, fast zwei Tonnen schweren Full Size Cars erheblich hinter den Erwartungen zurück und zweitens verlangte so ein Kraftpaket nach ständiger Wartung. Vor allem aber sahen nur Wenige einen Sinn darin, für teures Geld ein normal aussehendes Serienauto mit Power aufzupeppen!
Neue Käuferschicht!
Dennoch: die Popularität der nahezu serienmäßigen Straßenrenner ging einher mit dem Ergebnis einer stark gestiegenen Geburtenrate unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine neue Käuferschicht war herangewachsen, die sich nicht mehr wie ihre Vorfahren aus billigen Gebrauchtwagen „Hot Rods“ zusammenbauen wollte. Allein die Tatsache, dass viele, noch nicht mal erwachsen, in den unsinnigsten aller Kriege nach Vietnam geschickt wurden, schuf ein Käuferpotential besonderer Sorte. Tatsächlich sollte sich unter den Käufern der zukünftigen Muscle Cars ein hoher Prozentsatz aus Vietnam-Heimkehrern befinden. Dem Trauma entflohen und gerade noch mit dem Leben davongekommen, sollten sich gerade die Ex-GIs gern in jene Katapulte setzen, die sich, mangels vernünftiger Reifen, Fahrwerke und Bremsen, mit Top Speed bis teilweise über 200 km/h ganz gern mal um einen Baum schlungen oder sonstwie ihrem Driver den Hals brachen! Ministerien, Sicherheitsbeauftragte und Versicherungen sollten daraufhin eine bis dahin einmalige Kampagne gegen jene Rennwagen ab Werk führen. Doch wie so oft - diese Autos überlebten sich schließlich selbst...
Diese Vorgeschichte sollte man kennen, um das Phänomen der Muscle Cars zu verstehen. Als Ende 1963 plötzlich alle amerikanischen Großserien-Hersteller sogenannte Intermediate-Modelle sprich: Mittelklasse-Autos im Programm hatten, die doch gegenüber den großen ”Full Sizes“ deutlich weniger wogen, war es nämlich nur eine Frage der Zeit, bis sie darauf kamen, hier die hubraumstärksten V8 Motoren einzupflanzen. Dummerweise jedoch hatte ausgerechnet General Motors, der damals größte Automobilhersteller der Welt, Anfang 1963 den Ausstieg aus dem immer mörderischer werdenden Wettbewerb bekanntgegeben. Besonders hart traf diese Entscheidung die Pontiac-Leute, denn diese Marke, noch bis Mitte der 50er Synonym für recht altbackene Modelle, hatte seit einigen Jahren, nicht zuletzt durch die Rennerfolge, ein attraktives Image als Hersteller sportlicher Fahrzeuge bekommen und war dadurch sogar auf dem dritten Platz der Produktionsstatistik gelandet. Und jetzt das! No more racing! Pontiac hatte 14 Tage Zeit, die komplette Rennabteilung aufzulösen!
Die Geburt des GTO!
Der elektrische Moment kam, als Werbeleiter Jim Wangers zu Pontiac-Chef Pete Estes ins Büro schaute. Er hatte die verrückte Idee, entgegen des GM-Beschlusses, kein Mittelklasse-Modell mit mehr als 330 cubik inch (5,4 Liter) zu motorisieren, den größten Pontiac-V8 mit 383 cubic inch (6,3 Liter) und 325 bhp in den kleinen Pontiac Tempest Le Mans zu packen! Dieses kleinste Pontiac-Modell war 1961 zusammen mit den GM-Schwestern Oldsmobile und Buick als Compactwagen entwickelt, aber für 1964 zum Mittelklasse-Modell vergrößert worden. ”Stärkere Federn rein und dann das ganze GTO taufen, wie ein Ferrari!“ Estes hielt ihn schlicht für verrückt, wo doch gerade der Stop für Rennwagen verhängt worden war. ”Aber das ist es ja eben“, soll Wangers gesagt haben, ”das ist kein Rennwagen - wir bauen ein Hochleistungsauto für die Straße!“ Diese entscheidenden Minuten mögen der Start für eine der abenteuerlichsten Epochen der amerikanischen Auto-Geschichte gewesen sein, und sie lassen sich in Pete Estes´ Memoiren genauso nachlesen!
Der Dritte im Bunde war niemand anders als John DeLorean, seinerzeitiger Chefingenieur bei Pontiac, der später als eine der schillerndsten Figuren der Automobilwelt in die Geschichte eingehen sollte. DeLorean war sofort Feuer und Flamme und begann, die Idee zu realisieren. Um mit dem GM-Beschluß konform zu gehen, sollte diese Motorisierung nur als sogenanntes ”GTO-Package“ lieferbar sein. Dennoch: die Meinung in Pontiacs Geschäftsleitung war geteilt. Vor allem war man skeptisch, ob dieses Modell bei den GM-Oberen durchzusetzen war. DeLorean selbst, mit über 1 Meter 90 beeindruckender Größe, mußte den Gang nach Canossa gehen und dabei seinen Rausschmiß riskieren. Aber: Geld regiert die Welt! Die GM-Bosse waren mit einer Probeserie von 5.000 Stück einverstanden, doch die Bedingung war unmissverständlich: ”Wehe, Ihr verkauft sie nicht...“
Das Erscheinen des GTO für 1964 sorgte in der Fachpresse für ungeheuren Wirbel. Vergleichbare Leistung hatte noch niemand bei einem Serienauto erlebt! Für insgesamt 2.963 $ konnte man bereits ein Selbstmord-Instrument mit 325 bhp kaufen, das gut für 15 Sek. auf der Viertelmeile war! Wer 115 $ mehr investierte, erhielt sogar mit der Tri-Power-Anlage (drei Doppelvergaser) 348 bhp. Neben dem normalen Coupé konnte man zwischen der Hardtop-Variante und einem Cabrio wählen. Als das Modelljahr vorbei war, hatte man 32.450 GeeTO's, wie die Amis sagten, verkauft! Neue Zeiten! Die ruhige Zeit für nächtliche Polizeistreifen war vorbei! Während sämtliche anderen US-Firmen wachgerüttelt waren und schnell ähnliche Renner konzipierten, wuchsen die Zubehör-Listen seitenweise. Beinahe halbjährlich gab es Modifikationen und neue Komponenten, mit denen man sein Muscle Car werksseitig aufwerten konnte. Wer letztendlich diesen Begriff prägte, ist heute nicht mehr überliefert. Plötzlich ging es nicht mehr nur um Leistung - nein, es ging um Adrenalin, Weltbild und Identität! Und die Marketing-Abteilungen machten lustig mit! Als 1965 Esso den Tiger in den Tank packte, hängte sich Pontiac dran und kreierte den GTO-Tiger, den fast alle Branchen übernahmen. ”Ronny & the Daytonas“ waren die ersten mit einem GTO-Song, „Little GTO“. Im Herbst 1964 lag die Scheibe auf Platz 4 in den Billboard Charts und wurde ein Millionenhit. ”Jan & Dean“ kamen fast gleichzeitig mit ”My mighty GTO“, und auch Pontiac selbst brachte eine Single auf den Markt: ”GeeTO Tiger“ kostete nur 50 Cents, wurde zum Kult-Hit und sorgte für Verkaufszahlen von 75.352 GTOs im 65er Modelljahr, die optisch durch ein überarbeitetes Styling mit nun untereinander angeordneten Scheinwerfer auffielen.
Ein Jahr später, als alle General Motors Mittelklasse-Modelle die Coke Bottle Form mit dem typischen Hüftbuckel erhalten hatten, erschien der GTO noch attraktiver und als eigene Serie. Der 389er V8 brachte auf dem Papier 335 bhp oder gar 360 bhp auf die Straße, doch waren diese Angaben meist untertrieben, um Behörden und Versicherungen nicht mit Gewalt gegen diese vierrädrigen Waffen aufzubringen! Ohnehin schienen die Fans völlig dem Muscle Fieber verfallen: Jede Menge Zubehör und Bekleidung wurde mit dem GTO-Logo angeboten, es gab GTO-Parfum genauso wie speziell geformte Schuhe, die sich der Pedalerie anpaßten. Wer mochte, kaufte sich einen Tigerschwanz aus Puschelstoff und ließ ihn aus Motorhaube oder Kofferraum hängen - das Tigergebrüll als Hupe kam eher kläglich. Dafür gab es Kennzeichen mit einem unmißverständlichen ”Grrrrrrrrr“! Aber fauchende Tigermädchen im Fernsehen waren dann doch eher zuviel. Die bigotten und moralinsauren Durchschnitts-Amis, die nun schon zum zweiten Mal den Untergang der christlichen Welt sahen, rebellierten: DeLorean, der mittlerweile den Chefsessel von Pontiac erklommen hatte, mußte den Tiger und die agressive Werbung sterben lassen. Aber mit 96.946 Stück war der alte Rekord gebrochen!
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Muscle Car Fieber!
Teil 1 – Pontiac
Von H.O. Meyer-Spelbrink
Nur eine kurze Epoche lang regierten heiße Reifen und brüllende Motoren Amerikas Straßen! Wir gehen zurück in die Zeit der legendären Muscle Cars, als ausnahmslos alle US-Autokonzerne regelrechte Billig-Rennwagen ab Werk verkauften!
Es geht los! Die Muscle Car-Ära ist im Gang! Hier mit der werkseigenen Rennmannschaft von Dodge. Die ”Ramchargers“ schrieben Geschichte.
Mit amerikanischen Autos verbindet man gemeinhin Chromschlitten, kitschig-luxuriöse Sofas, aber auch Hot Rods und wilde Customs. Und die meisten wissen, dass es unter den Corvetten, Camaros, Firebirds und Mustangs auch mal schnelle Kameraden gibt, die mit typischem V8-Gebrabbel ab und an gern schwarze Streifen auf dem Asphalt hinterlassen. Bisweilen taucht in diesem Zusammenhang der Begriff ”Muscle Cars“ auf, aber wie wir wissen, ist das meistens falsch! Denn die Muscle Cars waren etwas ganz Spezielles und Besonderes. Sie beherrschten Amerikas Straßen nur acht kurze Jahre lang, und sie verschwanden genauso schnell wieder, wie sie gekommen waren.
Chevys legendärer V8 der Pre-Muscle Car-Ära: Four-O-nine
62er Chevy Full Size mit dem 409 auf dem Strip!
Gut, in amerikanischen Büchern, die sich dem Thema Muscle Cars widmen, werden heute speziell motorisierte Firebird, Camaro, Mustang & Co. ebenso als solche behandelt und sogar recht seltene Power-Full Sizes. Das alles ist legitim und schafft einen guten Gesamt-Überblick. Wir aber wollen uns hier zunächst ausschließlich mit den sogenannten ”Original Muscle Cars“ beschäftigen. Ihr dürft gespannt sein!
Stock Car Tradition!
Dodge Dart 1962 in Einfach-Ausführung. Selbsttragend und klein und daher leicht - die ideale Basis für ein Rennauto
Der 413ci Ramcharger ”MaxWedge“. High Performance Motor von Chrysler, lange bevor es die ”Muscle Cars“ gab.
Anfang der 60er Jahre hatte sich die amerikanische Automobilindustrie tief im Super Stock Car Rennen und Dragracing engagiert. In Europa undenkbar, bevölkerten in den USA jedes Wochenende Zigtausende Menschen die Raceways, um auf den riesigen Stock Car Ovalen mit Coke, Beer und Chips in der Hand ihre Favoriten siegen (oder verlieren) zu sehen. Was auf den Rundkursen in stundenlanger Materialschlacht entschieden wurde, dauerte auf dem Dragstrip nur wenige Sekunden: die berühmten Beschleunigungs-Rennen, in den 30ern von den Kids illegal außerhalb der Städte begonnen, waren (und sind!) eine nicht wegzudenkende Sportveranstaltung, verziert mit brennendem Gummi und ohrenbetäubendem Lärm. Ob Stock Car Rennen oder die ”zahme“ Public Race Klasse auf dem Strip: bei den Fahrzeugen handelte es sich damals mitunter um lediglich technisch modifizierte Serien-Fahrzeuge. Hier wurden Legenden geboren wie die vom Chevy 409 oder vom Chrysler 413. Es war das erste Mal, dass man auf Detroits Fließbändern komplette Wettbewerbs-Fahrzeuge baute, auch wenn die Produktion mit Stückzahlen zwischen 10 und 40 Stück pro Jahr nicht sehr üppig ausfiel. In erster Linie reduzierte man gegenüber den Serienmodellen nur das Gewicht. Fast alle Firmen verwendeten Aluminium oder Kunststoff für Vorderkotflügel und Hauben. Darunter montierte man die wildesten Motoren mit mechanischen Nockenwellen und doppelten Vierfach-Vergasern. Mit ihren Wettbewerbs-Programmen machten die Firmen riesige Umsätze, und man tat alles, um diese Motoren auch der konventionellen Käuferschicht zugänglich zu machen. Doch erstens blieb die erwartete Leistung in den normalen, fast zwei Tonnen schweren Full Size Cars erheblich hinter den Erwartungen zurück und zweitens verlangte so ein Kraftpaket nach ständiger Wartung. Vor allem aber sahen nur Wenige einen Sinn darin, für teures Geld ein normal aussehendes Serienauto mit Power aufzupeppen!
Neue Käuferschicht!
Dennoch: die Popularität der nahezu serienmäßigen Straßenrenner ging einher mit dem Ergebnis einer stark gestiegenen Geburtenrate unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine neue Käuferschicht war herangewachsen, die sich nicht mehr wie ihre Vorfahren aus billigen Gebrauchtwagen „Hot Rods“ zusammenbauen wollte. Allein die Tatsache, dass viele, noch nicht mal erwachsen, in den unsinnigsten aller Kriege nach Vietnam geschickt wurden, schuf ein Käuferpotential besonderer Sorte. Tatsächlich sollte sich unter den Käufern der zukünftigen Muscle Cars ein hoher Prozentsatz aus Vietnam-Heimkehrern befinden. Dem Trauma entflohen und gerade noch mit dem Leben davongekommen, sollten sich gerade die Ex-GIs gern in jene Katapulte setzen, die sich, mangels vernünftiger Reifen, Fahrwerke und Bremsen, mit Top Speed bis teilweise über 200 km/h ganz gern mal um einen Baum schlungen oder sonstwie ihrem Driver den Hals brachen! Ministerien, Sicherheitsbeauftragte und Versicherungen sollten daraufhin eine bis dahin einmalige Kampagne gegen jene Rennwagen ab Werk führen. Doch wie so oft - diese Autos überlebten sich schließlich selbst...
Diese Vorgeschichte sollte man kennen, um das Phänomen der Muscle Cars zu verstehen. Als Ende 1963 plötzlich alle amerikanischen Großserien-Hersteller sogenannte Intermediate-Modelle sprich: Mittelklasse-Autos im Programm hatten, die doch gegenüber den großen ”Full Sizes“ deutlich weniger wogen, war es nämlich nur eine Frage der Zeit, bis sie darauf kamen, hier die hubraumstärksten V8 Motoren einzupflanzen. Dummerweise jedoch hatte ausgerechnet General Motors, der damals größte Automobilhersteller der Welt, Anfang 1963 den Ausstieg aus dem immer mörderischer werdenden Wettbewerb bekanntgegeben. Besonders hart traf diese Entscheidung die Pontiac-Leute, denn diese Marke, noch bis Mitte der 50er Synonym für recht altbackene Modelle, hatte seit einigen Jahren, nicht zuletzt durch die Rennerfolge, ein attraktives Image als Hersteller sportlicher Fahrzeuge bekommen und war dadurch sogar auf dem dritten Platz der Produktionsstatistik gelandet. Und jetzt das! No more racing! Pontiac hatte 14 Tage Zeit, die komplette Rennabteilung aufzulösen!
Die Geburt des GTO!
Der elektrische Moment kam, als Werbeleiter Jim Wangers zu Pontiac-Chef Pete Estes ins Büro schaute. Er hatte die verrückte Idee, entgegen des GM-Beschlusses, kein Mittelklasse-Modell mit mehr als 330 cubik inch (5,4 Liter) zu motorisieren, den größten Pontiac-V8 mit 383 cubic inch (6,3 Liter) und 325 bhp in den kleinen Pontiac Tempest Le Mans zu packen! Dieses kleinste Pontiac-Modell war 1961 zusammen mit den GM-Schwestern Oldsmobile und Buick als Compactwagen entwickelt, aber für 1964 zum Mittelklasse-Modell vergrößert worden. ”Stärkere Federn rein und dann das ganze GTO taufen, wie ein Ferrari!“ Estes hielt ihn schlicht für verrückt, wo doch gerade der Stop für Rennwagen verhängt worden war. ”Aber das ist es ja eben“, soll Wangers gesagt haben, ”das ist kein Rennwagen - wir bauen ein Hochleistungsauto für die Straße!“ Diese entscheidenden Minuten mögen der Start für eine der abenteuerlichsten Epochen der amerikanischen Auto-Geschichte gewesen sein, und sie lassen sich in Pete Estes´ Memoiren genauso nachlesen!
Der Dritte im Bunde war niemand anders als John DeLorean, seinerzeitiger Chefingenieur bei Pontiac, der später als eine der schillerndsten Figuren der Automobilwelt in die Geschichte eingehen sollte. DeLorean war sofort Feuer und Flamme und begann, die Idee zu realisieren. Um mit dem GM-Beschluß konform zu gehen, sollte diese Motorisierung nur als sogenanntes ”GTO-Package“ lieferbar sein. Dennoch: die Meinung in Pontiacs Geschäftsleitung war geteilt. Vor allem war man skeptisch, ob dieses Modell bei den GM-Oberen durchzusetzen war. DeLorean selbst, mit über 1 Meter 90 beeindruckender Größe, mußte den Gang nach Canossa gehen und dabei seinen Rausschmiß riskieren. Aber: Geld regiert die Welt! Die GM-Bosse waren mit einer Probeserie von 5.000 Stück einverstanden, doch die Bedingung war unmissverständlich: ”Wehe, Ihr verkauft sie nicht...“
Das Erscheinen des GTO für 1964 sorgte in der Fachpresse für ungeheuren Wirbel. Vergleichbare Leistung hatte noch niemand bei einem Serienauto erlebt! Für insgesamt 2.963 $ konnte man bereits ein Selbstmord-Instrument mit 325 bhp kaufen, das gut für 15 Sek. auf der Viertelmeile war! Wer 115 $ mehr investierte, erhielt sogar mit der Tri-Power-Anlage (drei Doppelvergaser) 348 bhp. Neben dem normalen Coupé konnte man zwischen der Hardtop-Variante und einem Cabrio wählen. Als das Modelljahr vorbei war, hatte man 32.450 GeeTO's, wie die Amis sagten, verkauft! Neue Zeiten! Die ruhige Zeit für nächtliche Polizeistreifen war vorbei! Während sämtliche anderen US-Firmen wachgerüttelt waren und schnell ähnliche Renner konzipierten, wuchsen die Zubehör-Listen seitenweise. Beinahe halbjährlich gab es Modifikationen und neue Komponenten, mit denen man sein Muscle Car werksseitig aufwerten konnte. Wer letztendlich diesen Begriff prägte, ist heute nicht mehr überliefert. Plötzlich ging es nicht mehr nur um Leistung - nein, es ging um Adrenalin, Weltbild und Identität! Und die Marketing-Abteilungen machten lustig mit! Als 1965 Esso den Tiger in den Tank packte, hängte sich Pontiac dran und kreierte den GTO-Tiger, den fast alle Branchen übernahmen. ”Ronny & the Daytonas“ waren die ersten mit einem GTO-Song, „Little GTO“. Im Herbst 1964 lag die Scheibe auf Platz 4 in den Billboard Charts und wurde ein Millionenhit. ”Jan & Dean“ kamen fast gleichzeitig mit ”My mighty GTO“, und auch Pontiac selbst brachte eine Single auf den Markt: ”GeeTO Tiger“ kostete nur 50 Cents, wurde zum Kult-Hit und sorgte für Verkaufszahlen von 75.352 GTOs im 65er Modelljahr, die optisch durch ein überarbeitetes Styling mit nun untereinander angeordneten Scheinwerfer auffielen.
Ein Jahr später, als alle General Motors Mittelklasse-Modelle die Coke Bottle Form mit dem typischen Hüftbuckel erhalten hatten, erschien der GTO noch attraktiver und als eigene Serie. Der 389er V8 brachte auf dem Papier 335 bhp oder gar 360 bhp auf die Straße, doch waren diese Angaben meist untertrieben, um Behörden und Versicherungen nicht mit Gewalt gegen diese vierrädrigen Waffen aufzubringen! Ohnehin schienen die Fans völlig dem Muscle Fieber verfallen: Jede Menge Zubehör und Bekleidung wurde mit dem GTO-Logo angeboten, es gab GTO-Parfum genauso wie speziell geformte Schuhe, die sich der Pedalerie anpaßten. Wer mochte, kaufte sich einen Tigerschwanz aus Puschelstoff und ließ ihn aus Motorhaube oder Kofferraum hängen - das Tigergebrüll als Hupe kam eher kläglich. Dafür gab es Kennzeichen mit einem unmißverständlichen ”Grrrrrrrrr“! Aber fauchende Tigermädchen im Fernsehen waren dann doch eher zuviel. Die bigotten und moralinsauren Durchschnitts-Amis, die nun schon zum zweiten Mal den Untergang der christlichen Welt sahen, rebellierten: DeLorean, der mittlerweile den Chefsessel von Pontiac erklommen hatte, mußte den Tiger und die agressive Werbung sterben lassen. Aber mit 96.946 Stück war der alte Rekord gebrochen!
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Lowrider auf der Chrome&Flammen-Show in Recklinghausen, 2017 :-)
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Freunde der Nacht ... Im Kampf gegen schlechten Sprit, bösen Kater und üble Laune wirst Du hier in Kürze einiges zu Sehen, Hören und Lesen bekommen ... Bisschen Geduld noch
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Das kann ja noch heiter werden ...
Otto’s American Garage
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Otto’s American Garage
Otto Meyer-Spelbrink, mit Benzin im Blut geboren und heute eine international anerkannte Koryphäe im Bereich Automobil-Geschichte, beschäftigt sich seit Kindertagen mit dem Thema Auto. Seit Jahrzenten schreibt er regelmäßig professionelle Artikel für Europas größte Oldtimer-Zeitschrift "OLDTIMER MARKT", verfaßte Publikationen in der französischen "Retroviseur" sowie in der angesehenen amerikanischen "Collectible Autobile", veröffentlichte mehrere Bücher, arbeitete als Mann der ersten Stunde als maßgeblicher Redakteur beim "Wheels Magazine" unter Darius Klapp, steht seit 1989 auf den großen Auto-Shows als Moderator im In- und Ausland auf der Bühne und weiß dort mit seinem Fachwissen, seinem unvergleichlichen Witz und subtilen Einfühlungsvermögen Teilnehmer wie Zuschauer zu begeistern - notfalls auch in drei Fremdsprachen. 1994 gründete er zusammen mit Darius Klapp das STREET-Magazine, das sich international als seriöses Forum für US-Car Fahrzeuge etablierte. Als Fachmann vor allem im Bereich französischer und amerikanischer Automobil-Historie wird er in diversen Medien gehört. Nach einem Besitzerwechsel des STREET Magazines schreibt er nun auf dieser Seite und gründete zusammen mit Darius Klapp den YouTube Kanal "Otto`s American Garage". Hier wird lebensnah und professionell das bunte Leben der US-Car Welt vorgestellt, gespickt mit technischen Details und geschichtlichem Hintergrund. Jene jahrzehntelange Bühnen-Erfahrung mit entsprechendem Entertainement macht "Ottos`American Garage" zu einem einmaligen Forum für die US Car-Gemeinde. Parallel dazu werden auf dieser Seite profunde Fakten und technische Daten von US-Cars veröffentlicht, die sonst in dieser Form nirgendwo zu finden sind. Laßt Euch überraschen!
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