50 M.o.H. (50 Moments of Happiness), eine Sammlung von Glücksmomenten. Wie entsteht ein Glücksmoment und wie formuliert er sich im Alltag? Der griechische Philosoph Epikur erkannte, dass die Suche nach Glück der eigentliche Sinn des Lebens ist. Diese und neuere Thesen der Glücksforschung haben Blond & Gilles veranlasst, das eigene Glück zu beobachten und zu erforschen. Fotografie und Collagen: Simone Gilles Nyffeler Texte: Daniel Samuel Suter, Marks Blond Project Weitere Infos: blondandgilles.com
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I should begin telling you how I am feeling/on love
Ich gehe bedächtig, schwer durch jeden Buchstaben der Installation Newborn*, hier auf dem Platz vor dem Palace of Youth and Sports, nicht weit vom Grand Hotel Pristina, wo die Manifesta weilt. Die Unabhängigkeit vom Kosovo ist noch nicht überall anerkannt. Im Norden des Landes, um die Stadt Mitrovica, im serbisch dominierten Teil des Landes. Wenn es im Kosovo kracht, dann fast immer dort.
Geschichten haben Brüche, das Land verändert sich sichtbar, schnell. Beim B vom Newborn halte ich erneut inne, ziehe mein liniertes Notizbuch hervor. Immer wenn ich von Wien in den Balkan vordringe, oder auch über Wien in den Balkanhimmel fliege, Grenzen und Staaten unter mir, bin ich ergriffen, eine tiefe Reisesehnsucht vermischt sich mit einer unwahrscheinlichen, nervösen Neugier, die mich kaum noch schlafen lässt. Die Kunst hier an der Manifesta schleicht sich in imposante Architektur oder Ruinen, Bauwerke. Dadurch wird Urbanität, Architekturgeschichte zentral, das gefällt dem Architekten in mir.
"The (im)possibility of becoming newborn as a migrant in Switzerland, to constitute oneself newly in a political space". Ich erinnere mich gut an den nachgebauten Schriftzug Newborn des Kollektivs Knowbotiq Research auf dem Lastwagen, der durch Schweizer Städte fuhr, während der Rapper Eki-Nox dazu sang.
Das Rilindja Press Palace, ein brutalistischer Betonkoloss aus den 1970er Jahren, war eine albanischsprachige Zeitungsmanufaktur, später ein Technopalast und beherbergt und jetzt eine Installation, die an die Geschichte erinnert. Selma Selman schreit in ihrem Video «You Have No Idea», tanzt ihre Wut aus dem Körper. Videos, Installationen, Fotos, zeitgenössische Kunst mixt sich in die Brüche von Architektur und Geschichte. And still, the story is not over/on speculation.
Währenddessen lässt sich Gilles seelenruhig ihre Nägel in verschiedenen Farben anmalen, hüllt sich im 18. Stockwerk eines stalinistischen Bauwerks in den Vorhang und drückt auf den Selbstauslöser ihrer Kamera, während die Stadt und ihre Geräusche in ihr Zimmer dringen.
* Interaktive Installation zur Unabhängigkeitserklärung zu Kosovo
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Das Glück der Widersprüche Dieses Bild bestaune ich ohne Emotionen, aber mit soviel Aufmerksamkeit. Ein Wunder, dieses Bild. Ich betrachte es von jeder Seite, von unten, von oben, wie ich ihm nicht trauen würde. Untersuche es. Mache es auf meinem Laptop fliegend, dreidimensional, bearbeite es, bis es schwebt, animiere es künstlich, um eine Diagnose zu erstellen, möchte hineinsehen. Zur Bildbetrachtung: es ist leicht, tief und oberflächlich zugleich. Es ist die Gleichzeitigkeit, die physische Kausalität in diesem Bild, die mich erstaunt. Die mögliche Beziehung zwischen Ursache und Wirkung, die mögliche Abfolge von Ereignissen und Zuständen. Tief wie oberflächlich, verletzt wie gesund, individuell wie massig. Kristallin wie hohl, unwesentlich wie wesentlich, human wie künstlich, bewegt wie still, zukünftig wie vergangen, personifiziert wie unkenntlich anonym. Die Fingerabdrücke wie Muster. Muster wie Ornamente. Einzigartigkeit wie Unkenntlichkeit, Anonymität. Diese Bild setzt alle Moralität ausser Kraft, verändert sie. Es entsteht eine neue Gleichzeitigkeit von Gut und Böse, von Schlecht wie Gut. eine Dualität magnetisch wie abstoßen, gleich wie passend. Dieses Bild eröffnet eine neue Sicht auf die Weltgemeinschaft, ob künstlich oder human, egal. Es ist dieser Fund aus der Tiefe der Gesteinsschichten oder auch das Zusammenfügen schicksalshafter und banaler Dinge zu wesentlichen Angelegenheiten.
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Das Glück der Ungeduld.
(Pool in my Room. Pool-Ship)
In der wachenden, tobenden Ungeduld spielt auch ein eigenartiges Glück. Joseph Beuys sprach, oder besser gesagt; zelebrierte eine Art körperliche Verausgabung, eine existenzielle und notwendige humane Gestik an die Kunst. Die soll und muss choreografiert werden. Ein Ziehen, ein Suchen. Das Adrenalin schiesst aus allen Poren und macht mich zu einem revolutionären Teufel, der nicht mehr schläft, sondern wacht. Nirgends mehr bin ich lokalisiert, dem Google Maps entschwunden. Dabei wird die kritische Ungeduld mächtig, wichtig. Ich beobachte wie ein kleiner Sperber (Meister der Überraschung) jedes Detail, alles. Die Müdigkeit tanze ich weg in der industriellen Geschichte des Badehauses, um den Pool in den reissenden, gefrorenen Fluss zu bewegen. Die Ungeduld steigert sich zu einer Wut gegen die Pragmatik der Kunst und ihrer Protagonisten. Die Wut, ein politischer Motor. Keine Revolution, keine Veränderung ohne den Körper. Widerstand hat immer mit dem Körper zu tun. Ich akzeptiere die Conditio, nehme Schmerzen und die Selbstausbeutung in Kauf. Ich leide existenziell an der Kunst. Ich werde diesen Pool aus der Verankerung der Geschichte lösen, ihn bewegen und als Schiff gebrauchen, um aus diesem archaischen Tal zu entfliehen, dort wo die Kunst ohne Sonne existiert. Es hat Platz für Europäer, die nach Afrika emigrieren möchten, um dort wie einst Paul & Goldy Parin eine Ethno-Psychoanalyse zu betreiben. Bewege dich, Badeteil der Leberkranken, die schon längst ausgezogen sind (die schlucken Tabletten heute), aus dieser Design-Ruine, werde mit meiner Kraft zu einem Schiff. Ich werde das Ruder betätigen. Sehnsucht Tanger. Die Ungeduld verändert, die Ungeduld verändert.
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Bedeutungslose Hoffnung (verschüttete Einsamkeit)
Wir haben sie beide fast gleichzeitig entdeckt, in dieser Landschaft der Zwischensaison oder auf dem Beton der Langeweile. Ausgekippter Sand auf nassem Asphalt. Das Dorf hat in dieser Jahreszeit keine Bedeutung. Alles fühlt sich an, wie in einem chinesischen Kaufhaus. Nur durch die Bedeutungslosigkeit gewinnen diese zwei Hügel an Aufmerksamkeit, werden zu einem ästhetischen Schein, zum Objekt, welches ich jetzt umrunde. Die Trauer löst sich für einen Moment auf. Bedeutungslose Hoffnung, in einem Kontext von dem Nichts. Vielleicht lässt uns die Trauer an einer Illusion, einer Utopie oder an einem Traum teilhaben?
Whatever.
Ich schreibe jetzt Titel, Name und Datum von diesem Objekt in den nassen Asphalt und erhebe es zu einem offiziellen Kunstwerk. Kunst kann magisch sein, in gewissen Augenblicken.
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Da ich, seit mein Sohn auf der Welt ist, Frühaufsteher bin (das ist jetzt 13 Jahre her), promeniere ich jeden Morgen früh mit Pina, dem liebenswürdigen Hund unserer Freunde, durch Boedo in den Parque Rivadavia. Im Entree die Leine, das Halsband und ein Sachet gepackt, flüstere ich leise dem Hund seinen schönen und edlen Namen zu, so dass niemand erwacht. Sieben Uhr morgens. Unsere Freunde sind Spätaufsteher, essen reichlich um Mitternacht und man geht so um zwei Uhr ins Bett.
Nach der Avenida la Plata wechselt das Quartier, es wird luxuriöser, mehr glänzendes Aluminium an den Fassaden und den Hauseingängen. Bis zur Avenida la Plata liegen unter den spärlich gepflanzten Bäumen gebrauchte Matratzen. Auf ihnen sitzen bärtige Menschen, zahnlose Gesichter, unsichtbar für die anderen. Kurz vor der Strasse ein Berg von Hausrat und zwei haarige Beine, in dicken Bergschuhen. Ein lautes Schnarchen, gedämpft durch den Plastik, der alles abdeckt und schützt. Menschengross der Karsumpel.
Im Parque Rivadavia bereits einige Jogger in ihren blitzenden, neonfarbigen Anzügen. Männer und Frauen der Freizeitgesellschaft. Gruppen die unter Anleitung neben einem Memorial turnen. Ich lasse Pina los. Die sollten grössere Pärke bauen, denke ich, spärlich alles hier. Wie in Paris oder auch in Amsterdam, hole ich mir einen Becher Café im Havanna an der Avenida Rivadavia, fotografiere Pina. Ich lasse mich im Tau der frühen Stunde durch die Metropole Buenos Aires treiben, ich entkomme dieser Strasse nicht. Pina nehme ich wieder an die Leine, sie ist die Identität, die mir hier fehlt. Wunderbar. Die Tänzerin Pina Bausch hat einmal gesagt: «Ich glaube an die Kraft der Fantasie, wenn ich will, dass die Sonne scheint, lasse ich sie einfach aufgehen, auch in Wuppertal.» Der Schriftsteller Tom Schulze schreibt: «Was kann der Arme tun um reich zu werden, um mit dem Möbelwagen umzuziehen, aus den Elendsvierteln in ein Haus mit sieben Bädern?» Der Café schmeckt nicht. Pina und ich gehen heute den gleichen Weg zurück, um nach dem schlafenden Vagabunden zu schauen. Die Lage der Beine sind unverändert. Wir werden am Abend noch einmal nach ihm sehen. Wir holen Brot und all die Sachen, die wir brauchen, für Pina ein Croissant, und gehen zurück.
Pina folgt mir auf die Dachterrasse mit einem Ball in ihrer Schnauze, Frühaufsteher wir beide, mit dem Glück der Poesie, den anderen entflohen. Die Geschichte hier ist ganz nahe mit der Militärdiktatur verwoben, sie hat in der Kunst und auch in der Kultur ihren Platz. Im Parque de la Memoria sind neuntausend Namen in hellen silbergrauen Marmor eingraviert, wovon erzählen sie?, fragt Tom Schulze. Die Frauen und die Kinder. Er schreibt: «Die Toten liegen im Wasser, auf dem Grund der Flüsse und des Meeres. Wie tröstlich ist der Flug der Möwen und Seeschwalben und dass die Strömung alles mit sich nimmt. Hören und sehen, reden und schweigen. Nichts kann im Nachhinein bewältigt werden.»
Lebt er wohl noch, der Vagabund, oder ist er gestorben? Die Inflation hinterlässt soviel Papiergeld, wir stopfen es uns in die Kleider und in die Schränke, wie einst vor 18 Jahren in Bukarest. Ich bin drauf und dran die Polizei anzurufen, der Clochard ist immer noch in der gleichen Stellung, schnarcht nicht mehr. Genau in dem Moment als ich die Polizei anrufen will, nimmt er die Beine unter seinen mit Plastik bedeckten Hausrat hinein.
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Boedo
Ist das Bild echt oder manipuliert? In letzter Zeit sind die Bilder von Gilles manipuliert und collagiert, zweckentfremdet. Von diesem Aspekt gehe ich aus. Die zwei älteren Damen in ihren überlangen Jacken sind keine Zwillinge, sie sind nicht einmal Drillinge, sondern Klone. Vielleicht sind das nicht einmal Damen? Und die Fassade des Gimnasio, hat sie ein Loch in der als Mosaik gekachelten Wand, zwischen den Klonen? Wohin kann man schauen, wenn sich die Personenanzahl plötzlich multipliziert?
Gehen wir davon aus, dass es ein kleines Guckloch hat. Ich kenne das Gebäude, es ist vis à vis einem argentinischen Einkaufsladen, der sich Cotto nennt. Dort habe ich eine Stunde stehend Sozialstudien betrieben. Der Armut gefrönt, sie stoisch betrachtet. Habe alle Gattungen bedürftiger Menschen observiert, wie sie endlich mit ihrem dürftigen Einkauf an der Kasse angekommen sind und viele unterschiedliche Plastikgeldkarten aus ihren fettigen, abgetragenen Taschen zogen. Karten in verschiedenen Farben, die an der Kasse nicht mal mehr einen Piep abgaben. Ich wollte schon lange diesem sorgenvollen Blick entfliehen, doch ich konnte nicht. Wie angewurzelt blieb ich stehen, erstaunt über all die Kreaturen, die zum Teil mit nackten Füssen in alten Schuhen steckten, die kaum noch eine Isolation zwischen nassem Asphalt der Grossstadt und der geschundenen Haut abgaben. Sie mussten irgendwie einkaufen. Behinderte, die mich auf spanisch fragten, ob sie vor mir anstehen können, weil sie einen Arm oder auch ein Bein weniger hatten. Einer hatte nur noch ein Auge. GIMNASIO steht da, an der Fassade, vis à vis der Strasse. Ich habe den goldenen Schriftzug auf orientalischem Grund schon lange entdeckt. Bildung oder Fitness? Bildung wäre angebracht für mehr Gleichheit. Endlich kann auch ich meine dürftigen Waren bezahlen. Die abgepackten Oliven stecke ich in meine Hugo-Boss-Kitteltasche. Das Öl läuft mir Minuten später über die Hose, über die Kleider. Einen schweren Geruch nehme ich wahr. Die Verpackung hat ein Leck. Teufel. Eine Katastrophe, totales Desaster.
Die zwei geklonten Damen, auf was schauen sie? Ich möchte der Armut etwas entgegensetzen, ich als Privilegierter Beobachter des Lebens. Ich stehle mich vollgekleckert vor das Gimnasio, um den älteren Damen etwas vorzuspielen. Gilles, ich nehme dich an meine fettige Hand. Wir wechseln die Straßenseite in Boedo, holen einen befreundeten Tango-Tänzer und zu dritt bespielen wir ein Reenactement von Band a part, dieser Szene wo sie zu dritt in einem Bistro tanzen und reden. Poesie gepaart mit dem Tanzen. Zuerst üben wir mit den Fingern den Takt, dann gehen wir auf die Bühne, sprechen laut den Dialog und beginnen zu tanzen. Sprechen von allerlei Thesen. Das alles wiederholen wir zu Musik von Ray Charles, bis die zwei alten Damen sich wieder zurückverwandelt haben und auch die Armut sich wandelt. Bis es keine Ungerechtigkeiten mehr gibt.
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The Belly of an Architect. (Buenos Aires, Argentinien, Mai 2018)
Architektur macht glücklich! Diesen Titel kann ich nicht verwenden, er funktioniert nur mündlich. Vielleicht bin ich immer ein Architekt geblieben, ist der Titel von einer Lektüre, den ich so auch nicht verwenden kann. Muss ihn neu erfinden. Der Bauch eines Architekten, vielleicht? (The Belly of an Architect)*. Ja. das ginge!
Vielleicht bleibt man in seinen kognitiven Denkstrukturen immer das, was man als erstes studiert hat. Auf dem Bild hast du deinen Kopf nur noch als Silhouette gekennzeichnet, ein gezeichneter oder illustrierter Frauenkopf zwischen der Industrie-Ästhetik von Hilla und Bernd Becher, mediterranen, südlichen Wohnstrukturen und Treppen, die mehr an die Insel Lesbos erinnern als an eine Loggia in Buenos Aires.
Mit der Collage hat u.a. auch die Kunstbewegung Situationistische Internationale in den 50er Jahren gearbeitet, und sie als Mittel verwendet, um die Welt neu zu zeichnen und zusammenzufügen. Guy Debord erstellte avantgardistische Filmcollagen und sprach vom Homo Ludens, also dem spielerischen Menschen. Die Gesellschaft als Spektakel kommt mir hier in den Sinn. Doch, ich folge dem Blick von deinem gezeichneten Kopf, der scheint mir in deiner Collage am interessantesten. Wenn ich nun dem vielversprechendem Blick dieser Silhouette folge, zwischen der industriellen Becher-Ästhetik und dem mediterranen Gefüge der Treppe, wo dein Körper posiert, entdecke ich eine Skyline, ein Stadtbild und dieses Bild führt mich zu Metropolis, einer Stadt, die Fritz Lang in seinem Film 1927 gegründet hat. Der Film zeigt eine Zweiklassen-Gesellschaft, die Armen arbeiten für die Reichen. Eine Oberschicht lebt in absolutem Luxus. Die Elite geniesst paradiesische Verhältnisse und lebt für Sportveranstaltungen und rauschhaftes Vergnügen, während die Arbeiterklasse, die an riesigen Maschinen für den Gewinn der Reichen schuftet, ebenso tief unterhalb der Stadt haust, wie die anderen darüber.
Gegen diese Ungerechtigkeit, die eine Klassengesellschaft mit sich bringt, müssten wir uns doch auflehnen, genau wie Freder im Film Metropolis sich gegen seinen Vater auflehnt, um die Diskriminierung zu stoppen! Also, ich denke, da wären wir mehr bei der politischen Forderung der Situationistischen Internationalen, als der ästhetischen Forderung der Hilla und des Bernd Bechers. Aber ja, du hast recht, Architektur macht glücklich. Die Forderung muss aber eine andere sein, als nur ein Glücksmoment, eine dringendere! Übrigens, elegant deine Silhouette, kosmopolitisch!
* Peter Greeneway
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Vom Ende der Geschlechter oder sind das weibliche oder männliche Füsse?
Ein vierjähriger Knabe schaut hoch zu mir und fragt mich heute morgen im Café, bist Du eine Frau oder ein Mann? Ich frage ihn zurück, lachend und neugierig. Rate mal. Er sagt, eine Frau. Warum frage ich zurück. Wegen deinem farbigen Halstuch. Ich staune. Sage ihm noch, dass man heute nicht mehr so leicht den Unterschied zwischen Mann und Frau erkennt. Der Vater neben ihm lacht nicht einmal. Jedenfalls ein glückliches Ereignis und ich freue mich, als Frau zu gelten, als Frau auszusehen, es schmeichelt mir. Immer wollte ich eine Frau sein, äusserlich, nicht innerlich, da bin ich gerne Mann. Aber als Frau zu gelten, mit Haaren und Schminke, den Emotionen, den weichen Kurven, dem Sexappeal, ja das schmeichelt mir mehr als sonst. Ein Zauberkind, dass es ausgerechnet mich das fragt, mitten in einem grauen Montagmorgen. Ein Zeichen im Wind unter einer Wolkendecke. Kinder treten immer dann aufs Parkett, wenn die Welt am Untergehen ist, oder man fühlt die Lawine kommen, oder man räkelt sich schon wieder aus der Lawine. Dann steht ein Kind da und fragt einem irgendwas Absurdes. Etwas Surreales, was gar nichts mit all den Ereignissen zu tun hat, in denen man gerade drin steckt.
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Verlust der Individualität oder der doppelte Gedanke Die Symmetrie erinnert mich an meine Ausbildung. Mario Botta hat alles gespiegelt, alles verdoppelt. Die Frage ist, für was die Symmetrie steht. Wir haben in einer Gruppe den Rohrschach-Test angewendet, überdimensional grosse Klatschbilder gemacht und dann im Kollektiv gedeutet. Ich verändere die Symmetrie, da ich Angst habe vor Anpassung, vor der Kopie, dem Gleichgestellten, dem Wiederholenden, dem Spiegelnden. Wie verändert dich die Symmetrie? Du hast das Bild verändert, du in der Mitte stehend und links und rechts von dir Zwillinge. Ich widerspreche dir, ich will das doppelte nicht. Das Glück des Widersprechens. Abgrenzung. Ich will das Einfache, das Existenzielle, das Einzelne, also nehme ich eine Seite weg.
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Ich stehe vor einem Automaten um ein Ticket zu lösen und frage mich was es braucht, um glücklich zu sein. Vielleicht sollte ich einen Katalog erstellen, um ganz genau Auskunft zu geben. Schriftlich, auf ein weisses Blatt.
In diesem Moment, schon die ersten Sätze im Kopf notierend, tippe ich ein falsches Billett in den Automaten, korrigiere es, lasse mich in einen Kiosk fallen um dringend einen Espresso zu holen, da höre ich eine Stimme die fragt, ob es denn hier eine Libération gibt. Alltäglich. Soll ich auch eine kaufen? Begebe mich nach draussen, betrachte den alten Mann im langen Mantel und den jüngeren an seiner Seite, und gehe. In der Bahnofshalle, die Abfahrten auf dem Display studierend, drehe ich mich abrupt um. Das muss Paul Nizon sein, der Schriftsteller. Gehe wieder zurück zum Laden, der TGV nach Paris steht fahrbereit auf Perron 11. Ja. Sie kommen und er ist es.
Zutiefst berührt beobachte ich ihn, will ihn ansprechen. Was für ein bewegender Moment. Die Tränen überraschen die Sprache. Er, respektive seine Bücher, haben mich im einem Moment des Glücks tief angesprochen, genau vor einem Jahr, auf einem Flug vom Casablanca nach Zürich. Die dringenden Notizen, die ich zum Glückskatalog aufschreiben will, bleiben mir alle weg. Mit seiner Sprache in einem leeren Flugzeug habe ich vor genau einem Jahr die Welt umarmt. Das Glück schien wie die Sonne aufzugehen, das Flugzeug leicht, eine Kurve über einer roten Wüsten-Stadt, ich hielt eines der letzten Bücher von ihm in der Hand, eine braune Ausgabe aus einem Antiquariat. Das Autofiktionale hat auch mit meinem Leben zu tun. Meine Arbeit bis gestern - ein Traum. Ich fliege leicht über den Wüstensand und er beschreibt sein Leben.
Die Liste ist wie die Liste auf dem Bild – leer. Sie bleibt leer heute Nachmittag und genau in diesem Moment, wo ich sie auffüllen will mit dem Glück, der Sprache, den Bedingungen, den Inhalten, den Forderungen, läuft mir dieser Kerl über den Weg, unverwüstlich, an die 90 Jahre alt.
Ich betrachte ihn, er betrachtet mich. Ausgerechnet er, mit dem ich einen intensiven Glücksmoment teile. Seine Sprache ist tief eingedrungen in meinen Körper, meine Empfindungen. Ich lasse das leere Blatt fallen, der Wind und die Kälte heften es an die Bank. Leer heisst aber nicht ohne, nein, das Manifest schreibe ich auf ein anderes Blatt. Das weisse Blatt ist und bleibt ein Geheimnis, wie das Glück.
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Fountain of Joy or Spa Treatment
Manchmal muss man dem Glück nachhelfen. Ich erinnere mich an die Installation von Louise Bourgeois, sie spricht, eine alte Dame notabene – vor einem Schrank mit Teller, nimmt ab und zu einen ganzen Stapel und lässt ihn vor der Kamera auf den Atelierboden fallen. Sie nimmt immer mehr, so habe ich das in Erinnerung, nicht manisch, ganz ruhig. Das Geräusch ist schön, zerbrechlich, noch nie habe ich Geschirr so wunderbar klingen gehört, es zerbricht etwas und im Zerbrechen ist was Neues, etwas, das kaputt geht, das Jahre gehalten hat und man willentlich zu Bruch bringt. Diese wundervollen Scherben. Mir geht es ähnlich. Das Glück scheint weit weg, oder doch nahe.
Ich habe jedenfalls einen Teil der Nacht im Wald verbracht, dort im Dickicht mit dem grünen Regenmantel, Kragen hoch gekrempelt wie ein Suchender. der Mantel wird immer wie nässer, und schwerer, der Regen ist stark, auch die Gedanken kreisen um Fragen, ich könnte weiter gehen in diesem Dickicht, wo man Teil wird von Erzählungen, wo die Landschaft plötzlich aus Erzählungen besteht. In Landschaften aus der Literatur, da ist man wirklich zu Hause, in realen Landschaften nie.
Das Porzellan ist mir aus versehen runtergefallen, doch das nächste lasse ich wie Louise Bourgeoise willentlich fallen, um den Klang zu hören und die Scherben dort am Boden zu lassen.
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Körper an Körper. Ihren Körper einmassiert mit braunem Oel. Er glänzt, wir schauen zusammen einen Film im Schlafzimmer. Ich sollte noch unsere neue Ferienwohnung beschreiben. Ich sage Ferienwohnung, oder auch Rimini-Wohnung, Alles erinnert an die Ästhetik einer temporären Wohnung im Süden. Nie wird sie auch wieder so schön. Die Ästhetik ist an einem Punkt angelangt, wo sie fast nicht mehr zu erweitern ist. Es gibt doch diesen kurzen Stillstand der Momente, wo alles für die eine Sekunde ausgewogen ist, wenn auch für eine Minute. Wie eine kleine Inszenierung, eine Choreographie. Wir zwei schreiben Geschichte und in dieser Inszenierung lese ich Tomas Espedal und ich weine. Er ist gleich alt wie ich und beschreibt Autobiographisches. Seine Welt, sein Leben. Mir kugeln die Tränen runter, ich bin tief ergriffen, fühle mich selbst in dieser Geschichte. Rauche Zigaretten auf dem Rimini-Balkon und denke tief in all diese Wunden von Leben. Sprache so direkt und minimal. Die Wut der Armut. Reichtum und Armut sind so nahe beieinander, dass es einem keine Ruhe lässt. Getrieben ist man in den schönsten Momenten. Espedal schreibt:
„Es soll ein Buch über das Glück werden, ein kleines Buch über das Glück…
Das Buch über das Glück kann ohnehin nicht besonders dick werden.. Nicht dick und auch nicht besonders tief, die glückliche Sprache ist einfach und banal, es gibt keine tiefe im Glück, oder etwa doch? Das Buch über das Glück muss kurz sein.. Kurz und fragmentarisch, eine zusammenhängende Erzählung über das Glück zu schaffen, ist unmöglich. keine Chronologie. keine Logik oder Vernunft; es ist nicht möglich, einen Roman über das Glück zu schreiben." S.115 in: Wider die Natur
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Gilles verzaubert unsere temporäre Bleibe in ein Zauberhaus, mit Farben die durchs Sonnenlicht aufbrechen. Und Sonne ist da viel. Die Möbel liegen auf dem Kopf. Die Tische sind umgekehrt, alles wie an der Decke. Umgekehrte Welt. Zwischendrin die strahlenden und magnetischen Sachen, die wir sammeln. Alles findet in der Umkehrung statt, um die Dinge zu hinterfragen und aus der Wohnung ein Denken zu machen. Die gefundenen und gesammelten Gegenstände werden irgendwo in die Mitte gelegt zwischen umgekippten Möbel. Der Raum verliert das Oben und das Unten. Umkehrung. Somit ist die Bleibe auf dem Kopf. Wir schlafen also an der Decke. Erinnert Ihr euch alle an die Geschichte von Bichsel; "Ein Tisch ist ein Tisch" oder wie sie heisst. Alles kommt durcheinander, alles wird neu erfunden. Man soll den Kindern die Rechte Gehirnhälfte schulen, da wo die Kreativität sitzt. Alle Berufe in den nächsten zweihundert Jahren werden im minimum zur Hälfte neu erfunden. Gilles ist eine Entwerferin, eine Indianerin, die im Zeitalter der Medien das Wohnen auflöst und das Denken einschaltet.
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Die Tür zum Garten des Glücks Das Bild vom Maiden in Kiev heute in der NZZ. Sieht aus wie eine Installation von Hirschhorn, mit verbrannten Pneus, nur eben echt. Eine Barrikade. Sind nicht auch Türen Barrikaden? Wie dringt man ein in dieses Neuland, wenn es verborgen und umkämpft ist und wenn zwei verschiedene Lager sich den gleichen Platz teilen? Wie fühlt sich die Revolution an? Wie öffnet man dann die Türe zum Glück? Mit Anstrengung oder und Wut. Dann ist fertig mit der intellektuellen Manie, die Angelegenheit darzustellen und einen Diskurs zu öffnen, so wie wir das tun. Oder ist das ganze ein Spiegelbild? Deine schwarzen Haare im Gesicht sind intensiv, haben den Geschmack und die Ästhetik und die Sprache die Türe zu öffnen. Doch Glas schmerzt.
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Private Unordnung oder privates Glück. Alles weiss abgedeckt. Verdeckte Unordnung. Dieses Bild vermittelt eine haushälterische und kleinbürgerliche Welt, die banal ist und nicht veröffentlicht werden darf. Das Kleinbürgerliche muss versteckt bleiben. Die Lust am Bügeln muss dringend ein Geheimnis bleiben. Bügeln ist Ausdruck von Reinheit, Sauberkeit und Ordnung. Das kleine Glück vom Bügelbrett, das ich von einem Flohmarkt nach Hause getragen habe, muss geheim sein, darf nicht besprochen werden. Die Lust am Kleinbürgerlichen ist eine versteckte Lust, eine verräterische Lust. Dass ich das selber mache, müsste verboten sein und meine Hemden müssten zerknauscht sein und der Umstand, dass Bügeln geradlinige Kleider hervorbringt, darf kein Glück bleiben. Alles Kleinbürgerliche endet im Desaster. Das Ganze muss aus dem Fenster geworfen werden, mitsamt dem abgedeckten Sofa, so dass es nichts mehr abzudecken gibt.
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Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.
Das Neue Glück.
Gilles fordert mich auf, über das neue Glück zu schreiben. Mitten in der Nacht. Ihre schwarzen Haare liegen sanft in Wellen über ihrem nackten Körper und sie spricht, bittet mich sie, an die Orte zu begleiten, wo wir geboren wurden und fordert mich erneut auf, über das Glück zu sprechen. Morgen. Sofort soll ich über das neue Glück schreiben. Warum sie `neues Glück` sagt, weiss ich nicht. Ich habe einen Gedanken, muss ihn wieder finden mitten der Nacht. Nachgedacht bis früh, als das Leuchten der Sterne schon anfing, sich aus dem Universum zurückzuziehen. Ich habe es vergessen und gefunden zugleich.
Das Glück ist an die Zeit gekoppelt, beim Stichwort vom neuen Glück denke ich an den Artikel über Imre Kertész, dem Literaturnobelpreisträger, der schwer krank mit Parkinson in Budapest lebt. Er schreibt, er sei nur einmal glücklich gewesen in seinem Leben: „ ...das waren die Jahre 1982-1989. In diesen Jahren war ich verliebt, eingesperrt, habe nur gearbeitet. Das war ein sehr schönes Leben. ich war immer verzweifelt. Ich hatte nie genügend Geld. ich hatte keinen Führerschein. In diesen Jahren entdeckte ich das kleine gelbe Buch von Camus, der Fremde. Es war elementar, ich kann es schwer erklären, aber darin fand ich die Glückseligkeit, die aus dem Leid entsteht.“
Ich stehe auf, tappe mich in die Küche, drehe den Wasserhahn auf und lasse mich in diesen billigen, gefundenen Stuhl fallen. Das Neue Glück ist ein Nichts; es hat keine Materialität, keine Form, keine Substanz, kein vis à vis. Ich öffne das Fenster in die schwarze Nacht. Ich lade das Glück jetzt ein, hier Platz zu nehmen. Stelle ihm den Stuhl zur Verfügung. Dazu habe ich noch gefrorene Trauben im Kühlschrank, italienisches Pesto und altes Brot. Einen Martini Rosso, die Flasche noch voll. Das alles stelle ich auf diesen dritten Stuhl zwischen uns. Billigen weichen Käse mit rotem Pesto auf altem Brot. Komm neues Glück; es ist schön hier. Ich will dich was fragen. Dieser Kerl oder diese Figur ist unsichtbar. Teufel, ich versuche das Glück zu fassen, es weicht mir aus, ich sehe es nicht. Bei Harry Potter gibt es doch dieses Tuch, das einem selbst unsichtbar macht. Ich versuche es auch mit der roten Wolldecke, mich unsichtbar zu machen. Das Glück und die Unsichtbarkeit. Zwei unsichtbare Figuren inmitten von rotem italienischem Pesto. Unter der Wolldecke schwitze ich. Jetzt sieht mich das neue Glück auch nicht.
Eines stelle ich fest, nachdem ich aus diesem roten Tuch wieder schweissüberströmt auftauche. Das neue Glück ist wieder in der Nacht verschwunden, doch ich habe es gesehen, wenn auch unsichtbar, aber ich kann es nicht halten, Ich stelle mich auf den Balkon in dieser lausigen Gegend. Das neue Glück ist in der Vorstellung verhaftet. Verändert die Realität enorm. Macht aus einem Gedanken einen Wunsch, aus dem Wunsch ein Glück und aus der Realität eine Katastrophe. Das Glück muss man verhandeln. Die Pesto ist leer, das Glück hatte Hunger, Indizien, dass es da war, gegessen wie ein hungriger. Auch das Glück kann man einladen; dort wo man nichts mehr zu verlieren hat, dort wo die Leere ist, dort.
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