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Wird die Schule zur Kampfarena?
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Wird die Schule zur Kampfarena?
Das Klima in den Schulen werde rauer und der Umgang rĂŒder, die Gewalt gegenĂŒber Lehrpersonen steige, der zwischenmenschliche Anstand nehme ab. So mindestens diagnostizieren Fachleute die Situation. Sie verweisen auf Zahlen. Jede zweite Schule erlebte in den letzten fĂŒnf Jahren Verunglimpfungen und Mobbing gegenĂŒber ihren LehrkrĂ€ften; in 26 Prozent der Schulen kam es wĂ€hrend dieser Zeitspanne gar zu physischen Ăbergriffen. âAggro-SchĂŒler gehen auf junge Lehrer losâ, stand kĂŒrzlich im Boulevard zu lesen.[1]
Wenn die Kultur des Respekts erodiert
Und die Antwort von Expertenseite? Fehlender Respekt auf SchĂŒlerebene, heisst es. Ohne Zweifel gilt das alte Axiom: Gelingende Interaktion zwischen Lehrperson und Jugendlichen basiert auf gegenseitigem Respekt. Er bildet den Grundstein fĂŒr die notwendige soziale Kooperation in Schulklassen. Wo die Kultur des Respekts erodiert, entsteht vielfach lĂ€rmender Shitstorm. Und wo Respekt schwindet, kommt es zu verbalen Ăbergriffen. Sie machen Unterricht schwierig, ja sie verunmöglichen ihn. In fast 50 Prozent der Schweizer Schulen soll das schon vorgekommen sein.
Die Zahlen erschrecken. Eine Analyse zeigt: Betroffen sind vor allem junge Lehrpersonen. Das erstaunt wenig. Darum mĂŒssen wir uns fragen: Sind monokausale ErklĂ€rungen angebracht? Das Bestehen âin der Manege des Klassenzimmersâ, wie es der Neurobiologe Joachim Bauer ausdrĂŒckt,[2] verlangt von PĂ€dagoginnen und PĂ€dagogen FĂŒhrungs- und Widerstandskraft. Sie sehen sich im Alltag mit vielen GegensĂ€tzen und GegensĂ€tzlichkeiten konfrontiert. Auf dieses bipolare SpannungsverhĂ€ltnis im Mikrokosmos Klasse sind viele Junglehrer nur ungenĂŒgend vorbereitet. Die hohen Ausstiegsraten von 20 Prozent im ersten Dienstjahr sprechen eine deutliche Sprache.[3]
WidersprĂŒche durchhalten â Spannungen aushalten
Schulkinder zu fĂŒhren erfordert pĂ€dagogische Leadership. Lehrer stehen komplexen Kollektiven gegenĂŒber. WidersprĂŒche und Ungleichzeitigkeiten prĂ€gen den Unterricht; sie charakterisieren den Lehreralltag: achtsam sein und gleichzeitig Disziplin verlangen, fördern und zugleich fordern, alles verstehen, ohne immer einverstanden zu sein, konfrontieren und Empathie zeigen, unterrichten und (nach-)erziehen, NĂ€he suchen und Distanz wahren, das Kollektiv im Auge behalten und jeden Einzelnen im Blick haben â oft eingezwĂ€ngt zwischen dem Wohl des Kindes und den steigenden AnsprĂŒchen seiner Eltern â und der Gesellschaft generell.
Die Lehrerin arbeitet im widersprĂŒchlichen Feld von Freiheit und Ordnung; das Wirken des Lehrers bewegt sich zwischen Sozialisation und Individuation, zwischen kultureller Integration und Vermitteln von Lerninhalten sowie EinĂŒben von Können â und natĂŒrlich zwischen den Momenten des Gelingens und des Scheiterns.
Verstehende Zuwendung und FĂŒhrung zugleich
Auf solche Situationen und WidersprĂŒchlichkeiten sind die angehenden Lehrerinnen und Lehrer gezielt vorzubereiten. Die aktuelle Ausbildung hin zur Individualisierung darf das konsequente FĂŒhren einer Klasse nicht vernachlĂ€ssigen. Diese pĂ€dagogische Leadership-Aufgabe mĂŒsste intensiv geschult werden. Der Arzt und Hirnforscher Joachim Bauer drĂŒckt es so aus: âKinder und Jugendliche wollen beides: VerstĂ€ndnis und FĂŒhrung.â[4] Das sind fĂŒr ihn die unverlĂ€sslichen Tragpfeiler eines respektvollen und effizienten Unterrichts. Anders formuliert: Kinder wollen einen verstĂ€ndnisvollen HĂ€uptling; sie wĂŒnschen sich eine mitfĂŒhlende Dirigentin.
Von der Ausbildung vernachlĂ€ssigt: FĂŒhren lernen
Die PĂ€dagogischen Hochschulen sind gefordert. Allerdings gibt es hier kontrĂ€re Stimmen: Die angehenden Lehrpersonen mĂŒssten heute nicht mehr in erster Linie eine Klasse fĂŒhren. Es werde sowieso individualisiert. Die Lehrperson sei Coach und instruiere nicht mehr; in der Funktion als âPartnerinâ oder âBeraterâ begleite sie die Lernenden. Die âdirekte Instruktionâ sei out, die KlassenfĂŒhrung darum sekundĂ€r geworden und zu vernachlĂ€ssigen. Ohnehin habe das historisch kontaminierte Wort âfĂŒhrenâ einen schalen Beigeschmack. Solche Tendenzen verkennen die pĂ€dagogische RealitĂ€t und die ZukunftsfĂ€higkeit unserer Jugendlichen.
Das umsichtige FĂŒhren einer Klasse im gemeinsamen Unterricht gehört zum didaktischen ABC eines PĂ€dagogen. Wer die Basisschwimmart Brustschwimmen nicht beherrscht, dem fĂ€llt es schwer, als Erstes den anspruchsvolleren Crawl oder gar den Delphin zu erlernen. Doch genau diese falsche PrioritĂ€t prĂ€gt die Ausbildung, wenn selbstorientiertes Lernen und anspruchsvolle Gruppenarbeiten als Basis fĂŒr den Unterricht vorgegeben werden.
Schule braucht pÀdagogische AutoritÀten
Das Bejahen der Leadership im Klassenzimmer hĂ€ngt zusammen mit einem positiven Bezug zur pĂ€dagogischen AutoritĂ€t. Doch der Begriff ist bei vielen negativ besetzt. Auch hier wĂ€re in der Ausbildung ein Paradigmenwechsel notwendig. Die GrĂŒnde sind einsichtig; die Ăbergriffe auf Lehrpersonen zeigen es.
Die Zeichen der Zeit stehen auf Lockerung. Verbindlichkeiten lösen sich auf, Ich-AnsprĂŒche dominieren, RĂŒcksichtnahme schwindet. Die alte Maxime des Philosophen Immanuel Kant, dass der junge Mensch diszipliniert werden mĂŒsse, wenn er kultiviert werden wolle, hat ihren Anspruch verloren. Aus verstĂ€ndlichen GrĂŒnden. Und doch muss man wieder wagen, von pĂ€dagogischer AutoritĂ€t zu sprechen.[5]
Respekt ist an personale AutoritÀt gebunden
Nicht umsonst sagt Roland Amstutz vom Verband Bildung Bern: âEin SchĂŒler erlaubt sich mehr, wenn [eine Lehrperson] nur ĂŒber wenig AutoritĂ€t verfĂŒgt.â[6] Respekt ist an personale AutoritĂ€t gebunden. Respekt fehlt nicht einfach, wie die Experten pauschal behaupten. Er wird zugeschrieben und braucht darum ein vitales Vis-Ă -Vis: eine Lehrperson mit positiver AutoritĂ€t, die schĂŒlerzentriert steuert und ĂŒber ein verbindliches Commitment das Verhalten im Klassenzimmer regelt. John Hattie erkennt darin im Ăbrigen einen hohen Effektwert.[7]
Personale AutoritÀt als AnerkennungsverhÀltnis
Doch AutoritĂ€ten haben es heute schwer. Das Wort wird in Korrelation zu âautoritĂ€râ gesetzt. Und wer will schon autoritĂ€r sein? Es geht aber nicht um jene âautoritĂ€ren Personenâ, wie sie der Philosoph Theodor W. Adorno um 1950 analysiert hat und wie sie Siegfried Lenz in seiner âDeutschstundeâ am Beispiel des Dorfpolizisten Jens Ole Jepsen schildert. AutoritĂ€r war die alte, rigide Paukerschule mit Figuren wie in Heinrich Manns Roman âProfessor Unratâ oder in Frank Wedekinds Drama âFrĂŒhlings Erwachenâ. Das war AutoritĂ€t als Position; sie setzte auf Hierarchie und machte die Kinder ohnmĂ€chtig. Personale AutoritĂ€t dagegen ist ein BeziehungsverhĂ€ltnis.
Die empirische Forschung zeigt es: Zentral fĂŒr eine gute Schule sind die Lehrpersonen und ihr Unterricht: Lehrerinnen und Lehrer mit einer spĂŒrbaren Beziehung zu ihren Kindern. Da gibt es weder Anbiederung noch Laissez-faire oder fraternisierende NĂ€he. Anstand braucht auch gesunden Abstand. Das wissen begabte PĂ€dagogen. Sie fĂŒhren straff-locker und strahlen dabei eine charmante und natĂŒrliche AutoritĂ€t aus.[8] Sie kennen auch den Mut zum Nein. Solchen AutoritĂ€ten gegenĂŒber empfindet man Respekt. Er bildet sich durch Zuschreibung personaler und sozial-humaner Werte. Eine Respektperson ĂŒberzieht man nicht mit einem Shitstorm.
Die AutoritÀtsfrage wird wieder wichtig
Schule muss die Kraft zum Gegenhalten aufbringen â auch gegenĂŒber abnehmenden SelbstverstĂ€ndlichkeiten wie Respekt. Respektbasiertes FĂŒhren lĂ€sst sich lernen. Darum darf die Ausbildung bestimmte Themen nicht tabuisieren. Dazu gehören Fragen der AutoritĂ€t und des FĂŒhrens.
Wer mit achtsamer und positiver AutoritĂ€t zu fĂŒhren gelernt hat, wird in der Dynamik eines pulsierenden Klassenverbandes bestehen. Das ist in der Manege des Unterrichtszimmers zwar keine Garantie gegen renitentes SchĂŒlerverhalten, aber eine wichtige PrĂ€vention â im Wissen: Kinder suchen einen HĂ€uptling. In der amerikanischen PĂ€dagogischen Psychologie heisst es ganz pragmatisch: âTeachers are leaders of learning and learners.â[9] Diese Botschaft bleibt aktuell.
[1] D. KrĂ€henbĂŒhl, S. Walder, Aggro-SchĂŒler gehen auf Lehrer los, in: 20 Minuten, 8.5.2018.
[2] Joachim Bauer (2007), Lob der Schule. Sieben Perspektiven fĂŒr SchĂŒler, Lehrer und Eltern. Hamburg: Hoffmann und Campe, S. 9.
[3] Katharina Bracher, Den Schulen laufen die Lehrer davon, in: NZZaS, 6.4.2014, S. 1, 10.
[4] Bauer, a.a.O., S. 55.
[5] Roland Reichenbach (2011), PÀdagogische AutoritÀt. Macht und Vertrauen in der Erziehung. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer, S. 162ff.
[6] D. KrĂ€henbĂŒhl, S. Walder, a.a.O.
[7] John Hattie (2009), Visible Learning. London, New York: Routledge, S. 102. Der Effektwert von ârules and proceduresâ betrĂ€gt d=0.76. Der âerwĂŒnschte Effektâ liegt bei 0.4.
[8] Michael Rutter et al. (1980), FĂŒnfzehntausend Stunden. Schulen und ihre Wirkung auf die Kinder. Weinheim: Beltz Verlag.
[9] Andreas Helmke (2015). UnterrichtsqualitÀt und LehrerprofessionalitÀt. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts. Seelze-Velber: Klett Kallmeyer, S. 175.
Politik | Journal21
Quelle
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Lmaaao bb Frank and his fivehead serving Marlene Dietrich realness.
(Episode #4592, 23Â October 2014)
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Franks Mutter findet den Beruf ihres Sohnes eher ungeil ...
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1: I just have the feeling
2: I did everything wrong as a mother.
3: Why is that happening again?
4: Well, you're a cop ...
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